1. Startseite
Logo

Ludwigsburger Busunternehmen fordert: „Wir brauchen weiteren Rettungsschirm“

Homeoffice und viele Einschränkungen im Alltag durch die Pandemie haben für einen massiven Rückgang des Fahrgastaufkommens gesorgt. Der ÖPNV-Rettungsschirm hat zwar einen Teil der Ausfälle für die LVL abdecken können. Doch der seit 1. Januar 2020 gel
Homeoffice und viele Einschränkungen im Alltag durch die Pandemie haben für einen massiven Rückgang des Fahrgastaufkommens gesorgt. Der ÖPNV-Rettungsschirm hat zwar einen Teil der Ausfälle für die LVL abdecken können. Doch der seit 1. Januar 2020 geltende neue Fahrplan wird laut LVL-Geschäftsführerin im Rettungsschirm nicht berücksichtigt. Foto: Holm Wolschendorf
Angesichts anhaltender Coronabeschränkungen sind immer noch deutlich weniger Menschen in Bus und Bahn unterwegs. Keine einfache Zeit für Busunternehmen – das bekommen die Ludwigsburger Verkehrslinien (LVL) deutlich zu spüren. Während die Homeoffice-Pflicht gilt, macht sich LVL-Geschäftsführerin Carry Buchholz auch darüber Gedanken, wie der Wandel der Arbeitswelt sich über Corona hinaus auf den Busverkehr auswirken wird.

Ludwigsburg. „Wir bleiben zu Hause“, das Motto, mit dem zu Beginn der Pandemie in den sozialen Netzwerken dafür geworben wurde, Kontakte zu beschränken, ist so was wie der Alptraum eines jeden Verkehrsunternehmens. Das Ludwigsburger Traditionsunternehmen LVL, das seit 1926 besteht, hat Mobilität als Geschäftsgrundlage. Doch mit dem Beginn der Pandemie brachen die Fahrgastzahlen ein.

Im ersten Coronajahr 2020 lag das Fahrgastaufkommen bei 60 Prozent im Vergleich zum Nicht-Corona-Jahr 2019. Im zweiten Coronajahr 2021 konnten die Nutzerzahlen trotz fortlaufender Pandemie zwar wieder gesteigert werden. Trotzdem kann im gesamten Verkehrsverbund nur 80 Prozent vom Ergebnis aus 2019 erreicht werden. Die Zahlen im gesamten Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) seien vergleichbar mit dem Ergebnis, das die LVL erzielen konnten, berichtet LVL-Geschäftsführerin Carry Buchholz im Gespräch mit unserer Zeitung. „Beim Stadtticket konnten wir im vergangenen Jahr 78 Prozent des Ergebnisses aus 2019 erreichen“, sagt sie.

Geholfen hat dem Unternehmen der ÖPNV-Rettungsschirm des Landes. Doch unter diesem Rettungsschirm kann sich die LVL-Geschäftsführerin keineswegs entspannt zurücklehnen. Denn: Die Zahlungen legen immer das Vor-Corona-Jahr 2019 zugrunde. Aber vom 1. Januar 2020 an waren die LVL mit einem eigenwirtschaftlichen Angebot auf Ludwigsburgs Straßen unterwegs, hatten die Ausschreibung gegen den Mitbewerber gewonnen – mit einer Million Buskilometer im Jahr mehr für die Stadt. „Das ist der kritische Punkt“, sagt Carry Buchholz, die seit 2016 an der Spitze des Unternehmens steht. „Das eigenwirtschaftliche Angebot war an sich schon ein Wagnis, das wir eingegangen sind. In Corona wird es zur großen Herausforderung.“

Die Fahrplanverbesserung wird vom Rettungsschirm nicht abgedeckt und muss doch von den LVL-Bussen bedient werden – ob nun während der Pandemie ein Bedarf besteht oder nicht. So verkehren Busse im Fünf-Minuten-Takt in Richtung W&W, während ein bedeutender Teil der Arbeitnehmer im Homeoffice sitzt. Am Westportal fährt von 7.50 bis 20.50 Uhr der Weststadtexpress ins Gewerbegebiet – ungeachtet der Homeoffice-Pflicht. „Das Angebot war politisch gewünscht und ist für uns in der Pandemie ein Kostentreiber“, so Buchholz. Den Fahrplan dem Bedarf anpassen dürfen die LVL nicht und man muss in der Coronakrise zu anderen Mitteln greifen. „Wir haben immer übertariflich gezahlt“, so Buchholz. In der Krise habe es in enger Abstimmung mit Gewerkschaft und Betriebsrat Anpassungen gegeben. Aber, und das ist ihr wichtig: „Entlassungen gab es deswegen keine.“ Wie kann das Verkehrsunternehmen durch die Coronakrise kommen? „Wir versuchen, uns selbst zu helfen, zusammen mit dem VVS“, sagt sie. Vergünstigungen bei Abo-Aktionen sollen beispielsweise helfen, Kunden zurückzugewinnen. „Meine Devise lautet jetzt: vorsichtig optimistisch“, so Buchholz, doch es habe in der Pandemie Zeiten gegeben, in denen sie nicht ruhig schlafen konnte. Eines sei nicht nur für sie, sondern auch für ihre Branchenkollegen klar: „Wir brauchen einen weiteren Rettungsschirm.“ Auch im Jahr 2023 werde der Hilfsbedarf der Branche nicht beendet sein, denn auch dann „werden wir nicht die Einnahmen haben, die wir 2023 geplant haben“.

Derweil beschleunigt die Pandemie die Veränderungen der Arbeitswelt. Unternehmen und Arbeitnehmer entdecken die Vorzüge von Arbeit im Homeoffice für sich. Diese Trends werden sich wohl auch auf den Verkehr auswirken. Carry Buchholz sieht weitere Herausforderungen auf das Traditionsunternehmen zukommen.