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Gastronomie
Abkehr von 2G+ und Sperrstunde: Ein Lichtblick, aber keine Euphorie bei Wirten im Kreis Ludwigsburg

Auch im Mundelsheimer Ochsen von Christian Kölbl gilt jetzt wieder die 2G-Regel.Foto: Andreas Becker
Auch im Mundelsheimer Ochsen von Christian Kölbl gilt jetzt wieder die 2G-Regel. Foto: Andreas Becker
In Restaurants, Cafés und Bars gilt seit Freitag wieder die 2G-Regel, die Sperrstunde ist aufgehoben – ein Lichtblick für die in der Pandemie leidgeprüfte Gastronomie. Wirte im Landkreis Ludwigsburg sind trotz dieser jüngsten Lockerung der Coronaverordnung weit davon entfernt, in Euphorie zu verfallen.

Kreis Ludwigsburg. Christian Kölbl, der Wirt der Mundelsheimer Traditionsgaststätte Ochsen, wurde am Freitag wieder mal von einer Änderung der Coronaverordnung überrascht. Das ist längst Alltag für ihn und seine Frau Ricarda, die für die Lektüre der Neufassungen zuständig ist.

Diesmal dürfte sie beim Schmökern eher erfreut gewesen sein, denn die Landesregierung hat die Vorgaben gelockert. Ab sofort gilt wieder die Alarmstufe 1. Somit entfällt die Sperrstunde ab 22.30 Uhr, gastronomische Betriebe können wieder länger öffnen. Und 2G-plus wird wieder zu 2G, Geimpfte und Genesene müssen also keinen negativen Coronatest mehr vorlegen.

Wirte im Landkreis Ludwigsburg reagieren dennoch verhalten, obwohl sich diese Änderung eher positiv auf das Geschäft auswirken dürfte. Alleine Im Januar etwa wurden im Ochsen vier Geburtstagsfeiern storniert, bei denen Kölbl 185 Gäste bewirtet hätte. „Aber es durften maximal zehn Personen gemeinsam feiern, das war einfach nicht interessant.“

Künftig darf er wieder größere Gesellschaften empfangen. Erst am Freitag habe er mit einem Brautpaar gesprochen, das 70 Gäste zu seiner Hochzeit einladen will. „Man weiß natürlich nicht, ob alle Gäste kommen“, so Kölbl, „aber das Brautpaar freut sich schon“. Der Wegfall der Sperrstunde dagegen wirkt sich kaum aus, weil der Ochsen regulär um 23 Uhr schließt. Die halbe Stunde weniger hat wohl niemanden von einem Restaurantbesuch abgehalten.

Der Zeitpunkt der Lockerung überrascht den Ochsen-Wirt

Er wolle nicht jammern, betont Kölbl. Vorgaben wie die reduzierte Zahl der Sitzplätze seien natürlich nicht gerade gut für das Geschäft. „Man merkt schon, dass weniger Tische im Lokal stehen.“ Aber dank seiner Stammgäste und durch Mitnahmeangebote habe er Umsatzverluste in der Krise zumindest einigermaßen kompensieren können.

„Es war uns immer wichtig, die Coronaregeln einzuhalten“, sagt Kölbl. „Es ging schließlich um Gesundheitsschutz.“ Dass die Zügel ausgerechnet in einer Zeit gelockert werden, in der sich immer mehr Menschen mit der Omikron-Variante anstecken, überrascht den Ochsen-Wirt allerdings. „Die Zahlen sind jetzt deutlich höher als noch vor einigen Wochen. Da kann ich schon verstehen, wenn viele Menschen diese Maßnahme zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr nachvollziehen können.“

Sie sei sehr gespannt auf 2G, sagt Pia Heidler, Inhaberin des Café Provinz in Marbach. Der Januar verlief bei ihr eher ruhig, das sei auch vor der Coronakrise nicht anders gewesen. Die Gäste seien in der Pandemie aber grundsätzlich sehr vorsichtig geworden, hat Heidler beobachtet. Daran werde sich wohl, zumindest kurzfristig, auch nach der jüngsten Lockerung nichts ändern.

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Den Umsatzrückgang habe sie deutlich gespürt, so die Inhaberin. Nicht selten habe sie nur noch gearbeitet, um laufende Kosten wie Strom, Wasser und Miete bezahlen zu können. Mitunter seien so wenige Gäste im Café gewesen, dass sie sich wie im heimischen Wohnzimmer gefühlt habe. Das sei gelegentlich ganz angenehm gewesen, sagt Heidler, auf Dauer aber zur Belastung geworden. „Es gab schon Tage, an denen ich überlegt habe, ganz aufzuhören.“

Nach dem Wegfall der Sperrstunde könnte sie wieder länger öffnen. Trotzdem will Heidler zunächst noch abwarten. „Ich schaue mir erst mal an, wie es jetzt weitergeht.“ Sie hofft aber, dass die schlimmsten Zeiten überwunden sind. „Ich habe das Gefühl, dass es langsam, aber sicher wieder aufwärtsgeht.“ Das hätte nicht zuletzt den positiven Nebeneffekt, dass sie nicht ständig neue Coronaverordnungen umsetzen müsste. „Langsam habe ich davon wirklich einen Knoten im Hirn“, schmunzelt Heidler.

Dass jetzt wieder 2G gelte, sei eine Erleichterung, räumt Karl Cantz ein.

Der Betrieb kann nicht beliebig herauf- und heruntergefahren werden

„Die 2G-plus-Regel war tödlich“, so der Wirt des Hessigheimer Gasthauses Cantz. „Aber 2G ist noch nicht das, was wir eigentlich brauchen.“ Corona habe sich in den Köpfen festgesetzt, „das wird uns noch länger beschäftigen“.

Cantz hat sein Restaurant nur noch freitags bis samstags geöffnet, diese Regelung will er zumindest in den nächsten zwei bis drei Wochen beibehalten. Schließlich könne es jederzeit passieren, dass die Coronamaßnahmen wieder verschärft werden. „Hatten wir alles schon“, sagt der Wirt.

Der Lokalbetrieb könne nicht beliebig rauf- und runtergefahren werden, alleine schon wegen des Personalbedarfs. Viele Mitarbeiter seien längst abgewandert und hätten in anderen Branchen Fuß gefasst, erzählt Cantz. „Das ist nicht so, wie wenn man sich in ein Auto setzt und einfach losfährt. Das hat langen Vorlauf. Außerdem arbeiten wir mit Lebensmitteln, die wir wegschmeißen müssen, wenn keine Gäste kommen.“

Er wolle sich erst mal langsam an die neue Lage herantasten, meint auch der Hessigheimer Wirt. „Ein ganz normaler Betrieb wird wohl erst möglich sein, wenn es keinerlei Vorschriften mehr gibt.“