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Schlussakkord nach 38 Jahren

Hobbyhandörgler musizieren 2011 beim Schwäbischen Abend in der Benninger KelterFoto: Michael Fuchs
Hobbyhandörgler musizieren 2011 beim Schwäbischen Abend in der Benninger Kelter Foto: Michael Fuchs
Sie waren in den 40ern und voller Tatendrang, als sich die Hobbyhandörgler Benningen 1984 gründeten. Verblieben sind aktuell noch drei Mitglieder, die mittlerweile über 80 Jahre alt sind. Mangels aktiver Spieler löst sich die Abteilung des Akkordeonvereins jetzt auf. Am 19. März findet das Abschiedskonzert in der Kelter statt.

Benningen. „Wir werden nicht jünger und müssen uns mit den täglichen Wehwehchen abfinden, die uns das Leben und das Akkordeonspielen nicht leichter machen“, sagt Edwin Lang, der die Hobbyhandörgler Benningen vor 38 Jahren gegründet hat. So wurde es in den vergangenen Jahren für ihn sowie Hannelore Bauer und Gerhardt Schmidt immer mühsamer, das rund 20 Kilo schwere Instrument samt Koffer zu schleppen. Zudem fehle es am Nachwuchs. Das Akkordeon steht bei jungen Musizierenden nicht gerade weit oben in der Beliebtheitsskala. Zudem ist die diatonische Handorgel noch schwieriger zu spielen als das Akkordeon. Allerdings stehen die Benninger Handörgler mit dem Problem nicht alleine da. „Es ist da eine Tendenz zu erkennen“, sagt Lang.

Der Abschied fällt den drei verbliebenen Spielern nicht leicht, zumal sie in den vergangenen fast vier Jahrzehnten gemeinsam viel erlebt haben. Los ging es am 3. Oktober 1984 in der Krone. Dort hat sich Edwin Lang mit weiteren acht Spielern getroffen, die er noch aus vergangenen Tagen kannte. Sie waren offenbar von der Idee begeistert, gemeinsam in der Gruppe zu musizieren, und verabredeten sich zur ersten Probe. Die fand am 17. Oktober im Mehrzweckraum des Rathauses statt. Ihren ersten Auftritt hatten die Musiker am 8. Dezember 1984 bei der Jahresfeier des TSV Benningen in der Turnhalle.

Beim Publikum sehr beliebt

Bei ihrem Publikum waren die Hobbyhandörgler sehr beliebt. Sie spielten bei vereinseigenen Veranstaltungen wie Jahresfeiern, veranstalteten das „Schwäbische in der Kelter“ und gaben Kirchenkonzerte. Bei „Punkt 11“ in Marbach, einer Veranstaltung des Stadtmarketings der Schillerstadt, hörte man ihnen ebenso gerne zu wie bei Seniorenfeiern und Sommerfesten. Das Repertoire reichte von Filmmelodien und Schlagern über Lieder zum Mitsingen und Tanzen bis zur leichten Konzertmusik. „Unsere Musik ist so gut angekommen, dass wir in unseren Glanzzeiten mit bis zu 15 Spielern vor 300 Zuschauern auftraten“, erinnert sich Edwin Lang. Dirigentin ist von Beginn an Brigitte Fleck. Lediglich von 1987 bis 1989 wurde sie von Hans Rode vertreten. Unvergessen ist auch die Theatergruppe, die sich aus den Hobbyhandörglern gegründet hat und von Mitgliedern der Schwabenbühne Verstärkung erhielt. Rund 20 Auftritte hat es gegeben, so auch jährlich bei „Schwäbisches in der Kelter“.

Akkordeonverein macht weiter

Abschiedskonzert mit Unterstützung

Bei ihrem Abschiedskonzert am Samstag, 19. März, um 19.30 Uhr in der Benninger Kelter werden die Hobbyhandörgler Lieder der vergangenen 38 Jahre spielen. Unterstützung erhalten sie von Musikern des 1. Orchesters des Akkordeonvereins. Mit dabei wird auch die „Fleggaschella“ alias Regina Ziegler sein, die Mundartwitze erzählt und aktuelle Themen aus dem Ort beleuchtet. Karten gibt es bei Edwin Lang unter Telefon (07144) 6296.

Die Existenz des Akkordeonvereins Benningen ist derweil nicht bedroht, wie Vorsitzender Jürgen Brendel versichert: „Wir werden weitermachen“, sagt er. Das 1. Orchester besteht aus 15 Mitgliedern im Alter zwischen 30 und 57 Jahren. Um sich für die Zukunft aufzustellen, haben die Benninger gemeinsam mit dem Akkordeonverein Freiberg ein Projektorchester gegründet. Diese Kooperation erlaubt es, ein gemeinsames Abendprogramm zu stemmen und gleichzeitig die Selbstständigkeit der Vereine zu erhalten. Von dem dann voluminösen Klang profitiert nicht nur das Publikum. „Es macht den Musikern mehr Spaß, wenn 30 Leute gemeinsam spielen“, sagt Brendel. Zwei gemeinsame Konzerte hat es bereits gegeben, zwei weitere stehen am 9. April im Freiberger Prisma und am 7. Mai in der Benninger Kelter an.

Um Kinder und Jugendliche für das Akkordeon zu begeistern, möchte der Verein über kurz oder lang auch eine Kooperation mit der Schule eingehen. Gemeinsame Konzerte mit Coverbands, die Pop- und Rockmusik spielen, sollen zudem dem Zuschauerschwund entgegenwirken. „Es ist wichtig, neue Wege zu gehen“, so Brendel.

Viele Vereine müssen aufgeben

Schwindende Mitglieder, unbesetzte Vorstandsposten: Immer wieder müssen Vereine aufgeben – auch im Landkreis Ludwigsburg. So hat fehlender Nachwuchs zur Auflösung des Liederkranzes Aldingen geführt, der nach 160 Jahren im Dezember 2018 seinen letzten Auftritt hatte. Der Liederkranz hatte zuletzt nur noch 21 aktive und 44 passive Mitglieder. Ende 2020 verkündeten dann die Barberlights Remseck ihr Aus – nach 31 Jahren. Bei ihnen konnten einige Vorstandsposten nicht mehr besetzt werden.

Erst vor wenigen Wochen berichtete unsere Zeitung, dass der Kornwestheimer Schullandheim-Verein aufgeben musste und sich nach 70 Jahren aufgelöst hat. Sein Haus, der Vogelhof in Erbstetten auf der Schwäbischen Alb, hat sich finanziell nicht mehr getragen.

Im vergangenen November hat sich der Verein Harmonika-Freunde Affalterbach aufgelöst. Nachwuchsprobleme hatten dafür gesorgt, dass es in dem Verein nicht mehr weiterging. Wie unsere Zeitung bereits berichtete, wurden die in der Vereinskasse verbliebenen rund 8000 Euro an die Gemeinde überwiesen und sind nach Wunsch des bisherigen Vorstands an drei andere Affalterbacher Vereine, die im Bereich Musik aktiv sind, gegangen: den Liederkranz, den CVJM für den Posaunenchor sowie die Jugendmusikschule.

14 Jahre lang stand Irene Heine aus Ingersheim dem Verein „Het Boun Dai Boun – Freunde Laos“ vor. Sie half mit zahlreichen Unterstützern Kindern und Familien in dem Land in Südostasien. Als die Vereinsgründerin 2020 ihre Arbeit eingestellt und den Verein aufgelöst hat, führte sie neben ihrem Alter auch die erschwerte Situation durch Corona als Gründe an. Außerdem wollte sie das Ende der Arbeit gerne selbst steuern. Einen geeigneten Nachfolger hat sie trotz intensiver Suche nicht gefunden.