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Nur sehr wenige Quarantäne-Verweigerer

Seit Ende Januar wurden hier 18 Quarantäne-Verweigerer untergebracht, aktuell ist einer dort. Archivfoto: Alfred Drossel
Seit Ende Januar wurden hier 18 Quarantäne-Verweigerer untergebracht, aktuell ist einer dort. Foto: Alfred Drossel
21 Menschen sind bislang zwangsweise in zwei Kliniken im Land untergebracht worden, weil sie es nicht einsahen, nach zumeist positiven Coronatests zu Hause zu bleiben.

Gerlingen/Heidelberg. Die Aufregung war groß, als Pläne der Landesregierung publik wurden, Quarantäne-Verweigerer zwangsweise unterzubringen. „Die Bürger haben einen Anspruch darauf, dass wir sie effektiv vor bekannten und vermeidbaren Gefahren für ihr Leben und ihre Gesundheit schützen“, hatte Innenminister Thomas Strobl (CDU) von Sozial- und Gesundheitsminister Manfred Lucha sowie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) gefordert – denn auch innerhalb der Koalition war diese Maßnahme umstritten, lange wurde darüber diskutiert, die Furcht war auch da, dass Kritiker der Maßnahmen nur deshalb schnell mal eingesperrt werden. Doch nun zeigt sich: Es gab bislang nur sehr wenige Fälle, geht aus einer Abfrage der Deutschen Presse-Agentur hervor. Und auch die größten Städte im Kreis Ludwigsburg hatten kaum mit Quarantäne-Verweigerern zu tun.

Bislang sind landesweit nur 21 Personen in den beiden Kliniken untergebracht gewesen: Drei im Universitätsklinikum in Heidelberg – hier wäre gar Kapazität für bis zu fünf Personen gleichzeitig gewesen – und 18 in der Klinik Schillerhöhe des Robert-Bosch-Krankenhauses. Erst diese Woche gab es in Gerlingen wieder einen Neuzugang, berichtet Prof. Dr. Mark Dominik Alscher, Medizinischer Geschäftsführer des RBK. In Spitzenzeiten, während der dritten Coronawelle im Mai, waren alle vier dafür vorgesehenen Plätze belegt, so das Sozialministerium auf LKZ-Nachfrage.

Auch medizinische Behandlung

Wohin jemand kommt, ist nicht nur von geografischen Gegebenheiten abhängig. Denn die Lungenfachklinik Schillerhöhe bietet auch die Möglichkeit zur stationären Aufnahme und damit einer medizinischen Behandlung. Und die war laut Alscher in der Regel auch nötig – wenngleich nicht nur wegen Covid-19, sondern ebenso als Krisenintervention.

Denn die Eingewiesenen waren häufig psychisch krank – aber nicht so, dass gleich die zwangsweise Unterbringung in der Psychiatrie anstand, die auf anderer gesetzlicher Grundlage basiert –, auch mal dement, und die Behörden sahen für sie keine anderen Möglichkeiten. Zumal oft Menschen darunter waren, die sozial schlecht oder gar nicht integriert gewesen seien, alleinstehend, ohne Familie, obdachlos oder geflüchtet und mit Problemen, sich einsperren zu lassen, so Alscher. „Sozial auffällig waren viele und schon schwierige Persönlichkeiten darunter.“

Etwa jener Patient, der mit der Faust das Türblatt durchschlug, so dass das Zimmer für vier Tage gesperrt und auf Heidelberg verwiesen werden musste. Nicht nur einmal musste wegen solcher Vorkommnisse die Polizei anrücken, denn der eigens engagierte Wachdienst habe auch nicht jedes Mittel zur Durchsetzung der Quarantäne anwenden können.

Trotz aller Widrigkeiten: Die Konzeption der Politik, die Verweigerer in Kliniken unterzubringen und nicht im Gefängnis, wie mal angedacht, sei richtig gewesen – zumal es durchaus Erfahrungen mit Quarantäne-Verweigerern, etwa bei Tuberkulose, hat.

Beantragt werden muss die Einweisung von den kommunalen Behörden – die eigentlich grundsätzlich selbst geeignete Räume und Einrichtungen sowie das erforderliche Personal für Absonderungsmaßnahmen außerhalb der Wohnung zur Verfügung stellen sollten, so das Ministerium. „Vielfach ist dies auch gängige Praxis“, heißt es – zumindest im Kreis Ludwigsburg aber nicht. Denn eine Abfrage bei den sechs Großen Kreisstädten ergibt, dass es nur vereinzelt überhaupt Probleme gab, die aber zum Beispiel das Vaihinger Ordnungsamt „geahndet und mit deutlichen Ansprachen in den Griff bekommen“ habe. Und auch beim Landratsamt weiß man nur von einem einzigen Fall im Kreis. Ob man die Person aber zwangsweise unterbringen musste, sei nicht bekannt.

Die Einweisung muss immer von einem Gericht angeordnet werden. Geprüft wird dabei, ob der Betroffene weiter der Quarantäne-Aufforderung nicht nachkommen wird. Relevant dafür ist vor allem sein bisheriges Verhalten, „insbesondere seine gegenüber der zuständigen Behörde getätigten Aussagen und seine Kooperationsbereitschaft“, so das Ministerium. Im Durchschnitt waren die Eingewiesenen zehn Tage in den Kliniken, heraus kamen sie auch nur nach entsprechendem negativen Test.