1. Startseite
Logo

Protestzug im Bottwartal für einen Himmel des Friedens

Mit Plakaten und Fahnen bringen die Demonstranten ihren Wunsch nach Frieden in der Ukraine zum Ausdruck. Fotos: Christiana Kunz
Mit Plakaten und Fahnen bringen die Demonstranten ihren Wunsch nach Frieden in der Ukraine zum Ausdruck. Foto: Christiana Kunz
350_0900_40170__DSC2753.jpg
Es war ein Protestzug in Gelb und Blau, der am Sonntag im Bottwartal unterwegs war. Etwa 50 Menschen machten sich in Steinheim auf den Weg, etwa ebenso viele in Oberstenfeld. Ihr gemeinsames Ziel: die Harzberghalle in Großbottwar und Frieden für die Ukraine.

Großbottwar/Steinheim/ Oberstenfeld. Zeitgleich treffen die Gruppen vor der Harzberghalle ein und stoßen auf dem riesigen Vorplatz zu den Großbottwarer Teilnehmern der Demonstration. Am Ende nehmen fast 200 Personen jeden Alters an der Abschlusskundgebung teil. Regenbogenfahnen und ukrainische Fahnen wehen im Frühlingswind. Einige Demonstranten tragen gelbe und blaue Kleidung, zu sehen ist auch ein Fahrradhelm mit neongelbem Überzug. Plakate mit Friedenstauben werden in die Luft gehalten, auf einem anderen ist ein Textauszug von „Brüder“ der Bietigheimer Band Pur zitiert: „Stell dir vor, dass Brüder endlich Brüder sind. Spürst du, dass wir damit nicht alleine sind?“ Miriam Lutz singt, begleitet von Julian Staudenmaier, „Imagine“ von John Lennon.

Trotz der Wut über die russische Aggression überwiegt die Hoffnung, dass es im Krieg mitten in Europa, direkt vor der Haustür, doch noch eine Lösung geben kann und dass die Gewalt in absehbarer Zeit enden wird. Doch wie? Darauf hat aktuell niemand eine Antwort. „Es muss einen Kompromiss geben, wahrscheinlich läuft es auf eine Neutralität der Ukraine hinaus“, meint ein Teilnehmer.

„Ich habe Angst um mich, meine Kinder und Enkel“, sagt eine Frau. Auch wenn Putin unberechenbar sei und ihr niemand in den Sinn komme, der den Diktator stoppen könnte, habe sie Hoffnung auf ein Ende des Konflikts. Sie wolle sich engagieren, auch weil es ihr guttue und es beruhige, Gleichgesinnte um sich zu haben.

Appell: Andere Krisenherde nicht vergessen

Ein Ehepaar aus Steinheim bekam die kontrollierte Sprengung des Blindgängers am Freitagabend in Großbottwar mit. Sie hörten den gewaltigen Knall und spürten, wie die Wohnung bebte, als die Bombe detonierte. Beide sind erschüttert: „Unvorstellbar, was die Menschen in der Ukraine gerade Tag und Nacht aushalten müssen. Diese Ungewissheit, diese Angst.“ Für die 15-jährige Leana ist es wichtig, ein Zeichen für den Frieden zu setzen und zu demonstrieren, wie stark eine kraftvolle, friedliche Gemeinschaft sein kann.

„Ein sofortiges Ende des Krieges“, fordert Oliver Hartstang vom Aktionsbündnis „Bottwartal zeigt Gesicht“, das zu diesem Spaziergang für den Frieden aufgerufen hatte. Thomas Stigler meinte in Vertretung von Bürgermeister Ralf Zimmermann, Frieden müsse auch im Kleinen vorgelebt und geschaffen werden. Trotz der großen Betroffenheit über die Eskalation der Gewalt in der Ukraine, dürften aber auch die vielen anderen Krisenherde der Welt nicht in Vergessenheit geraten. Auch dort werde getötet, verwundet, zerstört, geplündert, würden Millionen Menschen in die Flucht aus ihrer Heimat getrieben.

Zoriana Piniak kam vor neun Jahren aus der Ukraine nach Deutschland. Sie hält Kontakt zu ihrer Heimstadt in der Nähe von Odessa und erzählt, wie die Menschen in den Kellern Sicherheit suchen, wenn die Sirenen heulen. „Nichts rechtfertigt diesen Überfall“, ruft sie in die Menge und: „Es gibt keine Entschuldigung für die, die diesen Krieg unterstützen oder gutheißen.“ Die Wahrheit und die ganze Welt seien auf der Seite der Ukraine. Das Böse dürfe nicht gewinnen. „Wir wünschen uns doch überall nur einen Himmel des Friedens über unseren Köpfen“, flehte sie.

Pfarrer Friedemann Kuttler: Bilder brennen sich tief ein

Für die Kirchen ergriff Pfarrer Friedemann Kuttler das Wort. „Ich kann nicht verstehen, wie die Aggressoren im Kreml dazu in der Lage sind, selbst vor Krankenhäusern und anderen Schutzorten, nicht halt zu machen.“ Die Bilder dieses Krieges hätten sich tief in ihm eingebrannt. „Ich bin traurig, wütend, fühle mich hilflos und bin einfach nur geschockt“, drückte er die Gefühle vieler aus. Er habe einige Menschen gesprochen, bei denen die Gräuel in der Ukraine böse Erinnerungen weckten. „Frieden darf kein Zufallsprodukt der Geschichte sein“, mahnte Kuttler. Und der beginne am Gartenzaun mit dem Nachbarn, rief er außerdem auf zur Hilfsbereitschaft gegenüber den Menschen, die noch in der Ukraine sind und denen, die gerade in Deutschland ankommen. „Der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen“, betete er mit den Worten des Apostels Paulus zu Gott, den Mächtigen die nötige Einsicht und Weisheit zu schenken.