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S-Bahn soll an W&W vorbeirauschen

Wüstenrot-Baustelle in Kornwestheim: Für mehr als 400 Millionen Euro baut der Finanzdienstleister hier einen neuen Campus. Ein Bahnanschluss für die knapp 5000 Angestellten scheint aber in immer weitere Ferne zu rücken. Foto: Holm Wolschendorf
Wüstenrot-Baustelle in Kornwestheim: Für mehr als 400 Millionen Euro baut der Finanzdienstleister hier einen neuen Campus. Ein Bahnanschluss für die knapp 5000 Angestellten scheint aber in immer weitere Ferne zu rücken. Foto: Holm Wolschendorf
Nach Land und Kreis geht offenbar auch die Region auf Abstand zu einer Anbindung des Kornwestheimer Finanzkonzerns

Kreis Ludwigsburg. Die Hoffnung im Kreis Ludwigsburg ist groß, als die Bahntochter DB Netz eine Studie präsentiert: dass auch der Finanzdienstleister Wüstenrot & Württembergische (W&W) mit seinem im Bau befindlichen Campus in Kornwestheim an eine Stadtbahn von Ludwigsburg nach Möglingen und Markgröningen angebunden werden kann – zumindest in einem 30-Minuten-Takt. Die Idee hat ja auch Charme. Fast 5000 Menschen werden einmal für Wüstenrot in Kornwestheim tätig sein, wenn die XXL-Baustelle bald über die Bühne geht – und ihre Arbeitsplätze sollen sie möglichst umweltfreundlich ansteuern können.

Mit einer S-Bahn wird das in den kommenden Jahren aber wohl nicht passieren. Das geht aus Unterlagen des Verbandes Region Stuttgart hervor, die am heutigen Mittwoch im Verkehrsausschuss beraten werden sollen. Nach dem Willen der Grünen, SPD, FDP und Linken, die in der Regionalversammlung zusammen auf eine knappe Mehrheit kommen, sollte Wüstenrot bekanntlich Teil einer Express-S-Bahn über Bietigheim, Ludwigsburg, Kornwestheim-Rangierbahnhof und die Schusterbahn nach Untertürkheim, Esslingen und Plochingen werden. Der Arbeitstitel: S.11. Bei dem Projekt handelt es sich nach Überzeugung der Antragsteller um das „wohl bedeutendste Ausbauvorhaben der S-Bahn in diesem Jahrzehnt“.

Der Stuttgarter Regionalverband plädiert nun aber dafür, diese Überlegungen ohne einen Stopp bei Wüstenrot fortzuführen. „Der vorgeschlagene Halt existiert noch nicht“, heißt es in der Sitzungsvorlage des Verkehrsdirektors Jürgen Wurmthaler. Für die Realisierung solch eines Projekts seien jedoch „alle einschlägigen planrechtlichen Verfahren“ zu erledigen. Eine Fertigstellung eines Stopps bei W&W könne somit erst in einigen Jahren erwartet werden – und würde dem Anspruch der vier Fraktion in der Regionalversammlung widersprechen, mit der Inbetriebnahme der S.11 und der Reaktivierung der Schusterbahn nicht bis zur Fertigstellung von Stuttgart.21 zu warten.

Auf Distanz zu einer Stadtbahn-Haltestelle „Kornwestheim W&W“ sind davor auch schon der Landkreis Ludwigsburg und das Verkehrsministerium gegangen. Das Haus des Grünen Winfried Hermann führte im Anschluss an einen Workshop den ohnehin schon hohen Betrieb auf den vier Gleisen in Richtung Stuttgart ins Feld und negative Auswirkungen auf den gesamten Schienenverkehr. Einen Pendelverkehr zwischen Markgröningen und Kornwestheim hält das Ministerium daher nicht für tragfähig. Das Landratsamt gab kürzlich an, Alternativen zu einer Durchbindung auf der Bestandsstrecke zu prüfen – etwa die Stärkung des Busverkehrs oder einen zusätzlichen Stadtbahnast.

Höchste Priorität genießt die Anbindung des Finanzkonzerns aber wohl nicht. Wichtiger scheint den meisten Kreisräten, die Strecke zwischen Markgröningen und Ludwigsburg möglichst schnell flott zu bekommen – und den Stadtbahnast nach Pattonville zu realisieren, wo die Fahrgäste auf die Züge der SSB umsteigen könnten.

Die Express-S-Bahn zwischen Bietigheim und Plochingen soll jetzt trotzdem aufs Gleis gesetzt werden – nur eben ohne W&W in Kornwestheim. Dafür müsste der regionale Verkehrsausschuss heute in Stuttgart den Weg für ein Betriebskonzept ebnen. Die Erstellerin wäre erneut die Bahntochter DB Netz als Infrastrukturbetreiberin. Wenn alles glatt läuft, könnte die Studie nach der Sommerpause in Angriff genommen und noch in diesem Jahr verfasst werden. Die Kosten liegen laut Verkehrsdirektor Wurmthaler zwischen 10.000 und 15.000 Euro.

Die Regionalfraktionen der Grünen, SPD, FDP und Linken zeigen sich in einer Pressemitteilung „erfreut über den konkreten Vorschlag der Verwaltung, zeitnah ein Betriebskonzept für die Schusterbahn zu entwickeln“. In dem neuen Gutachten sollen übrigens auch Überlegungen zu alternativen Zielen entwickelt werden. So könnte die S.11 zum Beispiel nicht in Bietigheim starten, sondern auch von Markgröningen aus nach Ludwigsburg geführt werden.