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Oldtimer
Der sechste Zylinder und die Maus

Der Leichenwagen als Blickfang bei den Tobias-Mayer-Classics. Fotos: Ramona Theiss
Der Leichenwagen als Blickfang bei den Tobias-Mayer-Classics. Foto: Ramona Theiss
Manche Fahrzeuge waren ganz ohne Verdeck.
Manche Fahrzeuge waren ganz ohne Verdeck.
Auch wirklich alte Wagen waren am Start.
Auch wirklich alte Wagen waren am Start.
Den sechsten Zylinder trug Werner Gauggel aus Mühlhausen-Ehingen auf dem Kopf. Die anderen fünf schlummerten unter der Motorhaube des Diesel-Mercedes aus dem Jahr 1978. Dort drinnen schlafe es sich sehr gut, erzählte er. Sein Fahrzeug war Blickfang bei den 7. Tobias-Mayer-Classics.

Marbach. Erstmals nahm Gauggel aus dem Hegau mit seinem zum Wohnmobil umgebauten Leichenwagen an der Rallye teil, die auch wieder zahlreiche Zaungäste auf die Schillerhöhe lockte. Die Sargschiene wurde bei Gauggel zum Tisch und drinnen ermöglichte eine dicke Matratze friedliches Schlummern. „Meine Kinder fahren damit auch schon mal zu Open-Air-Konzerten“, erzählte er. Manch einer blickte verschämt zu diesem top gepflegten Gefährt mit den blitzblanken Felgen und dem am Innenspiegel baumelnden Flugsaurier-Skelett. Als Bestattungsfahrzeug dürfe er auch in Stuttgart unterwegs sein – trotz Diesel, so Gauggel. Der Motor tuckerte und hält nach Einschätzung seines Besitzers auch noch einige Zeit durch. Denn was seien schon 230 000 Kilometer auf dem Tacho. „Das beste Auto ist immer ein Kombi“, gab Gauggel den Neugierigen mit auf den Weg und lachte.

Schwarzer Humor funktionierte auch bei der Versammlung von 80 betagten Fahrzeugen mit ihren mitunter doch recht skurrilen Besitzern, die sich vom Platz des Schiller-Nationalmuseums aus wieder auf eine 100-Kilometer lange Tour durch die Region machten. Das Roadbook war vom Team des Tobias-Mayer-Vereins mit dessen Cheforganisator Gerhard Schreiber ausgearbeitet worden und so machten sich die Starterinnen und Starter sukzessive auf den Weg Richtung Kleinaspach und wieder zurück samt Sonderrunde um Affalterbach. Gleichmäßigkeitsprüfungen gehörten ebenfalls wieder zur Ausfahrt, es hieß also dosiert Gas geben. Teilnehmen durften Fahrzeuge, die mindestens 20 Jahre alt waren.

Die Jüngeren unter den ganz Alten gelten gemeinhin als Youngtimer. Etwa der VW-Polo, in dem die vier Passagiere gehörig zusammenrücken mussten, aber sich bei aller Enge irgendwie wieder jung fühlten. Über 40 Jahre hat der Leichenwagen von Werner Gauggel auf dem Buckel und zählt somit zum automobilen Mittelalter.

Mit einem über 80 Jahre alten Schätzchen war Barbara Richter aus Remseck angereist. Der Riley-Rennwagen strahlte das aus, was man gemeinhin unter einem Oldtimer versteht. Samt blankpolierter Kühlerfigur, geschwungenen Linien und englischem Stil. Ein Dach gab es nicht und Barbara Richter trug Lederhaube sowie Brille. „Er fährt sich recht gut, aber er ist nicht leicht zu lenken“, berichtete die verwegene Pilotin, die bei Ausfahrten auch immer ihren Glücksbringer dabei hat. Die graue Kuschelmaus blickte neugierig aus dem Cockpit heraus.

Ohne gutes Kartenmaterial funktioniert eine solche Oldtimer-Rallye nicht und so war die Veranstaltung auch dieses Jahr eine Reminiszenz an den in Marbach geborenen Kartographen, Astronomen und Mathematiker Tobias Mayer. Der Verein erinnert an dessen Leben und Leistungen mit einem eigenen Museum. Und die erstmals 2015 ausgetragene Rallye ist eine wichtige Einnahmequelle.