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Gericht
Schüler erpressen als neueste Mode

Abhängen und aus Jux von einem Schüler Geld erpressen: Das brachte einen 18-Jährigen – selbst noch Schüler – vor das Ludwigsburger Jugendschöffengericht. Ein Polizeibeamter sagte als Zeuge dazu, es gebe schon eine „Einsatzkonzeption Marstall“, weil so etwas inzwischen permanent vorkomme.

Ludwigsburg. Im Falle des 18-Jährigen aus Remseck stand nicht nur die versuchte räuberische Erpressung zur Debatte, sondern auch eine damit einhergehende Körperverletzung an dem 17-jährigen Schüler aus Eglosheim. Der Vorfall ereignete sich am 26. März dieses Jahres gegen 20 Uhr im Treppenabgang zur Tiefgarage des Marstalls in Ludwigsburg. Der Angeklagte hatte in Erfahrung gebracht, dass der Schüler 30 Euro dabeihatte. Dieses Geld forderte er, wobei er den Schüler am Hals packte und an die Wand drückte. Der Anklageschrift zufolge hat er dabei gesagt „Ich schlag dich“ und dem Schüler in die Hüfte getreten. „Gib mir das Geld oder ich schlag dich aufs Maul.“ Der Schüler widersetzte sich der Forderung, weil er die 30 Euro für den nächsten Tag brauchte.

Der Beschuldigte wollte sich zu den Tatvorwürfen nicht äußern. Zu seiner Person machte er aber dann doch Angaben, denn das Gericht hatte zu entscheiden, ob auf ihn noch Jugendstrafrecht oder das allgemeine Strafrecht angewendet wird. Dann stünde auf eine solche Straftat ein Jahr Mindeststrafe.

Mit fünf Geschwistern aufgewachsen und nicht in der Lage, eine Lehrstelle zu finden, stellte sich Richterin Dr. Franziska Scheffel und zwei Laienrichtern nicht nur ein „kindlicher“, sondern auch ein „fauler“ Angeklagter vor. Er sei wegen „Faulheit“ schon mal aus der Schule geflogen. Sein Berufswunsch lautet „selbstständig“, wovon ihm das Gericht dringend abriet. Im Übrigen musste er sich von der Jugendrichterin sagen lassen: „Wenn man als so junger Mensch morgens nicht aus dem Bett kommt, um zur Arbeitsagentur zu gehen und sich helfen zu lassen, nennen wir das antriebslos.“

Wer den ganzes Vorfall im Einkaufszentrum als Zeuge noch einmal schilderte, war der erpresste Schüler. Er sprach vom sogenannten Garagentreffen im Abgang zur Tiefgarage zum gemeinsamen Abhängen, in Jugendsprache Chillen. Der Angeklagte hätte zunächst verlangt, dass er diesem einen Döner kauft, das habe er aber verweigert. „Dann hat er meine Umhängtasche gepackt, damit ich nicht abhauen kann“, fuhr der Schüler fort, „und mir einen Kick in den Oberschenkel gegeben, worauf ich so tat, als ob ich weine.“ Der 17-Jährige konnte flüchten und die Polizei verständigen.

Die Polizeibeamten ermittelten im Umfeld der Beteiligten, von denen einer meinte, es habe sich um eine Spontantat des Angeklagten gehandelt. Dieser würde so etwas allerdings jeden dritten Tag tun. Wie sich herausstellte, hatte dieser Zeuge selbst einem anderen Jugendlichen eine Jacke und eine Uhr abgenommen.

Der Angeklagte hatte bei der Vernehmung durch die Polizei keine Angaben gemacht und sich auf Erinnerungslücken berufen. Nicht anders als vor Gericht. Das bewahrte ihn nicht vor einer Verurteilung zu 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit und zur Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs.

„Sie sind noch weit, weit entfernt von einem Erwachsenen“, blickte die Richterin bei der Urteilsverkündung noch einmal in die Akte und fand ein Facebook-Profil, in dem stand: „Aus Mexiko (gemeint war Ludwigsburg), hat hier studiert und ist Chef bei Louis Vuitton.“ Gleichzeitig hat ihn das Gericht an die Jugendberatung der Karlshöhe angebunden. Sollte der junge Mann dem nicht folgen, muss er sechs Wochen in die Jugendarrestzelle nach Göppingen.