1. Startseite
Logo

Weniger Grippe in der Pandemie?

Die Symptome von Erkältung, Influenza und Covid-19 können sich ähneln. Foto: Christin Klose/dpa
Die Symptome von Erkältung, Influenza und Covid-19 können sich ähneln. Foto: Christin Klose/dpa
In dieser Saison wurde im Kreis Ludwigsburg bislang nur ein Fall von echter Grippe, auch Influenza genannt, gemeldet. Vor einem Jahr waren es zu dieser Zeit bereits um die 100 gewesen. Normalerweise erreicht die Grippe ihren Höhepunkt nach dem Jahreswechsel. Stoppen die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus diesmal die Welle?

Kreis Ludwigsburg. „Da die Grippewelle erfahrungsgemäß im Januar oder Februar ihren Höhepunkt hat, sind die aktuellen Zahlen noch eingeschränkt zu bewerten“, heißt es aus dem Landesgesundheitsamt im Regierungspräsidium Stuttgart. In dieser Saison wurden bislang 42 Fälle von Influenza aus Baden-Württemberg übermittelt, wie die Pressestelle vergangenen Donnerstag mitteilte. Vor einem Jahr gab es da bereits 1000 Fälle. Die Grippesaison umfasst den Zeitraum ab der 40. bis zur 20. Kalenderwoche, also von Oktober bis Mitte Mai. In dieser Saison war laut Landesgesundheitsamt bisher bei 17 Patienten ein Krankenhausaufenthalt erforderlich. Ein Todesfall wurde übermittelt, vor einem Jahr waren es acht. Aus dem Kreis Ludwigsburg ist ein Fall bekannt, der nicht tödlich verlaufen ist. Vor einem Jahr waren es bereits um die 100 Erkrankte.

Dass die Influenza neben Covid-19 unverändert eine ernsthafte Atemwegserkrankung darstellt, hatte das Sozialministerium Anfang Oktober in einer Pressemitteilung betont. Eine Impfung werde daher insbesondere Menschen über 60 Jahre, chronisch Erkrankten sowie medizinischem Personal empfohlen. „Gerade während der Covid-19-Pandemie ist eine hohe Influenza-Impfquote bei Risikogruppen wichtig, um schwere Verläufe oder gar Ko-Infektionen mit Sars-CoV-2 zu verhindern und Engpässe in Krankenhäusern bei Intensivbetten oder Beatmungsplätzen zu vermeiden“, so Gesundheitsminister Manne Lucha.

An den Standorten der Regionale Kliniken Holding (RKH) in Ludwigsburg und Bietigheim gab es seit dem Beginn der Coronapandemie keinen Patienten, der sowohl an Influenza als auch an Covid-19 erkrankt ist, wie Pressesprecher Alexander Tsongas auf Anfrage mitteilt. Daher habe man noch keine Erfahrungen gesammelt, wie sich das auf den Verlauf der Krankheiten auswirken kann. In der aktuellen Saison habe es im Kreis noch keinen stationären Influenza-Fall gegeben. Aus der Sicht der Kliniken ist bereits die Grippewelle in der Saison 2019/20 weitaus schwächer ausgefallen als in den Vorjahren. Während von der RKH insgesamt nur 213 Patienten wegen Influenza behandelt wurden, von denen zwölf starben, waren es in der Vorsaison 2018/19 insgesamt 780 Patienten, von denen 37 starben. Der Zeitraum von Ende November bis Ende März sei jedoch ähnlich gewesen.

Das Landesgesundheitsamt weist darauf hin, dass es auch in Zeiten vor Corona in einigen Jahren ähnlich niedrige Meldezahlen gab und nennt als Beispiele die Saison 2010/11 mit 31 und die Saison 2011/12 mit acht Nachweisen der Krankheit zu diesem Zeitpunkt. Man könne jedoch davon ausgehen, dass im Weiteren die Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus auch einen Effekt auf das Influenzavirus haben. Bereits beim ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr seien die Meldezahlen stark eingebrochen: „In der vergleichenden Betrachtung der Grippewellen der letzten drei Saisons war für 2020 das schnelle Abklingen der Influenza-Aktivität und eine um mindestens zwei Wochen kürzere Dauer der Grippewelle auffällig.“ Da Kinder bei der Verbreitung der jährlichen Grippe eine wesentliche Rolle spielten, hätten hier besonders die damaligen Schulschließungen eine Rolle gespielt.

Kann man also aus der Coronazeit etwas für die künftige Eindämmung der Grippe lernen – etwa einige der Maßnahmen für die Grippesaison beibehalten? Mitten in der zweiten beziehungsweise dritten Welle der Pandemie hält es Dr. Carola Maitra, die Vorsitzende der Ärzteschaft Ludwigsburg, noch für zu früh, allgemeine Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Sie weist jedoch darauf hin, dass die Hygienemaßnahmen wie die AHA-Regeln (Abstand, Hygiene und Alltagsmaske) auch bei der Influenza und anderen Erkältungskrankheiten greifen.

Derzeit ist die Grippeaktivität zwar sehr gering, aber Carola Maitra rechnet noch mit einem Anstieg der Zahlen. „Auch zum jetzigen Zeitpunkt ist es durchaus noch sinnvoll, sich gegen die Influenza zu impfen“, so die Ärztin. Zwar sei es im Herbst vorübergehend zu regionalen Liefer- und Versorgungsschwierigkeiten beim Grippeimpfstoff gekommen, diese seien aber inzwischen gelöst worden.

Müssen Patienten, die sich noch gegen die Grippe impfen lassen wollen und bereits Anspruch auf eine Impfung gegen das Coronavirus haben, bei der Abfolge etwas beachten? „Generell bestehen keine Einwände gegen eine zeitnahe Verabreichung des mRNA-Impfstoffes gegen Corona wie auch des Grippeimpfstoffes, der aus inaktiven Viruspartikeln besteht“, so Carola Maitra. Die beiden Impfungen hätten eine unterschiedliche Wirkungsweise. Da diesbezüglich beim Corona-Impfstoff aber noch keine Erfahrungen bestünden, sei es sicher kein Fehler, einen Abstand von mehreren Tagen einzuhalten.