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Welle rollt auf die Hausärzte zu

Hausärztinnen und -ärzte kennen ihre Patienten und deren Vorerkrankungen. Sie sind deshalb naturgemäß erste Anlaufstelle für viele Infizierte. Archivfoto: Benjamin Ulmer/dpa
Hausärztinnen und -ärzte kennen ihre Patienten und deren Vorerkrankungen. Sie sind deshalb naturgemäß erste Anlaufstelle für viele Infizierte. Foto: Benjamin Ulmer/dpa
Auch wenn Omikron oft mildere Verläufe bringt, sehen Mediziner vor allem für Risikopatienten Behandlungsbedarf

Kreis Ludwigsburg. Seit Tagen steigen die Zahlen der Corona-Neuinfektionen, die Sieben-Tage-Inzidenz schießt nach oben. Die Omikron-Variante ist auf dem Vormarsch, und nicht nur die Kliniken, auch die Hausärzte wappnen sich für die Welle. Denn gerade weil die Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass die Verläufe nach einer Infizierung mit der Omikron-Variante bei Geimpften häufig milder sind, rechnen die Praxen mit deutlich mehr Patienten. Nach Aussage von Dr. Carola Maitra, der Vorsitzenden der Kreisärzteschaft Ludwigsburg, spüren die Hausärzte im Landkreis schon jetzt „eine deutlich höhere Inanspruchnahme durch den Vormarsch der Omikron-Variante“.

Die Medizinerin geht davon aus, dass der ambulante Sektor gerade bei leichten Krankheitsverläufen noch mehr zu leisten haben werde. Denn auch wer nur schwache Symptome zeige, müsse schließlich eine PCR-Bestätigung eines positiven Schnelltests erhalten und sollte auch von einem Arzt gesehen werden, um schwere Verläufe ausschließen zu können.

Eine Einschätzung, die Dr. Michael Herzog teilt. Er betreibt in Marbach gemeinsam mit seiner Frau fachübergreifend eine Praxis, neben der hausärztlichen Versorgung liegt der Schwerpunkt auf Kardiologie und Innerer Medizin. Auch er sieht mit Omikron deutlich mehr Arbeit auf die Niedergelassenen zukommen. Dabei gehe es nicht nur darum, einen an Covid-19 Erkrankten abzuhören und ihm gegebenenfalls Ibuprofen zu verschreiben, besonders wichtig sei die Abgrenzung zu schwierigen Verläufen. „Deshalb müssen wir die Patienten sehen, eventuell auch telemedizinisch, und vor allem bei jenen mit Vorerkrankungen ein Auge darauf haben, ob eine kritische Entwicklung einsetzt.“

Vor diesem Hintergrund sieht auch Carola Maitra die hausärztlichen Praxen als „ideale Anlaufstelle“ für Menschen mit positivem Testergebnis: „Die Hausärzte kennen ihre Patienten, wissen um Vorerkrankungen, kennen die Medikation, aber auch die Umstände der häuslichen Versorgung. Es geht primär auch darum, aus den wirklich leichten Verläufen die Menschen herauszufiltern und intensiver zu betreuen, die das Risiko für einen schweren Verlauf tragen – der kann übrigens auch relativ rasch eintreten.“

Auch deshalb rät die Medizinerin zu Achtsamkeit. Nicht jeder benötige im Fall einer Infektion ärztliche Hilfe, bei Vorerkrankungen sei aber ein umsichtiges Verhalten notwendig. Grundsätzlich gelte: Wer sich angesteckt hat, aber keine oder kaum körperliche Symptome zeige, sollte trotzdem berücksichtigen, dass sich der Körper mit dem Erreger auseinandersetzen muss: „Hierfür empfiehlt sich körperliche Schonung, ausreichend Flüssigkeitszufuhr, Schlaf und gesunde Ernährung.“ Die konsequente Einhaltung der Quarantäne, um andere nicht anzustecken, sollte selbstverständlich sein.

Trotz aller Belastungen der Praxen: Auch Michael Herzog rät dazu, im Falle eines positiven Testergebnisses Kontakt mit dem Hausarzt aufzunehmen. Patienten mit schwereren Verläufen müssten in die Praxis kommen, mit Blick auf die Ansteckungsgefahr eben eher in den Randzeiten der Sprechstunden. Herzog sieht die Aufgabe der Hausärzte auch darin, in der aktuellen Situation „den Kliniken den Rücken für Schwer- und Schwerstkranke frei zu halten“ und im persönlichen Kontakt mit Infizierten zu entscheiden, ob eine Einweisung ins Krankenhaus notwendig ist oder nicht.

Carola Maitra verweist darauf, dass seit Beginn der Pandemie 90 Prozent der Patienten im ambulanten Sektor versorgt worden seien, „dieser Anteil dürfte sich unter Omikron noch steigern“. Es müsse gemeinsam gelingen, die knappen Kapazitäten der Kliniken zu schonen und das System am Laufen zu halten.

Derweil blickt Michael Herzog schon ein wenig über die sich aufbauende Welle hinaus. Corona werde die Haus- und die Fachärzte einiger Disziplinen noch lange beschäftigen – weil die Mediziner auch die Long-Covid-Fälle unter ihren Patienten herausfiltern und behandeln müssten. Gerade auf Lungen- und Herzspezialisten käme da wohl noch einiges zu.