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Weg vom Plastik, hin zum Mehrweg

Das Team der Arbeitsgruppe für Nachhaltige Beschaffung. Bilder unten: Arbeitsmaterialien bis hin zum Kopierpapier oder Aktenordner werden nur noch eingekauft, wenn sie umweltfreundliche Standards erfüllen. Fotos: Stadt Ludwigsburg/Adobe Stock/dpa
Das Team der Arbeitsgruppe für Nachhaltige Beschaffung. Bilder unten: Arbeitsmaterialien bis hin zum Kopierpapier oder Aktenordner werden nur noch eingekauft, wenn sie umweltfreundliche Standards erfüllen. Foto: Stadt Ludwigsburg/Adobe Stock/dpa
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Als „Klimaaktive Kommune“ ausgezeichnet: Die Stadtverwaltung Ludwigsburg bekommt für ihre nachhaltige Beschaffungspolitik vom Bund 25.000 Euro. Die sollen der Stadtgesellschaft zugute kommen – in Form eines Pfandsystems mit Mehrwegbehältern für Obst, Gemüse oder Fleisch im Einzelhandel.

Ludwigsburg. Nach Mehrwegbechern nun die Mehrwegboxen: „Die Initiative ging von verschiedenen Stellen aus: den Unternehmen, die nachhaltig produzieren wollen. Von Einzelhändlern, die es machen wollen. Von Bürgern, die es haben wollen.“ Als Gabriele Nießen das sagt, sitzt sie gerade im Zug: Mit einer sechsköpfigen Delegation aus Ludwigsburg reiste die Bürgermeisterin für Stadtentwicklung, Hochbau und Liegenschaften gestern nach Berlin, um am Abend 25.000 Euro entgegenzunehmen, die für die Einführung ebendieses Pfandsystems genutzt werden sollen.

Gewonnen hat die Stadt dieses Preisgeld in dem Wettbewerb „Klimaaktive Kommune“, der seit 2009 im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative ausgelobt wird – vom Bundesumweltministerium und dem Institut für Urbanistik, mit Städtetag, Landkreistag und dem Städte- und Gemeindebund. In diesem Jahr wurden 88 Beiträge in vier Kategorien eingereicht. Ludwigsburg setzte sich mit dem Projekt „Nachhaltige Beschaffung – gesund, kreislauffähig, klimafreundlich“ in dem Sonderpreis „Klimafreundliche Beschaffung“ gegen drei Mitbewerber durch, laut Stadt mit ihrer „konsequenten und systematischen Umstellung ihrer Beschaffungspraxis im Sinne der Nachhaltigkeit“.

Darin geht es vor allem um verwaltungsinterne Prozesse. Laut Nießen gelten seit 2017 neue Richtlinien der Nachhaltigkeit als Dienstanweisungen für alle Fachbereiche – von der Bildung über Mobilität bis zum Hochbau. Erarbeitet wurden diese von einer Arbeitsgruppe und einer externen Beratung. Immerhin zehn Millionen Euro gibt Ludwigsburg pro Jahr für Beschaffungen aus. Damit sind alle 2000 städtischen Mitarbeiter betroffen wie auch alle Einrichtungen der Stadt – ob Büros, Kitas, Schulen oder Ämter. Da geht es um Produkte, die in Herstellung, Gebrauch und Entsorgung möglichst ressourcenschonend und nachhaltig sind.

Das städtische Projektteam hat sich für das Cradle-to-Cradle-Konzept entschieden, ergänzt um soziale und klimarelevante Aspekte. Cradle-to-Cradle (C2C) lässt sich mit „von Wiege zu Wiege“ übersetzen und bedeutet so viel wie „vom Ursprung zum Ursprung“. Da geht es darum, Produkte so zu gestalten, dass sie nicht nur gesund sind für Mensch und Natur sowie klimaneutral und fair hergestellt werden, sondern auch eine sortenreine Wiederverwendung der Materialien möglich machen. Die nachhaltige Produktion wird mit einem Zertifikat nachgewiesen. Das gibt es seit 2010 – was erklärt, dass es noch nicht so viele C2C-Produkte gibt.

Den Mehrwert gibt es auch in anderer Hinsicht: Mit Patrick Scholz hat sich die Stadt eine eigene Kompetenzstelle im Fachbereich Organisation und Personal geschaffen, die alle Beschaffungen bündelt und zentral verwaltet. Da geht es um C2C-zertifizierte Prospekthüllen, Stifte aus recycelten Materialien, Umweltpapier, aber auch Büromöbel. Der Effekt geht laut Bürgermeisterin Nießen mittlerweile über den Filzstift oder Umweltpapier hinaus. So würden die Mitarbeiter geradezu „angesteckt“, das Prinzip auszuweiten. „Da hat man bei Besprechungen mal seine eigene Wasserflasche dabei, das mitgebrachte Essen liegt in einer Mehrwegbox.“

Nun geht es nach außen: „Die Stadt möchte als nachhaltige Kommune ihre Bürger ebenso unterstützen wie den Einzelhandel und lokale Produzenten.“ Nießen führte in ihrer Zeit als Baubürgermeisterin in Oldenburg dort das Recup-System mit Pfand- statt Wegwerfbechern ein und war „begeistert“, bei ihrer Ankunft in Ludwigsburg festzustellen, dass es das hier schon gibt. Der Innenstadtverein Luis hatte das Recup-System vor zwei Jahren mit Stadtverwaltung und AVL forciert, mittlerweile gibt es noch weitere Anbieter. Jetzt folgt der nächste Schritt: Mehrwegboxen für Lebensmittel. Lebensmittel wie Obst, Gemüse oder Wurst sollen künftig in Mehrwegboxen verkauft werden.

Während in anderen Städten über Zusatzsteuern für Einwegverpackungen diskutiert wird, setzt Ludwigsburg jedoch weiter auf Freiwilligkeit. „Die Marktbeschicker und der Einzelhandel sind die eine, produzierende Unternehmen die andere Seite“, so Gabriele Nießen. Das Prinzip gleicht dem, wie es in einigen Supermärkten praktiziert wird. Die Einkäufe werden etwa in eine Polypropylen-Box gepackt, die beim nächsten Besuch abgegeben und durch eine neue ersetzt wird.

Die 25.000 Euro Preisgeld sind für Analyse, Konzeption und Umsetzungsstrategie vorgesehen. „Ob Bäcker, Metzger oder Fischhändler, alles ist möglich.“ Noch ist völlig unklar, welches System zum Tragen kommt, von denen es ebenfalls einige gibt, oder wie die Herstellung finanziert wird. Andere Städte als Beispiel kann Nießen nicht nennen. Das zentrale System werde in Zusammenarbeit mit Luis, Händlern, Unternehmen und Bürgern erarbeitet, so Nießen. Der Mehrwert zählt: „Egal, wie viele Systeme es im Endeffekt sind, die sich entwickeln. Wenn man damit vom Einweg wegkommt, ist das positiv.“