1. Startseite
Logo

Zivilcourage bis zur blutigen Nase

352_0029_425909_Ludwigsburger_Kreiszeitung_8
„Sozial vernetzt und Alles klar“ – so der Titel eines von vier eigenen Theaterstücken, die Sandra Hehrlein und Jörg Pollinger regelmäßig auf die Bühnen der Region bringen. Die Rede ist vom Theater Q-Rage, zu dem als Dritter und als Musikverantwortlicher auch Pianist Michael Fiedler gehört. Pollinger: „Er ist als Musiker für uns ‚unwegdenkbar‘.“

Der Name des Trios sagt es schon: Es geht um couragiertes Verhalten im Alltag. Ausgebildete Theaterpädagogen sind die beiden Protagonisten und sehr breit aufgestellt. Ihrerseits eben auch äußerst gut vernetzt. Das zeigen die Kooperationen mit der Bundespolizei und dem Landeskriminalamt beim Stück „Zivilcourage“ oder mit der Stuttgarter Schwangerschafts- Beratungsstelle Donum Vitae bei dem Stück „Maria – ein Theater um die Liebe“. Sinnigerweise arbeiten die Unterfränkin und der gebürtige Leutenbacher bei ihrem Projekt „Buskultour“ mit den Ludwigsburger Verkehrslinien zusammen. Hehrlein: „Der Bus als fahrendes Theaterhaus.“

Das Genre, das die beiden bedienen, ist als Präventionstheater zu sehen, allerdings ohne Abschreckungstendenzen. Q-Rage baut keine Horrorszenarien auf, sondern will, bei aller Ernsthaftigkeit der dargestellten Themen, das Publikum in erster Linie unterhalten. Ihren Anfang nimmt die Karriere der beiden am 14. Januar 2004 in Rot an der Rot bei Ochsenhausen. Sandra Hehrlein erinnert sich ganz genau: Auf die Frage von Kollegen, ob sie nicht einen Abend lang eben diese unterhalten könne, antwortet sie, temperamentvoll, wie sie nun mal ist, mit einem spontanen Ja. Allerdings ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass man dafür vielleicht ein einigermaßen strukturiertes Programm bräuchte: „Wir haben Blut und Wasser geschwitzt.“

Und so setzen sie auf Improvisationstheater. Jörg Pollinger: „Wir konnten uns damals nicht vorstellen, mit Improvisationstheater eineinhalb Stunden zu füllen.“ Aus der (Zeit)Not heraus entwickeln die Beiden eine interaktive Wettlauf-Slow- Motion-Szene. Das Publikum ist begeistert und die Szene heute noch Bestandteil des Programms. Inzwischen, so schmunzelt Hehrlein, aber nicht, „weil wir keinen Abend füllen könnten“. Fast täglich stehen die 42-Jährige und ihr 44 Jahre alter Bühnenpartner mittlerweile auf der Bühne. Mit den Präventionsstücken oftmals in Schulen, abends und an den Wochenenden bei Kulturveranstaltungen. Ein weiteres Betätigungsfeld ist das Moderieren von offiziellen Anlässen, die gerne geprägt sind von vielen, meist nicht immer spannenden Reden und Grußworten diverser Ehrengäste. Pollinger spricht von Auflockerung, von „Entdrögung“. Daneben bieten Q-Rage Privatpersonen und Firmen auch Kurse im Bereich Schlagfertigkeit, sicheres Auftreten und Körpersprache an. Ziel dabei ist beispielsweise die Verbesserung von Teamfähigkeit.

Wer glaubt, das sei schon alles, was die beiden Schauspieler auf die Beine, respektive auf die Bühne stellen, irrt. Es gibt auch noch das Mordsdinner, bei dem das Publikum zwar nicht direkt in die mörderische Handlung einbezogen ist, aber mitspekulieren kann, wer denn wohl der Bösewicht sein könnte. Auch hier gilt die Q-Rage-Maxime des humorvollen Blicks auf die ernsten Dinge. Tatort ist das Ludwigsburger Restaurant „Allgäu“. Sandra Hehrlein: „Die Leute sollen Spaß haben. Das sehe ich als unsere Aufgabe, dem Publikum eine schöne Zeit zu bereiten.“ Bisweilen passiert – wie im richtigen Leben auch – Unvorhergesehenes. Jörg Pollinger erzählt von einem fingierten Handtaschenraub an einem regnerischen Tag auf dem Radolfzeller Marktplatz in Kooperation mit der Polizei zum Thema Wegschauen und Zivilcourage. Pollinger entreißt, ganz nach Plan, seiner Partnerin die Handtasche und versucht zu fliehen. Bevor die Polizisten in Zivil eingreifen können, schlägt ihm eine ältere Dame mit ihrem Regenschirm kräftig eins auf die Nase. Die Blutung wurde dann, so Pollinger, mit einem in eine Plastiktüte eingewickelten kühlen Schweineschnitzel vom benachbarten Fleischereistand gestillt.