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Stadträte mischen Jugendgemeinderat auf

Flüchtlinge auf einem Schlauchboot im Mittelmeer: Um die Seenotrettung und den Beitritt Ludwigsburgs zum Städtenetzwerk Sicherer Hafen ging es bei der jüngsten Sitzung des Jugendgemeinderats. Foto: Javier Fergo/dpa
Flüchtlinge auf einem Schlauchboot im Mittelmeer: Um die Seenotrettung und den Beitritt Ludwigsburgs zum Städtenetzwerk Sicherer Hafen ging es bei der jüngsten Sitzung des Jugendgemeinderats. Foto: Javier Fergo/dpa
Eigentlich hätte am Mittwochabend der Gemeinderat über einen Beitritt Ludwigsburgs zum Städtenetzwerk Sicherer Hafen entscheiden sollen. Doch der Tagesordnungspunkt wurde auf die nächste Sitzung verschoben. Der Grund: Stadträte und Verwaltung wollen dem Jugendgemeinderat Zeit geben, sich zu dem Thema eine eigene Meinung zu bilden und dann eine Stellungnahme abzugeben.

Ludwigsburg. Vor ein paar Wochen hat bereits der Sozialausschuss heftig über einen möglichen Beitritt zum Städtenetzwerk Sicherer Hafen diskutiert. Grüne, SPD, Linke und Bündnis der Vielfalt setzen sich in einem interfraktionellen Antrag dafür ein, dass sich auch Ludwigsburg mit einem Beitritt gegen die Abschottungspolitik Europas stellt. Eigentlich hätte das Thema heute im Gemeinderat entschieden werden sollen – wo es sicherlich nochmals zu Diskussionen gekommen wäre. Doch zu Beginn der Sitzung gab Oberbürgermeister Matthias Knecht bekannt, dass der Tagesordnungspunkt auf die Sitzung Ende Juli verschoben wird. Diese Entscheidung geht zurück auf die Diskussion im Jugendgemeinderat einen Abend zuvor.

Denn auch dort stand das Thema auf dem Plan. Der Vorstand des jungen Gremiums wollte eine Einschätzung, wie die Jugendlichen einen Beitritt sehen. Reden wollte niemand der jungen Räte, deshalb kam vom Vorstand der Vorschlag, mit einem Handzeichen Zustimmung oder Ablehnung anzuzeigen. Alle Daumen zeigten nach oben. „Klasse, dann können wir das den Stadträten für ihre Sitzung so mitgeben“, freute sich Lillian Scharnhorst aus dem Vorstandsteam des Jugendgemeinderats.

Damit schien das Thema – wie vom Jugendgemeinderat gewohnt – schnell erledigt. Doch dann meldete sich Steve Bellmann zu Wort. Er glaube nicht, dass die jungen Räte den Überblick über dieses Thema hätten, eventuelle Nachteile seien ihnen nicht bekannt. „Wenn wir eine einseitige Abstimmung abgeben, heißt es, der Jugendgemeinderat hat sich nicht richtig mit dem Thema auseinander gesetzt. Das schadet unserem Ruf“, gab der Schüler zu bedenken.

Das war das Stichwort für Stadträtin Gabriele Moersch (Freie Wähler), die wie weitere Gemeinderatskollegen bei der Sitzung als Zuhörerin war. Sie erklärte den Jugendlichen, dass nicht alle Stadträte der Meinung sind, der Beitritt sei eine gute Idee, und fasste die Argumente der Freien Wähler zusammen. Das konnte wiederum Laura Wiedmann nicht auf sich sitzen lassen. Der Vortrag von Moersch sei „ein bisschen einseitig“. Sie werde aber keine Stellungnahme dazu abgeben, stattdessen bat die Grünen-Stadträtin die Jugendlichen darum, sich eine eigene Meinung zu bilden.

„Was wären konkrete Alternativen zum Beitritt zum Städtenetzwerk?“, wollte Jugendgemeinderätin Sao-Khue Phan Nguyen von Gabriele Moersch wissen. Eine starke Asylpolitik auf europäischer Ebene, so die Stadträtin. Aber auch Projekte vor Ort, wie zum Beispiel der Einsatz Ludwigsburgs in Burkina Faso. „Das ist ein Paradebeispiel, wie vor Ort unterstützt werden kann“,sagte Moersch.

Er habe noch nie bei einer Sitzung des Jugendgemeinderats so viel Bedarf an Diskussion gesehen, meldete sich nun auch Jochen Eisele (FDP), der die Sitzungen regelmäßig besucht, zu Wort. Es sei deutlich zu erkennen, dass die Jugendlichen Zeit bräuchten, um sich zu informieren, bevor sie eine Entscheidung treffen könnten. „Wir sollten das Thema deshalb auf unsere Sitzung Ende Juli vertagen“, schlug der Stadtrat vor. Dann könnten sich die Jugendgemeinderäte nochmals zusammensetzen und eine Stellungnahme formulieren. „Das würde die Bedeutung des Jugendgemeinderats unterstreichen“, so Oberbürgermeister Matthias Knecht, der bei der Jugendgemeinderatssitzung zu Gast war. Das müsse aber eine Ausnahme bleiben. Das nächste Mal sollte das junge Gremium früher über Dinge diskutieren, zu denen die Jugendlichen den Gemeinderat beraten. „Sowas muss früher geplant werden“, so Knecht. Dazu solle der Jugendgemeinderat aber auch die Vorlagen lange im Voraus bekommen, damit er sich informieren kann, so Wiedmann. „Je früher wir die Infos bekommen, desto besser“, betonte auch Hannah Junginger von der Geschäftsstelle des Jugendgemeinderats.

Das Thema sei bereits im Sozialausschuss diskutiert worden, außerdem habe es eine Berichterstattung gegeben, so Klaus Herrmann (CDU). Die Jugendlichen hätten sich auf das Thema vorbereiten können. „Wenn ihr jetzt beratet, dann bezieht bitte Pro und Contra mit ein“, empfahl er den Nachwuchs-Räten. Eine kleine Gruppe von Jugendgemeinderäten wird sich damit nun befassen.