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Patrick Zieker lebt seinen EM-Traum

Mit geballter Faust in die EM-Hauptrunde: Patrick Zieker. Foto: Baumann
Mit geballter Faust in die EM-Hauptrunde: Patrick Zieker. Foto: Baumann
Aus Norwegen nach Österreich – und dann weiter nach Schweden? Gegen diese Reiseroute hätte Patrick Zieker (26) wohl nichts einzuwenden. Der gebürtige Ludwigsburger nimmt mit der deutschen Nationalmannschaft aktuell an der Handball-Europameisterschaft teil, die in den drei Ländern ausgetragen wird.

Trondheim/Wien. Nach zwei Siegen in der Vorrunde reiste die Mannschaft von Bundestrainer Christian Prokop am Dienstag nach Wien. Dort wird ab heute die Hauptrunde ausgetragen – und Zieker ist mit Deutschland mittendrin.

„Ich bin einfach happy“, zeigte sich Zieker nach dem entscheidenden Vorrundenspiel am Montagabend erleichtert. Gegen Außenseiter Lettland musste das deutsche Team lange zittern; gewann am Ende nur hauchdünn mit einem Tor (28:27). „Wir haben uns nicht mit Ruhm bekleckert, aber am Ende zählt, dass wir weiter sind“, betonte der Linksaußen.

Gegen Lettland stand das Prokop-Team unter enormen Druck – ein Sieg musste her, sonst drohte das Aus. „Diese Anspannung und Verkrampfung hat man über weite Strecken gemerkt“, analysierte Zieker. Zwar waren die Deutschen mit einem deutlichen Sieg gegen die Niederlande in die EM gestartet, im zweiten Vorrundenspiel gegen Titelverteidiger Spanien kassierte man jedoch eine bittere 26:33-Pleite. „Wir verlieren völlig verdient in der Höhe“, hielt der 26-Jährige fest. „Uns ist wenig gelungen.“ Mit dem Zittersieg gegen Lettland rettete sich das ersatzgeschwächte Team – es fehlen sieben Rückraumspieler – jedoch in die nächste Runde.

Jugendjahre in Bietigheim

Die zwei Minuspunkte gegen Gruppensieger Spanien nehmen Zieker und Co. allerdings mit in die Hauptrunde. In Wien warten ab heute Weißrussland, Kroatien (18. Januar), Gastgeber Österreich (20. Januar) sowie Tschechien (22. Januar) auf die deutsche Auswahl. Vor der Europameisterschaft hatte sich die Auswahl von Prokop das Halbfinale in Stockholm als Ziel gesetzt – dafür müsste man in der Sechsergruppe einen der ersten beiden Plätze belegen.

So weit will der Ludwigsburger jedoch nicht vorausblicken. „Wir fahren gut damit, wenn wir von Spiel zu Spiel gucken“, mahnt Zieker. „Es gibt bei dieser EM keine Gegner, die man im Vorbeilaufen schlägt.“

Dass Zieker überhaupt bei der Europameisterschaft dabei sein darf, ist die Erfüllung eines langgehegten Traumes. Bei der HG Steinheim-Kleinbottwar begann er mit dem Handball, 2008 folgte der Wechsel zur Jugend des heutigen Zweitligisten SG BBM Bietigheim. Drei Jahre später wurde der Linksaußen Junioren-Weltmeister, doch die Karriere im Nationaltrikot stockte. Sieben Jahre lang lief Zieker in der 1. Bundesliga für den TBV Lemgo auf, in der A-Nationalmannschaft spielte er jedoch keine Rolle.

Erst mit seinem Wechsel zurück in die Heimat – Zieker spielt seit Sommer 2019 für den TVB Stuttgart – rückte er ins Blickfeld von Bundestrainer Prokop. Dieser schenkt dem Ludwigsburger nun sein Vertrauen und gab ihm den Vorzug vor dem letztjährigen Bundesliga-Torschützenkönig Matthias Musche (SC Magdeburg).

„Es ist eine Bestätigung, dass man nie aufgegeben hat“, freut sich der 26-Jährige über die Nominierung, um sich zugleich bei seinem Klub zu bedanken: „Ich fühle mich in Stuttgart unfassbar wohl. Ich bekomme viel Vertrauen und Spielzeit.“

In der Nationalmannschaft bildet Zieker auf Linksaußen ein Duo mit Mannschaftskapitän Uwe Gensheimer (33). „Ich versuche, Uwe zu unterstützen, wo es nur geht“, betont er. „Ich kann viel von ihm lernen, er hat eine unfassbare Erfahrung.“ Auch, wenn für den Teamplayer Zieker der Mannschaftserfolg im Vordergrund steht, „freue ich mich natürlich über jede Minute, die ich spielen kann“.

Da sein, wenn er gebraucht wird: Das ist der Anspruch, den Zieker an sich hat. In Trondheim gelang das. Im Auftaktspiel gegen die Niederlande kassierte Gensheimer eine rote Karte, Zieker kam so unvermittelt zu seinem EM-Debüt. In den folgenden 45 Minuten überzeugte er mit zwei Toren bei zwei Versuchen; auch in der Defensive stand er sicher. „Patrick hat seine Aufgabe sehr gut gemacht“, lobte der deutsche Abwehrchef Patrick Wiencek anschließend.

Nun geht das EM-Abenteuer für Zieker in Wien weiter. Für die Leistungen gegen Spanien und Lettland musste das deutsche Team viel Kritik einstecken. Die Defensive sei instabil, der Angriff ohne Konzept, es mangele an Emotion. „Sicherlich können wir in allen Bereichen etwas verbessern“, weiß auch Zieker. Die Stimmung innerhalb der Mannschaft sei gut; der Linksaußen lobt explizit den Teamspirit. Die Vorrunde habe man abgehakt, der Blick geht nach vorne. Zieker: „Wir sind heiß drauf und freuen uns auf das, was vor uns liegt.“ Sollte das am Ende sogar die Finalrunde in Stockholm sein, wäre es das nächste Kapitel im EM-Traum von Patrick Zieker.