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Nächste Warteschleife für den Berg?

Das Tor bleibt zu! Ein Abzug des Vollzugskrankenhauses vom Hohenasperg ist nicht in Sicht. Fotos: Holm Wolschendorf
Das Tor bleibt zu! Ein Abzug des Vollzugskrankenhauses vom Hohenasperg ist nicht in Sicht. Foto: Holm Wolschendorf
Kein Hinweis zeigt den Weg zum Gefangenenfriedhof.
Kein Hinweis zeigt den Weg zum Gefangenenfriedhof.
Versprochen hatte man den Aspergern das Ende der Strafanstalt auf dem Hohenasperg 1988 für 1992, 2002 sollte dann zumindest das Vollzugskrankenhaus 2006 ausziehen – vor allem, weil die Festung heutigen Ansprüchen an eine Klinik für Strafgefangene längst nicht mehr entspricht. Geschehen ist aber nichts. Statt einer klaren Perspektive droht jetzt sogar neuer Zeitverzug. Ausgerechnet aus Gründen des Denkmalschutzes.

Asperg. „Aktuelle Anforderungen an die Unterbringung und an eine zeitgemäße Pflege“ könnten auf dem Hohenasperg „nicht umgesetzt werden“. So beschreibt das baden-württembergische Finanzministerium in einer mit Justiz- und Wirtschaftsministerium abgestimmten Antwort auf LKZ-Anfrage die seit vielen Jahren bekannte Misere.

Lange stand aber hinter dem Standort einer neuen Vollzugsklinik ein dickes Fragezeichen. Politisch freilich schien diese Frage seit einigen Jahren gelöst: Der Neubau soll in Stammheim entstehen, zunächst auf dem Grundstück eines Zellentrakts, der nun aber doch weiter genutzt wird, seither auf dem Areal des Mehrzweckgebäudes, in dem die großen Terrorprozesse gegen die RAF stattfanden.

Eine Machbarkeitsstudie liegt vor, und seit das neue Hochsicherheitsgebäude für das Oberlandesgericht in Stammheim fertig ist, wird das alte Mehrzweckgebäude auch nicht mehr gebraucht. Die Diktion der Ministerien ist dennoch sehr vorsichtig geworden: Die Möglichkeiten eines Neubaus würden „geprüft“, heißt es aktuell nur noch, der Antrag auf den Abbruch des Mehrzweckgebäudes sei gestellt und „derzeit in Bearbeitung“.

Grund der vorsichtigen Ausdrucksweise: Das Landesamt für Denkmalschutz hat dem Mehrzweckgebäude, in dem gegen Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Andreas Baader verhandelt wurde, schon 2013 wegen seiner Bedeutung als „historischem Ort und politischem Symbol im Sinne einer wehrhaften Demokratie“ Denkmalrang zuerkannt. In einem „vor einiger Zeit abgeschlossenen Petitionsverfahren“ sei zudem festgestellt worden, dass der inzwischen vorliegende Abbruchantrag für das Gebäude „nach den gesetzlichen Bestimmungen behandelt würde“, verkünden die Ministerien im schönsten Behördendeutsch eine blanke Selbstverständlichkeit. Um auf Nachfrage doch noch zu konkretisieren: Die Denkmalschutzbehörde prüfe derzeit, „ob der Abbruch – insbesondere vor dem Hintergrund der gesteigerten Erhaltungspflicht des Staates gegenüber Kulturdenkmalen in seinem Eigentum – möglich ist.“

Ein Kompromiss zwischen Denkmalschutz und Strafvollzug – etwa ein Teilabbruch – ist kaum möglich: Um den geplanten Krankenhaus-Neubau realisieren zu können, müsste das alte Stammheimer Prozessgebäude komplett abgerissen werden, sagt Corinna Bosch, die Amtsleiterin von Vermögen und Bau, der „Immobilienabteilung“ des Landes. Wenn in Stammheim abgebrochen werden könne, „stehen wir in den Startlöchern“.

Sollte es dafür jedoch kein grünes Licht geben, müsste das Land abermals auf Standortsuche für ein neues Vollzugskrankenhaus gehen. Das neue Kulturdenkmal in Stammheim – dortige Adresse: Asperger Straße 49 – würde das alte Kulturdenkmal Hohenasperg, seine Insassen und das Personal in eine weitere Warteschleife schicken. Ein Ende des Strafvollzugs auf dem Berg ist aber ohnehin nicht beabsichtigt: Falls die Häftlingsklinik den Demokratenbuckel eines Tages tatsächlich verlässt, wird dort die Sozialtherapie ausgebaut.