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Schräg ist ja nun keine Kategorie

Vielfältig und sehenswert: Die Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau. Fotos: Holm Wolschendorf
Vielfältig und sehenswert: Die Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau. Foto: Holm Wolschendorf
Vielfältig und sehenswert: Die Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau. Fotos: Holm Wolschendorf
Vielfältig und sehenswert: Die Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau. Foto: Holm Wolschendorf
Vielfältig und sehenswert: Die Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau. Fotos: Holm Wolschendorf
Vielfältig und sehenswert: Die Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau. Foto: Holm Wolschendorf
Vielfältig und sehenswert: Die Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau. Fotos: Holm Wolschendorf
Vielfältig und sehenswert: Die Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau. Foto: Holm Wolschendorf
Thorsten Brinkmanns Kunst ist alles andere als leise, sondern eher überbordend – aber auch feinsinnig. Nun zeigt er eine Auswahl seiner Arbeiten in einer sehenswerten Schau im Museum im Kleihues-Bau.

Kornwestheim. Nanu, wer versteckt sich denn da unter dem Lampenschirm? Aber da fehlt doch etwas! Unter dem altmodischen Einrichtungsgegenstand gucken zwei Beine in Jeans und Schuhen hervor, als wären sie der Ständer – von Oberkörper, Armen oder gar Kopf darüber jedoch keine Spur. Solche und ähnliche Kuriositäten lassen sich ab jetzt in der Ausstellung von Thorsten Brinkmann im Museum im Kleihues-Bau entdecken. Die Spezialität des Künstlers, in Korntal-Münchingen aufgewachsen, aber schon seit einigen Jahren in Hamburg ansässig, ist die mehr oder weniger auf den ersten oder zweiten Blick sinnvolle Anordnung von im Sperrmüll und auf Flohmärkten zusammengetragenen Objekten sowie deren fotografischer Abbildung – oft mit gewissen kunsthistorischen Verweisen, ob nun auf Magritte, Schlemmer oder Manet, aber auch mit einer gehörigen Portion Ironie.

Einen ganzen Lkw voller Kunst hat Brinkmann in die Salamanderstadt bugsiert, die Auswahl fand vor Ort statt. „Am Ende habe ich aber fast alles hier untergebracht“, erklärt der Künstler. Zu sehen ist in seiner Schau „Kastel Inn“ – der Titel soll altehrwürdig-heimelig, aber von sprachlicher Seite auch etwas widersprüchlich anmuten – nun etwa eine ungewöhnliche Sitzgelegenheit, eine Art Mischung aus Strandkorb, Theaterloge und Beichtstuhl, worauf der Besucher auch Platz nehmen darf. Noch deutlich voluminöser kommt seine Wunderkammer daher: Unzählige Gegenstände, die teilweise als Requisiten für ebenfalls hier gezeigte Arbeiten dienten, finden sich in dem meterhohen, die Weite und Höhe des rund 400 Quadratmeter großen Ausstellungsraums ausnutzenden Regalaufbau wieder, ebenso wie „Making-of“-Aufnahmen auf einem kleinen TV-Gerät, Fehler inklusive, ja, einkalkuliert. Denn auch das Entstehen, die Performance sei bei ihm Teil des Werks, wie Brinkmann betont. Auch wenn am Ende auf dem per Selbstauslöser geschossenen Foto nur das Ergebnis sichtbar ist. Etwa bei den zahlreichen für ihn so typischen Selbstinszenierungen, Porträts in historisch anmutender Pose, bei denen stets irgendein Gegenstand auf dem Kopf steckt, in der Ausstellung ergänzt durch passende reale Objekte. Der Besucher kann sich nun, wie bei einem „Memory“-Spiel, auf die Suche nach den identischen Paaren begeben – gerade für Kinder, denen ein umfangreiches Begleitprogramm gewidmet ist, bietet dies in den kommenden Monaten sicherlich einen attraktiven Zugang zur Ausstellung.

Zentraler Teil des Regalsystems ist eine begehbare Rauminstallation: Über eine kleine Luke, die in geduckter Haltung passiert werden kann, gelangt man in eine versteckte Kammer, die stilistisch wie ein Burghotel aus früheren Zeiten anmuten soll, einschließlich des obligatorischen muffigen Samtgeruchs. Ein Plattenspieler säuselt schaurige Klänge. Schräg? Das greift bei Thorsten Brinkmann ein wenig zu kurz, zu viel steckt in seiner Kunst – und eine Kategorie ist das ohnehin nicht. Er versteht sich in der Rolle des Sammlers auch als eine Kunstfigur, die nicht mehr Künstler, sondern ein handelndes Subjekt ist, das selbst Teil des Werkes wird. Das Ganze ist ein stetiger Balance-Akt zwischen vermeintlich wertlosen Dingen und präsentabler Kunst, am Rande spielt natürlich auch der derzeit so populäre Upcycling-Aspekt eine Rolle. Es ist ein wilder Fundus an Gegenständen, mit dem sich aus Sicht von Brinkmann arbeiten lässt, mal mehr, mal weniger. „Manche Gegenstände liegen bei mir seit 20 Jahren herum“, sagt er. Was nicht heißt, dass sie nicht eines Tages, mit dem richtigen gedanklichen Zugriff, plötzlich sein Interesse wecken. „Das Material sollte eine gewisse Präsenz haben.“ Er selbst ist der einzige Protagonist seiner Verkleidungsarbeiten. Mit seiner Person habe das aber gar nicht viel zu tun, erklärt er – vielmehr sei es eine pragmatische Entscheidung kurz nach seinem Studium gewesen, schließlich sei er selbst jederzeit verfügbar und zudem kostenlos. Erkennen kann man ihn darin ohnehin nicht, zu abstrahiert ist die Inszenierung. „Ich habe mich durchaus schon gefragt, ob ich den Beruf gewählt habe, damit ich sammeln kann“, sagt er . Als „ernstes Spiel“ sieht er diese Tätigkeit. Humorvoll – aber eben auch vielschichtig.

Info: Die Ausstellung wird am Freitag um 19 Uhr eröffnet. Bis 11. September ist sie freitags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Infos auf www.museen-kornwestheim.de.