Möglingen. Der Novembertag war auch am Leudelsbach grau und trist. Von adventlicher Stimmung gab es nicht einen Hauch zu spüren. Es spielten weder der Posaunenchor noch das Blockflötenensemble der Kinder Weihnachtslieder. Und auch der Duftmix von Glühwein und Punsch, Roter Wurst vom Grill und frischen Waffeln, der einem üblicherweise schon von weitem um die Nase streicht, fehlten.
Der Weg zum Markt erklärte sich von selbst: Einfach nur gegen den Strom derer laufen, die einem mit einem Adventsgesteck in der Hand begegneten. Am Tor zum CVJM-Haus wurde noch im Freien der Mund-Nasen-Schutz aufgezogen. An der Einlasskontrolle musste er 2G-Nachweis erbracht werden, auch die Registrierung der persönlichen Daten war Pflicht. Ohne diese Auflagen wäre die Traditionsveranstaltung gar nicht möglich gewesen und beinahe im zweiten Jahr in Folge dem Corona-Virus zum Opfer gefallen. So aber wurde der Nikolausmarkt zum 51. Mal im 52. Jahr abgehalten.
„Wir sind wirklich froh, dass wir überhaupt an den Start gehen durften“, zeigte sich Elke Knöller im Gespräch mit unserer Zeitung erleichtert, dass die wochenlangen Vorbereitungen doch nicht ganz umsonst waren. Am Mittwoch habe alles noch auf der Kippe gestanden. Hätten auch Geimpfte und Genesene ein negatives Testergebnis vorlegen müssen, wäre der Markt auf den letzten Drücker noch abgeblasen worden, sagte sie. Ein Gespräch mit Bürgermeisterin Rebecca Schwaderer habe Klarheit geschaffen. Man habe sich die Entscheidung aber auch nicht leicht gemacht.
Bewusst wurde auf Bewirtung jeglicher Art verzichtet – auch, wenn es zumindest im Freien erlaubt gewesen wäre. „Das wäre gegenüber anderen Veranstaltern aber unfair gewesen“, so Elke Knöller. Auch Musik aus der Konserve als Ersatz für die Live-Auftritte gab es nicht. Und der Nikolaus sagte seine Besuche ebenfalls ab. Sonst las er den Kindern immer eine Geschichte vor und verteilte Äpfel.
All diese Einschränkungen drückten die Besucherzahlen natürlich, was sich wiederum im Umsatz deutlich niederschlug. Nur etwa 200 Kunden wurden gezählt. Normalerweise kommen doppelt so viele Möglinger und Auswärtige an diesem Tag ins CVJM-Haus. In Spitzenjahren wurden über 6000 Euro an Erlösen erzielt. Geld, das zu 100 Prozent an Hilfsprojekte gespendet und für die eigene Jugendarbeit verwendet wurde. Der diesjährige Kassensturz steht noch aus. „Wir sind den Umständen entsprechend zufrieden“, versicherte Knöller trotzdem.
Die Besuche auf dem Markt fielen auch kürzer aus als sonst: Die Gäste verschafften sich rasch einen Überblick über das Angebot an adventlicher Dekoration. Engel und Kerzenständer aus Holz und Keramik, Gestricktes und Gehäkeltes und Gutsle gab es zu kaufen. Alles wurde in Hand- und Heimarbeit von CVJM-Mitgliedern gemacht. Händlerware war nicht zu finden. Einzige Ausnahmen: fair gehandelte Schokolade, Honig und Kaffee vom Eine-Welt-Laden. Nach einem kurzen Schwätzle traten die Marktbesucher meist gleich wieder den Heimweg an.
Hundert Beutel voller Gutsle
Stundenlang haben vor allem die Möglingerinnen in der Küche gestanden und Plätzchen im Akkord gebacken. Mindestens zwei Dutzend unterschiedliche Sorten waren im Angebot. 100 statt sonst 140 Beutel wurden schließlich befüllt. Die Produktion hatte man im Vorfeld bewusst gedrosselt, weil angesichts der Umstände schon im Vorfeld mit weniger Publikum gerechnet worden war. „Wir konnten ja nicht abschätzen, wer überhaupt noch aus dem Haus geht“, sagte Elke Knöller. Seit den Sommerferien wurden Sterne und Figuren aus Holz an den Werkbänken gesägt und gedrechselt, klapperten die Nadeln, wurde Christbaumschmuck aus Stroh und Papier gebastelt. Die Renner waren aber auch dieses Jahr die Adventskränze und -gestecke mit roten Kerzen und roter Deko. Dafür stehen viele Möglinger gerne schon vor der Eröffnung des Nikolausmarktes Schlange – sogar zu Corona-Zeiten. Gebunden wurden die kleinen Kunstwerke aus frischen Zweigen und unter Vorschlägen von drei Floristinnen ausschließlich von 25 Ehrenamtlichen. In sechs Tagen mit teilweise bis zu zehn Stunden-Schichten entstanden 120 Kränze, Gestecke, Töpfchen und Sträuße, mit denen sich die Käufer auch den typisch harzigen Duft zur Weihnachtszeit nach Hause holten und damit dann doch noch etwas vorweihnachtliche Stimmung.