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Gemeinsames Singen in den Zugwiesen

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„Neben der wirtschaftlichen und energetischen Nutzung ist es wichtig, dass die Menschen den Neckar als ökologisches System erleben“, sagte der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller beim Aktionstag „Unser Neckar“ im Bereich der Schleuse Poppenweiler. Das dortige Biotop Zugwiesen bezeichnete Untersteller als Vorzeigeprojekt und als positiven Standortfaktor.

Der Ludwigsburger Baubürgermeister Michael Ilk, der mit Untersteller sowie weiteren Bürgermeisterkollegen der „Grünen Nachbarschaft“ per Schiff zum Aktionsgelände zum Aktionsgelände angereist war, appellierte an grenzüberschreitendes, vernetztes Denken, um die Vielfalt der Natur zu erhalten. Der Aktionstag stand dabei nicht nur im Zeichen des Neckars als Lebensraum, sondern es wurde auch das fünfjährige Bestehen des Neckarbiotops Zugwiesen gefeiert.

Für Günther Schlecht von der Abteilung Grünflächen und Ökologie der Stadt Ludwigsburg hat das Zugwiesenprojekt aber bereits eine 20-jährige Geschichte. Denn so lange war es Thema, bevor schließlich die naturnahe Umgestaltung gelang. „Es ist etwas Sagenhaftes entstanden“, sagte Schlecht, doch er wies im von Uli Ostarhild moderierten Bühnenprogramm auch auf Konflikte hin.

Im Mittelpunkt stehen die Nilgänse und die Kormorane, zwei Vogelarten, die sich stark ausbreiten und Probleme mit sich bringen. Wie Schlecht gegenüber unserer Zeitung mitteilte, soll deshalb im November ein runder Tisch mit Anglern, Vogelschützern, Landwirten, Jägern und Zugwiesenguides stattfinden, um Lösungen zu finden. Es gehe dann um die Frage, ob man der Natur freien Lauf lassen oder eingreifen solle.

Dass die Zugwiesen ein Paradies für viele Vogelarten sind, machten Konrad Gaus vom Nabu Ludwigsburg und der Ornithologe Ronald Meinert deutlich, beide wiesen aber auch darauf hin, dass durch die starke Vegetation derzeit ein Schwund gerade bei den Arten zu verzeichnen sei, die freie Flächen brauchen. Gezielte Pflegemaßnahmen würden hier Abhilfe schaffen. Albert Scholpp vom Landwirtschaftsamt und Landwirt Björn Lemberger nannten vor allem Nil- und Graugänse als Problemfälle. Sie kommen in Scharen und fressen die Felder bei den Zugwiesen ab. Ebenfalls heikel: die Kotmengen der Tiere. Scholpp befürchtet zunehmende Schäden für die Landwirte.

Die steigende Zahl der Kormorane, immerhin eine geschützte Vogelart, sehen vor allem Angler mit Sorgen. Laut dem Fischereibiologen Rolf Haberbosch gibt es hier wieder 23 Fischarten und damit mehr als doppelt so viel wie vor der Umgestaltung. Ein großer Erfolg, der aber durch nicht heimische Fischarten sowie durch den Kormoran, der als besonders gefräßiger Fischjäger gilt, getrübt werde. Hans-Hermann Schock vom Württembergischen Anglerverein rief die Naturschutzorganisationen auf, Scheuklappen abzulegen und entsprechend zu handeln.

Der Aktionstag war aber nicht nur zur Information und Diskussion da, im Mittelpunkt stand eben das Erleben. Flüsse werden bekanntlich gerne besungen, und so setzte sich Patrick Bopp von der Gruppe Füenf ans Piano, um mit dem Publikum den Neckar zum Klingen zu bringen – mit „Down by the Riverside“ oder „Ein Schiff wird kommen“. Die Schiffe kamen tatsächlich, sie legten an und konnten besichtigt werden.

Es gab Bewirtungsstände, und bei fast schon sommerlichen Temperaturen strömten die Besucher mit dem Fahrrad oder zu Fuß herbei, um die Flusslandschaft auf sich wirken zu lassen. Angeboten wurden auch Kanufahrten auf dem Neckar, Schleusen- und Kraftwerksführungen sowie eine Tour durch die Weinberge. Denn zum Neckar gehören auch die Steillagen, und Ludwigsburg zählt laut Weinerlebnisführer Günther Schuster mit 28 Hektar zu den großen Steillagenkommunen in Württemberg.