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So klangsinnig wie klangsinnlich

Spezifische Konstellation: Cellist Daniel und Pianistin Natascha Paulich – mit Notenwender – bei ihrem Konzert. Foto: Holm Wolschendorf
Spezifische Konstellation: Cellist Daniel und Pianistin Natascha Paulich – mit Notenwender – bei ihrem Konzert. Foto: Holm Wolschendorf
Daniel und Natascha Paulich begeistern beim Auftakt der Galeriekonzerte

Kornwestheim. Fast zwei Jahre sind vergangen seit dem letzten Galeriekonzert: Im März 2020 war das grandiose Recital der Pianistin Marie-Thérèse Zahnlecker eine der letzten Kulturveranstaltungen vor dem ersten Lockdown. Den für Januar geplanten Neustart der Kammermusikreihe hat man aufgrund der Unsicherheit der Pandemieentwicklung nochmals verschoben: Das Neujahrskonzert soll im April nachgeholt werden. Somit fiel die Gestaltung des langersehnten Auftakts nun Daniel und Natascha Paulich zu.

Frappierende Innigkeit

Das Duo des Cellisten und der Pianistin ist in mehrerlei Hinsicht außergewöhnlich: Zum einen darf die Literatur für diese spezielle Besetzung im Vergleich zur Gattung der Violinsonate als überschaubar gelten, dennoch kommt der Sonate für Cello und Klavier in der Kammermusik jenseits des Generalbasszeitalters ein zentraler Stellenwert zu. Wirklich zu etwas Besonderem wird ihr Duett indes durch die spezifische Konstellation: Daniel und Natascha Paulich sind Geschwister. „Muttersprachen“ haben sie ihr Programm genannt – ihr Kornwestheim-Debüt ist tatsächlich eine Premiere: Daniel Paulich ist seit 2017 Solocellist der norddeutschen Philharmonie Rostock, Natascha hat erst vor wenigen Monaten an die dortige Hochschule gewechselt – jetzt stehen sie erstmals gemeinsam auf einer Bühne.

Ihr Vater Zoltan Paulich ist Solocellist des Staatsorchesters Stuttgart und im Bayreuther Festspielorchester, ausgebildet an der Musikakademie seiner Heimatstadt Budapest und der Stuttgarter HMDK. „Unsere zusätzliche gemeinsame Muttersprache, neben dem deutschen und dem ungarischen Einschlag, ist immer schon die Musik gewesen“, sagt Daniel Paulich im Gespräch mit unserer Zeitung. Mit der „Sonate für Klavier oder Piano-Forte mit obligatem Violoncello“ (Op.5, 1) hat Ludwig van Beethoven die Gattung 1796 gleichsam begründet – Natascha und Daniel Paulich musizierten das Frühwerk des Klassik-Titanen mit einer frappierenden Innigkeit des Rapports. In den gesanglichen Themen der F-Dur-Sonate schwingt Beethovens Bewunderung für die Musik Mozarts mit, insbesondere der Dialogcharakter des Werks kommt dank ihrer so klangsinnigen wie klangsinnlichen, lebendigen Interpretation bestens zur Geltung.

Ebenfalls voller Gesang ist Zoltán Kodálys Sonate für Violoncello und Klavier (Op.4), uraufgeführt 1910. Die melancholische Grundstimmung mündet immer wieder in erregte, hochemotionale, dramatische Passagen – in ihrem expressiven Gestus sind beide Parts höchst anspruchsvoll, Daniel und Natascha Paulich laden sie mit hinreißender Intensität auf.

Der rote Faden von Beethoven zu Kodály führte über Johannes Brahms – dem „ungarischsten aller deutschen Komponisten“ (D. Paulich) wird in diesem Jahr anlässlich seines 125. Todestags gedacht. In seiner 1866 im Druck erschienen Sonate für Klavier und Violoncello Nr.1 (Op.38) ist ein Widerhall von Schubert und Chopin auszumachen – auch die Hochromantik der e-Moll-Sonate ist bei dem Geschwisterpaar in besten Händen, ihr traumsicher abgestimmtes Rubato wirkt wie ein osmotischer Vorgang. Die Begeisterung der 99 maskierten Besucher im ausverkauften Versammlungssaal wollte kaum ein Ende nehmen.