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Mitfahrgelegenheit auf digitalen Zuruf?

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Wenn es gut läuft, wird die Stadt Gerlingen eine Vorreiterin für Digitalisierung: Sie ist eine von 50 Kommunen, die das Land auf ihrem Weg ins digitale Zeitalter unterstützen will. „Daran geknüpft sind natürlich gewisse Erwartungen“, sagt Bürgermeister Georg Brenner.

Gerlingen. Der Strategiemanager und Digitalisierungsexperte Uli Sailer soll der Stadt Gerlingen bis Sommer 2019 helfen, dass vorzeigbare Ansätze auf den Tisch kommen. Die Schwerpunkte sind bereits definiert, wie es am Mittwochabend im Ausschuss für Verwaltung und Finanzen hieß: die Entwicklungen von ÖPNV- und Mitfahrgelegenheiten. Eine Überlegung ist, die Mobilität älterer Menschen zu verbessern. Sie könnten einmal auf Zuruf – etwa über eine App – Fahrgelegenheiten in Anspruch nehmen, die zum Teil schon da sind (Sozialdienst, Mitfahrzentrale), aber noch nicht entsprechend digitalisiert.

Sailer erstellt als beauftragter „Kümmerer“, gemeinsam mit Iteos, die digitale Strategie und soll zudem die Einwohnerschaft motivieren. 35 000 Euro hat das Land für den Einstieg bereitgestellt. „Digitalisierung fängt im ganz Kleinen an“, sagte der Strategiemanager im Ausschuss.

Viele Kommunen überlegten, eine „Mitfahrbank“ (wie in Baden-Baden) aufzustellen. 60 solcher Mitfahrbank-Systeme hätten sie ermittelt und schon einige der Betreiber interviewt, berichtete Sailer. Aber: Der Betrieb laufe nicht gut, weil das Marketing nicht stimme.

Ein nützliches Feature für mehr Akzeptanz könnte ein Online-System wie „Troodle“ sein, ein Start-up, das von der IHK Reutlingen betreut werde. „Die Idee ist, dass die Leute gerne jemanden mitnehmen.“ Voraussetzung sei, dass man sich kenne. Das System biete viele – noch nicht ganz ausgereifte – Möglichkeiten, man könne auch sehen, wenn sich ein Taxi nähere. Man müsse einen Projektpartner aus der Wirtschaft finden und Akzeptanz in der Bevölkerung schaffen – Bedarfe auf der Schillerhöhe seien jedenfalls vorhanden.

Mit Reutlingen zusammen könne man in ein Pilotprojekt einsteigen, um ein Onlinebuchungssystem zu bekommen. Das Ganze funktioniere auch ohne Smartphone, zum Beispiel über den Hausnotruf. „Wenn wir das so machen, dann können wir eine Sozialbuslinie einführen. Die fährt dann vom Griesinger-Haus, über Breitwiesen, über die City zum Krankenhaus.“ Es seien jetzt nur Überlegungen, „aber da werden wir mal gucken, was sich im nächsten halben Jahr entwickelt“.

Sailer schweben weitere Digitalisierungsprojekte vor. Für die Gerlinger Vereine habe er zwecks datenschutzkonformen Austauschs eine „Wolke 839“ geschaffen. Auch in Sachen Ehrenamt auf Abruf sind Ideen in der Pipeline.

„Bürgerengagement 4.0“ bedeutet, dass die Bürger abgeholt werden. Das Vorhaben Zukunftskommune solle in jedem Fall unter dem Dach des Stadtentwicklungskonzepts laufen, waren sich im Ausschuss am Mittwochabend alle einig.

Gunther Stirner-Sinn (CDU) bekannte, er fühle sich „etwas erschlagen“. Es sei wichtig, Gerlingen wachzurütteln, die Entwicklung stimme ihn aber auch nachdenklich. Gabriele Badenhausen äußerte Sorge ob der Komplexität. Sie will Sailer als zuverlässigen Beauftragten sicher im Boot wissen. Ulrike Stegmaier (Grüne) betonte, sie wolle nicht kritisieren, doch anregen, den Einstieg als Ansporn zu nehmen, damit Gerlingen den Anschluss nicht verpasse. Georg Brenner zeigte sich irritiert über ihre Einlassung; Gerlingen sei im Wettbewerb ausgewählt worden, „nicht weil wir hinterhermarschieren, sondern weil wir vorausmarschieren“.

Volle Zustimmung zum Vorhaben äußerte Gerhard Amos (Freie Wähler). Ihm gefiel besonders die Bürgerbus-Vision. „Oder die Bürgerrikscha über App.“ Sein Fraktionskollege Martin Maisch war da skeptischer, für ihn sei das „Troodle“-Konzept doch sehr ähnlich wie das frühere Trampen, zudem werde der Mensch immer gläserner. Robin Kruck (Junge Gerlinger) hob auf den Wettbewerbsvorteil und den Standortfaktor ab, den man nicht verlieren dürfe. Digitalisierung sieht er auch als Chance, dass Jung und Alt zusammenkommen.