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HAUS DES JUGENDRECHTS
Zusammenarbeit unter einem Dach

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In Ludwigsburg soll es bald ein Haus des Jugendrechts geben, wo Polizei und Justiz zusammenarbeiten sollen, um auf Straftaten von Jugendlichen zeitnah reagieren zu können. Vorbild ist Pforzheim, wo es bereits seit sieben Jahren eine solche Einrichtung gibt. Ein Besuch in Pforzheim gibt einen Überblick über das Projekt.

Jugendliche, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, sollen schnellstmöglich Konsequenzen für ihr Verhalten bekommen: Das ist ein Ziel von Häusern des Jugendrechts. Wie im Juli berichtet, soll es bald auch in Ludwigsburg eine solche Einrichtung geben. Das haben das Polizeipräsidium Ludwigsburg zusammen mit den Staatsanwaltschaften Stuttgart und Heilbronn sowie dem Landratsamt Ludwigsburg beschlossen. Im Haus des Jugendrechts arbeiten Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe im Strafverfahren zusammen – und das unter einem Dach. Ein Konzept, das Erfolg hat. Das zeigt zumindest das Haus des Jugendrechts in Pforzheim, das seit 2012 besteht und als Vorbild für Ludwigsburg dient.

Dort arbeiten 13 Polizeibeamte, derzeit sechs von der Kriminalpolizei und sieben von der Schutzpolizei. Außerdem sind die drei Staatsanwälte, die im Bereich des Jugendstrafrechts tätig sind, immer wieder vor Ort, hauptsächlich als Ansprechpartner für die Polizeibeamten. Außerdem mit im Haus des Jugendrechts in Pforzheim untergebracht: der Bezirksverein für soziale Rechtspflege. Dieser bietet für die Jugendlichen etwa Antiaggressionstraining und den Täter-Opfer-Ausgleich an, bei dem Täter und Opfer mit der Hilfe eines unparteiischen Vermittlers über den Konflikt reden und so einen Rechtsstreit verhindern können. In Ludwigsburg sollen künftig Polizei, Staatsanwaltschaft und die Jugendhilfe vom Landratsamt zusammen unter einem Dach arbeiten. Im Zuständigkeitsbereich der Polizeireviere Ludwigsburg und Kornwestheim sollen sie sich um alle Straftaten von Minderjährigen kümmern. Aus dem restlichen Landkreis werden nur die Delikte bearbeitet, die die Kriminalpolizei betreffen.

„Das enge Verhältnis ist ein Vorteil. Wir sind alle per Du.“
Achim Jung Kriminalhauptkommissar

„Das enge Verhältnis ist ein großer Vorteil. Wir sind alle miteinander per Du“, sagt Achim Jung. Der Kriminalhauptkommissar arbeitet seit November 2018 im Haus des Jugendrechts und wird im kommenden Jahr die Leitung übernehmen. Jeden Montag gibt es in der Einrichtung in Pforzheim eine Hausbesprechung, bei der neben der Polizei einer der drei zuständigen Staatsanwälte sowie Vertreter der Jugendämter Pforzheim und Enzkreis und des Bezirksvereins für soziale Rechtspflege anwesend sind. Bei dem Treffen wird besprochen, was in der vergangenen Woche angefallen ist. Außerdem geht es um konkrete Fälle und die Frage, was bei diesen getan werden sollte. „Bei besonders schwerwiegenden Fällen rufen wir eine Fallkonferenz ein“, so Jung. Daran sind neben den Institutionen im Haus des Jugendrechts auch der betroffene Jugendliche und seine Eltern beteiligt. „Jeder hat dann die Möglichkeit, seine Position zu erklären“, sagt Achim Jung.

Die Polizei berichtet, wegen was Anzeige erstattet wurde, der Staatsanwalt kann auf bereits begangene Begehen hinweisen. Das Jugendamt erklärt, was bereits für den Jugendlichen oder die Familie getan wird und der Bezirksverein erläutert, was er tun könnte. Danach haben der Jugendliche und seine Eltern die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu beschreiben. „Der klare Vorteil ist: Man spricht miteinander“, so Jung. Außerdem sehe der Staatsanwalt, ob und gegebenenfalls wie sich das Verhalten des Jugendlichen nach der Fallkonferenz verändert und kann dementsprechend entscheiden, ob er ihm Arbeitsstunden auferlegt oder unter Arrest stellt.

„Uns liegt am Herzen, das Projekt zeitnah zu realisieren.“
Burkhard Metzger Polizeipräsident

Die Staatsanwaltschaft führt auch Ermahnungsgespräche im Haus des Jugendrechts. „Das zeigt, dass Staatsanwaltschaft und Polizei zusammenarbeiten“, sagt Achim Jung. Außerdem bearbeiten die Polizeibeamten im Haus des Jugendrechts Vermisstenfälle und kümmern sich um Schulschwänzer. Das ist auch in Ludwigsburg künftig geplant. „Es macht Sinn, wenn alles unter einem Dach bearbeitet wird“, sagt Jung. Wenn Jugendliche mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt kommen, bearbeitet im Pforzheimer Haus des Jugendrechts wenn möglich immer der gleiche Sachbearbeiter den Fall. „Man kennt dann seine Vögel irgendwann“, so der Polizist. In Ludwigsburg ist man derzeit auf der Suche nach einem passenden Gebäude für ein Haus des Jugendrechts. „Wir haben uns bereits Immobilien angeschaut“, sagte Polizeipräsident Burkhard Metzger vor wenigen Wochen. Darunter auch die ehemaligen Räume einer Spielwarenkette im Bahnhof. Das sei aber nicht geeignet gewesen, weil es sich um eine große Verkaufsfläche handelt.

Zum Haus des Jugendrechts in Pforzheim gehören zwei Stöcke. Darin sind ein Besprechungszimmer, ein Vernehmungsraum sowie ein Raum für Auswertungen untergebracht. Die Mitarbeiter sitzen in Gruppenbüros. „Optimal wären Einzelzimmer“, sagt Achim Jung. Dann wäre es einfacher, Telefonate oder persönliche Gespräche zu führen. Außerdem seien kurze Wege wichtig. Von den Räumen in Pforzheim ist man in wenigen Minuten beim Jugendamt der Stadt und des Enzkreises.

Burkhard Metzger, der bereits als damaliger Dienststellenleiter in Pforzheim an der Realisierung der Einrichtung beteiligt war, ist sich sicher, dass es auch in Ludwigsburg klappt. „Uns liegt es am Herzen, das Projekt zeitnah zu realisieren“, sagte er gegenüber unserer Redaktion. Ob ein Ludwigsburger Haus des Jugendrechts wohl schon im nächsten Jahr Wirklichkeit werden könnte? „Wir hoffen, dass wir 2020 eröffnen können und werden alles dafür tun.“