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Mörtelspritzen gegen den Verfall

Sicherungsarbeiten an den Kranfundamenten des Rüstungsprojekts „Stoffel“ des Dritten Reichs in Vaihingen. Restauratoren schließen die Risse und Löcher im Beton. Fotos: Albert Arning
Sicherungsarbeiten an den Kranfundamenten des Rüstungsprojekts „Stoffel“ des Dritten Reichs in Vaihingen. Restauratoren schließen die Risse und Löcher im Beton. Foto: Albert Arning
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Am Vaihinger Radweg beim Kleintierzüchterheim werden Fundamente aus der NS-Zeit von Restauratoren konserviert

Vaihingen. Die Fundamente können sich gegen die „Impfung“ nicht wehren. Mit einer Spritze injiziert Restauratorin Leonie Dengler Flüssigmörtel in die Löcher des Betons der ehemaligen Krananlage für das Rüstungsprojekt „Stoffel“ am Vaihinger Radweg auf der ehemaligen Nebenbahntrasse. Die beiden jeweils acht Meter langen Klötze stehen unter Denkmalschutz und sollen vor dem Verfall gesichert werden. Sie sind im Frühjahr 1944 entstanden.

Jan Rademaker und seine Kollegin vom Unternehmen AeDis AG (Planung, Restaurierung und Denkmalpflege) in Eberbach haben im Auftrag der Stadt Vaihingen den Zustand der Fundamente dokumentiert und sind jetzt dabei, die Löcher und Risse im Beton zu schließen. „Schutz von oben ist wichtig“, sagt Rademaker, „es darf nicht zu viel Wasser in den Beton eindringen.“

Moritz Gollsch vom Tiefbauamt ist bei der Stadt Vaihingen für die Arbeiten zuständig. Er verweist auf die denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Man versuche, die Fundamente zu konservieren. Nein, verputzt sollen sie natürlich nicht werden, der Aufbau müsse sichtbar bleiben. Man lasse die Risse schließen. Rund 14000 Euro kostet laut Gollsch die Aktion. Und: Es wird auch noch eine Infotafel angebracht, ähnlich wie die am wenige hundert Meter entfernten Ausstiegspunkt zum KZ.

Das ist, kurz erklärt, die Geschichte der Kranfundamente (aus einer Zusammenfassung „Die KZ-Gedenkstätte Vaihingen an der Enz von Dr. Manfred Scheck): In einem aufgegebenen Steinbruch der Firma Baresel sollte einer von sechs „Großbunkern“ entstehen, die von dem 1944 eingerichteten „Jägerstab“ zur Steigerung der Flugzeugproduktion geplant worden waren. Mit der Durchführung der Baumaßnahmen, die die höchste Dringlichkeitsstufe erhielten, wurde die „Organisation Todt“ (OT) beauftragt. Bei der Suche nach geeigneten und sofort verfügbaren Bauplätzen war man in Vaihingen fündig geworden, wohl deshalb, weil das Gelände für Versuche mit dem Katapult eines unbemannten Flugobjekts, der sogenannten „V1“ (Vergeltungswaffe1), bereits militärisch genutzt wurde.

Ein Großteil der benötigten Baumaterialien sowie die meisten der Bauarbeiter, die ab April 1944 nach Vaihingen transportiert wurden, kamen von den aufgegebenen Baustellen am Atlantikwall in Frankreich. Neben Arbeitskräften der „Organisation Todt“ und rund 1500 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern wurden ab Mitte August 1944 auch rund 2200 KZ-Häftlinge eingesetzt (...). Obwohl auf der Baustelle an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr gearbeitet wurde und die Häftlinge dabei einer beispiellosen Arbeitshetze unterlagen, mussten die Verantwortlichen im Herbst erkennen, dass an eine Fertigstellung des Bauwerks angesichts des raschen Vordringens der alliierten Truppen und der zunehmenden Luftangriffe nicht zu denken war. Im Oktober 1944 wurden die Arbeiten eingestellt.