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Staatsanwaltschaft
Bandenkriminalität nimmt zu

Mit speziellen Geräten werden die Codes für die Schlösser geknackt, die Autos dann gestohlen.Foto: fotolia
Mit speziellen Geräten werden die Codes für die Schlösser geknackt, die Autos dann gestohlen. Foto: fotolia
Oberstaatsanwalt Frank Rebmann sieht im Rückblick auf das Jahr 2018 bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn „Licht und Schatten“: Die Verfahren wegen Wohnungseinbrüchen seien deutlich zurückgegangen. Die Bandenkriminalität mit Autodiebstahl in großem Stil von Tätern aus Litauen beschäftigt die Staatsanwaltschaft aber zunehmend. Gleiches gilt für Verfahren wegen Drogendelikten.

Marbach/Heilbronn. 35.000 Ermittlungsverfahren gegen bekannte Tatverdächtige wurden insgesamt eingeleitet. Die organisierte Bandenkriminalität ist ein Schwerpunktthema, das die Staatsanwaltschaft, die für den nördlichen Teil des Landkreises Ludwigsburg zuständig ist, bei der Bilanz des Jahres 2018 nennt. „Das sind häufig umfangreiche Verfahren mit einem hohen Ermittlungsaufwand“, sagt Rebmann. Die internationale Zusammenarbeit werde hierbei immer wichtiger. Von Banden aus Litauen werden hauptsächlich teure Autos gestohlen, indem sie die Funkwellen des zum Auto gehörenden Schlüssels aufnehmen und so das Auto knacken. „Der einzige Haken ist nur, dass der Motor während der Fahrt nach Litauen nicht ausgehen darf. Sie tanken also bei laufendem Motor“, so Rebmann. Die Autos werden auf Bestellung zum Beispiel nach Tadschikistan geliefert. Es werden in einer Nacht wie am Fließband Autos geknackt, bis zu 107 Einzelverfahren in 20 Tatserien kommen so zusammen. Bei einem Verfahren gegen eine 20-köpfige Bande aus Litauen mit 20 geklauten Autos im Wert von 1,8 Millionen Euro war die zuständige Dezernentin selbst in Litauen, um die Beweismittel vor Ort zu sichern und die Beschlüsse dort zu beantragen. Die Zusammenarbeit funktioniere hervorragend. „Da sind nach einem halben Tag die Vernehmungsergebnisse schon da.“ Fälle gab es auch in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Sie alle werden gesammelt und daraus dann ein Paket geschnürt.

Auch der Enkeltrick oder die falschen Polizisten gehören zur Bandenkriminalität. Mit einem Gewinnspielversprechen ergaunerte eine deutsche Familie Geld. Sie agierten von einem Callcenter in der Türkei aus, ließen sich das Geld an eine reale Adresse dort schicken und konnten deshalb bei der Wiedereinreise nach Deutschland gefasst werden.

Die Gewaltkriminalität geht seit 2008 stetig nach oben. Hierzu zählen Mord, Totschlag, Vergewaltigung, räuberische Erpressung. 2008 waren es 803 Verfahren, 2018 waren es 1294 Fälle, eine Zunahme um 61 Prozent. Die Opfer sind häufig schwer verletzt und danach traumatisiert. Oft spielt Alkohol eine Rolle. Zu den versuchten Tötungsdelikten zählt auch der Marbacher Fall mit der Brandstiftung in einem Wohnwagen sowie die Gruppe von jungen Männern, die in Marbach zwei Polizisten attackierten (siehe Kasten). Die Zunahme ist auf erwachsene Tatverdächtigte beschränkt, bei den jüngeren gehen die Zahlen zurück.

Die 3408 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz machen immerhin zehn Prozent der Verfahren aus, die Zahl bleibt konstant hoch. „Das setzt sich 2019 fort, dann werden wir bei mehr als 4000 Fällen sein“, so Rebmann. Ab September werden sich acht Staatsanwälte um die Verfahren kümmern. Für Aufsehen sorgten die Drogenverkäufe auf dem Heilbronner Marktplatz sowie die beiden Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Heilbronn, die Betäubungsmittel an Insassen weitergaben. In der Bevölkerung soll aber auch ankommen, dass die Staatsanwaltschaft hart durchgreife. „Wir schauen nicht zu, wir hauen drauf“, wird Rebmann plastisch.

Die Verkehrsdelikte machen 21 Prozent der Verfahren aus, Diebstahl und Unterschlagung elf Prozent und vorsätzliche Körperverletzung neun Prozent. Einen Rückgang auf 39 Fälle gab es bei den Kapitalverbrechen Mord und Totschlag. Die Zahl der Sexualdelikte nahm seit Ende 2016 ebenfalls um 60 Fälle zu, was aber daran liegt, dass das Sexualstrafrecht verschärft wurde und nun auch Grapschen als Tatbestand gilt. Auch hatte die Staatsanwaltschaft 2016 einen großen Komplex mit Kinderpornografie. Die Wirtschaftskriminalität nimmt seit 2015 wieder zu.

Bei den Wohnungseinbrüchen bearbeitete die Staatsanwaltschaft 2015 noch mehr als 1000 Verfahren, 2018 waren es noch 399, dies entspricht einem Rückgang um 60 Prozent. „Da wirkt sich die verstärkte Präventionsarbeit der Polizei aus“, so Rebmann. Die Zahl ist für Rebmann besonders wichtig, da sie der Bevölkerung Sicherheit vermittelt. Auch bei den Tötungsdelikten halbiert sich die Zahl der Verfahren auf 30 Fälle.

Insgesamt führen die 35.000 Verfahren in 25 Prozent der Fälle zu einer Anklage bei Gericht oder zu Strafbefehlen, 62 Prozent enden mit einer Geldstrafe.

Die Staatsanwaltschaft Heilbronn ist im Landkreis Ludwigsburg zuständig für die Amtsgerichte Besigheim, Brackenheim, Künzelsau, Marbach, Öhringen, Schwäbisch Hall und Vaihingen mit rund 900.000 Einwohnern. Sie hat 117 Mitarbeiter, 40 davon Staatsanwälte.