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Neuer Ort für ein Sterben in Würde

Das umgebaute und erweiterte Haus Lindenhain in der Pforzheimer Straße wird im Frühjahr der neue Standort des Hospizes. Fotos: Alfred Drossel
Das umgebaute und erweiterte Haus Lindenhain in der Pforzheimer Straße wird im Frühjahr der neue Standort des Hospizes. Foto: Alfred Drossel
Im künftigen Hospizgebäude können mehr Patienten unterkommen – Einweihung des Um- und Neubaus Anfang Mai geplant

Bietigheim-Bissingen. „Der Sterbende hat bei uns Vorrang. Das gilt bei allen Dingen, die wir tun“, begründet Ute Epple, die Vorsitzende des Trägervereins des Hospizes Bietigheim-Bissingen, warum auch in der Pandemie Besuche bei den sterbenskranken Patienten unter Auflagen immer erlaubt waren. Die Coronaverordnungen sahen hier anders als etwa bei Krankenhäusern oder Pflegeheimen, in denen zeitweise Besucherstopps galten, Ausnahmen vor. Denn den Menschen im Hospiz bleibt nicht mehr viel Zeit mit ihren Angehörigen.

Derzeit befindet sich das Hospiz noch in der Gartenstraße, doch am 1. Mai soll der neue und größere Standort in der Pforzheimer Straße eingeweiht werden. Das dortige Haus Lindenhain, in dem die Evangelische Heimstiftung früher Multiple-Sklerose-Kranke versorgte, wird derzeit umgebaut und erweitert. Anstatt den sieben Einzelzimmern für Patienten am alten Standort stehen künftig zwölf zur Verfügung. Laut Ute Epple rechnet man grundsätzlich mit einem Bedarf von einem Hospizbett pro 45 000 bis 55 000 Einwohner. Die künftige Bettenzahl wird den rund 550 000 Einwohnern im Kreis also wieder gerecht. Das Haus ist hier das einzige seiner Art. Zudem gibt es die Palliativstation im Ludwigsburger Klinikum, den palliativmedizinischen Dienst im Bietigheimer Krankenhaus sowie Möglichkeiten der ambulanten Versorgung Sterbenskranker.

Für die Funktionsfähigkeit des Hospizes sind der Trägerverein und die Stiftung grundsätzlich auf Spenden und den Einsatz von Ehrenamtlichen angewiesen. Zu den dauerhaften Unterstützern gehört seit geraumer Zeit auch der Lions Club Bietigheim-Bissingen. Am Montag hat dessen Präsident Christof Bär erneut eine Spende in Höhe von 3000 Euro übergeben.

Diesen Anlass hat unsere Zeitung genutzt, um sich von Ute Epple den Fortschritt der Bauarbeiten zeigen zu lassen. Nach dem Spatenstich im Herbst 2020 ist das Projekt nun auf der Zielgeraden. Die Kosten für Grunderwerb, Um- und Neubau belaufen sich auf insgesamt sechs Millionen Euro. „Der Brandschutz hat uns ordentlich Geld gekostet“, so Ute Epple. Nur weil wenige Zentimeter gefehlt hätten, habe man ein zusätzliches Treppenhaus einbauen müssen. Während hier noch Kabel aus der Decke hängen und dort gerade der Estrich aufgetragen wird, gibt es in einem Zimmer im Obergeschoss schon ein fertiges Bad. Die Holzdecken wurden mit weißer Farbe überstrichen und wirken nun heller und freundlicher.

„Wir haben erhalten, was zu erhalten war“, sagt Ute Epple und zeigt auf einen deckenhohen Schrank. Auch den Lifter, mit dem man im Pflegebad Patienten bewegen kann, hatten sie bereits vorgefunden. Der Innenhof ist derzeit kahl, doch das soll nicht so bleiben. Die Sorte des dort zu pflanzenden Baums steht schon fest – ein für seine farbenprächtigen Blätter bekannter Amber. „Wir wollen, dass die Jahreszeiten für unsere Patienten erlebbar werden“, so Ute Epple.

Besonders freut die Trägervereinsvorsitzende, dass sie künftig ein Gästezimmer für Familienangehörige anbieten können. „Man denkt beim Sterben immer an alte Menschen, aber es sind auch immer wieder relativ junge dabei“, erklärt sie den Bedarf. So könne etwa mal der Partner mit den Kindern übernachten. Das durchschnittliche Alter der Patienten liege aber bei 62 Jahren. „Der überwiegende Teil hat Krebs“, so Ute Epple weiter. Doch auch auf die Nervenerkrankung Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) seien sie spezialisiert. Die Sterbenskranken stammen indes nicht alle aus dem Kreis Ludwigsburg. Ein Grund für die Aufnahme in dieses Hospiz kann auch sein, dass Angehörige in der Nähe wohnen. Einmal hatten sie daher sogar eine Patientin aus Schleswig-Holstein.

„Das Hospiz wird wie ein großer Haushalt geführt“, sagt Ute Epple in dem Raum, in den demnächst das Wohnzimmer kommt. Auch gegessen werden soll gemeinsam. Als Kontrast dazu gibt es den Raum der Stille mit Blick auf die Altstadt, in den sich Patienten, aber auch Angehörige bei Bedarf zurückziehen können.

Die Verwaltung des Hospizes, bisher in der Diakoniestation untergebracht, zieht ebenfalls ins neue Gebäude. Auch die Kurse für Ehrenamtliche und Veranstaltungen der Öffentlichkeitsarbeit können künftig im eigenen Haus stattfinden.