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Natur
Die neue Lust am eigenen Gemüse

Kathrin und Claus-Dieter Zeyher sind Gartenprofis und lieben die große Sortenauswahl in der Gärtnerei. Foto: Andreas Becker
Kathrin und Claus-Dieter Zeyher sind Gartenprofis und lieben die große Sortenauswahl in der Gärtnerei. Foto: Andreas Becker
So einen Ansturm wie in den vergangenen Wochen hat Martin Betz schon lange nicht mehr erlebt: Die Kunden rissen ihm beinahe die Tomatenpflanzen aus den Händen. „Durch Corona schiebt sich das Bewusstsein für gesunde Lebensmittel wieder in den Vordergrund“, sagt er.

Marbach/Erdmannhausen. Genau das ist dem Marbacher Gärtner wichtig: „Ich möchte, dass die Leute zum Gärtnern finden, dass sie sich auf die Natur besinnen und wissen, wie eine Tomate wirklich schmeckt“, sagt Betz. Er möchte die Marbacher Traditionsgärtnerei mit seiner Schwester zu neuem Leben erwecken. Gegründet 1903 vom Opa hat sich Betz vor allem mit dem Verkauf von Tomatenpflanzen einen Namen gemacht. Dazwischen war die Gärtnerei verpachtet, vergangenes Jahr geschlossen. 25 Prozent Neukunden seien dieses Jahr gekommen, vor allem die Zahl der jungen Eltern sei gestiegen. „Durch Corona sind die Leute verstärkt an Pflanzen und Garten interessiert“, hat Betz beobachtet.

Was jetzt noch im Gewächshaus steht, ist der klägliche Rest. Zucchini gibt es keine mehr, auch keine Paprika oder Auberginen. Sandra und Thomas Vollrath aus Kornwestheim sind auf der Suche nach Tomaten, aufmerksam lesen sie die Pflanzenbeschreibungen durch – „Sehr hilfreich“, loben sie. Seit Jahren haben sie einen Garten, pflanzen Paprika, Zucchini und Tomaten an. „Der Garten gibt mir etwas zurück. Ich kann die Früchte meiner Arbeit ernten“, sagt sie. Claus-Dieter und Kathrin Zeyher aus Schwaikheim sind als Besitzer von sechs Streuobstwiesen und einem Freizeitgrundstück schon alte Hasen im Gartengeschäft. Mit den Kindern fing es an: „Es war mir wichtig, dass sie wissen, woher das Gemüse kommt und dass die Tomate nicht im Supermarkt wächst“, sagt Kathrin Zeyher. Die Schwaikheimer sind heute nochmal da, um Tomaten- und Zucchinipflanzen zu kaufen, da wahrscheinlich ein Waschbär die bereits ausgesäten Pflanzen abgefressen hat. Sie schätzen bei der Marbacher Gärtnerei vor allem die große Auswahl an Sorten. „Hätte die Fußball-WM stattgefunden, hätten wir einen schwarz-rot-gelben Tomatensalat machen können“, sagt Claus-Dieter Zeyher.

Wenn er das hört, freut sich Martin Betz: „Wir wünschen uns, dass die Leute sich selbst versorgen können“, sagt er. Deshalb hat er sich mit seiner Schwester Gabriele auch des Familienbetriebs wieder angenommen. Der Charme der alten Gewächshäuser aus den 60er-Jahren soll genauso erhalten bleiben wie die Auswahl und die Beratung. „Wir wollen die Tomaten auf die Balkone bringen. Jeder soll hier sein Pflänzle finden“, sagt er. Bei 132 verschiedenen Tomaten, 15 Auberginen- und 17 Zucchinisorten sowie Paprika- und Kürbispflanzen sollte dies nicht so schwer sein. Im Sommer soll der Hofladen wieder geöffnet sein.

Auch Sabine Roth vom Obst- und Gartenbauverein Erdmannhausen kann den Trend bestätigen. Waren früher „die Stückle“ kaum an den Mann zu bringen, bekommt der OGV inzwischen immer mehr Anfragen nach Gartengrundstücken. Als Grund nennt sie nicht nur Corona, sondern auch, dass die Gärten in den Neubaugebieten immer kleiner werden. Vor Corona habe der OGV bereits Lehrkurse angeboten, dies soll nach der Krise auch wieder der Fall sein. Auch gibt der OGV Tipps, wie man sich ein Hochbeet bauen kann und wie man es bestückt. Gut gingen Erdbeeren mit Kresse, Ackersalat, Rote Bete und Paprika. Zucchini indes seien sehr raumgreifend und deshalb weniger geeignet. Um eines komme man aber nicht herum: „Auch einen Balkonkasten muss man pflegen. Und es gibt nichts, was von März bis September immer blüht“, sagt Sabine Roth lachend. Tomaten und Gurken, auch die kleinen Minivespergurken, könne man gut in einem Topf auf dem Balkon anbauen. Ein guter Dünger sei notwendig. Rankende Erdbeeren funktionierten auch.

Im Garten eigneten sich für die ersten Versuche Blau- und Weißkraut, Rote Bete und Salate. In einer guten Gärtnerei vor Ort könne man sich beraten lassen. Dann wäre vielen vielleicht auch nicht der erste Gärtnerfehler unterlaufen: „Viele haben schon vor den Eisheiligen gepflanzt und dann sind die Pflanzen erfroren.“ Jetzt könne man aber problemlos loslegen.