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Verkehr
Hohe Spritpreise belasten Busbetriebe auch im Landkreis Ludwigsburg

Busse von Spillmann und LVL Jäger. „Jetzt ist die beste Gelegenheit, auf ÖPNV umzusteigen, in diesem Bereich bleiben die Preise jetzt unverändert“, sagt Spillmann-Geschäftsführer Bülent Menekse. Fotos: privat/ A. Drossel
Busse von Spillmann und LVL Jäger. „Jetzt ist die beste Gelegenheit, auf ÖPNV umzusteigen, in diesem Bereich bleiben die Preise jetzt unverändert“, sagt Spillmann-Geschäftsführer Bülent Menekse. Foto: privat/ A. Drossel
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Verkehrsunternehmen leiden unter den hohen Spritpreisen und weiter unter den Folgen der Coronakrise. Zwei Beispiele aus dem Kreis Ludwigsburg

Kreis Ludwigsburg. „Die wirtschaftliche Lage in den Busbetrieben ist extrem angespannt“, sagt Bülent Menekse. Die Dieselpreise seien so hoch wie nie und könnten wegen des Ukraine-Kriegs auf diesem Rekordniveau bleiben. Menekse, Geschäftsführer des Reise- und ÖPNV-Busunternehmens Spillmann in Bietigheim-Bissingen mit rund 90 Mitarbeitern, rechnet vor: „Bleiben die Dieselpreise bis Jahresende so hoch, entstehen uns allein dadurch Mehrkosten von einer Million Euro.“

Die Spillmann-Flotte besteht laut Menekse derzeit aus mehr als 40 Linienbussen. Der Kraftstoff, den sie benötigen, werde immer teurer: Seit Januar 2020 sei der Dieselpreis um 63 Prozent gestiegen, allein innerhalb der vergangenen beiden Wochen um etwa 30 Prozent, „Tendenz weiter steigend“. Die Folge: Busunternehmen bekommen Probleme mit der Liquidität. Anders als in der freien Wirtschaft könnten höhere Kosten im ÖPNV-Bereich nicht an Kunden weitergegeben werden.

Menekse hat deshalb drei zentrale Forderungen an die Politik. Erstens müsse dringend ein gewerblicher, also ermäßigter Dieselpreis für Verkehrsunternehmen eingeführt werden, Spediteure und Taxiunternehmen eingeschlossen.

Zweitens dürfe der finanzielle Ausgleich für Kostensteigerungen bei Verkehrsunternehmen nicht erst, wie vertraglich seit Jahren geregelt, im Folgejahr von Land und Region kommen; dieser Ausgleich müsse gerade angesichts „der aktuellen Extremsituation“ in das laufende Geschäftsjahr vorgezogen werden. „Wir haben dieses Problem ja jetzt, dass die Kosten die Einnahmen übersteigen.“

Die dritte Hauptforderung: Die mit dem Aufgabenträger, also dem Landkreis abgeschlossenen Verkehrsverträge müssten schnell angepasst werden. „Diese auf zehn Jahre laufenden Verträge fußen auf linear steigenden Dieselpreisen“, so der Geschäftsführer, „die extremen Steigerungen beim Dieselpreis jetzt sind nicht eingerechnet.“

Treffen mit Minister

Diese Forderungen erhob Menekse vergangene Woche im Gespräch mit unserer Zeitung vor einem Krisentreffen, an dem Verbandsvertreter der Busbranche und Verkehrsminister Winfried Hermann teilnahmen. Stunden später sicherte das Land der Branche rasche Vorauszahlungen öffentlicher Gelder zu. „Grundsätzlich begrüßen wir das“, sagt Menekse jetzt, einige Tage später, über das Bemühen von Land und Minister. Gut sei auch, dass es ein Ergebnis gegeben habe. Doch seien diese Liquiditätshilfen „im Grunde genommen nur vorgezogene Ausgleichszahlungen, die im Kalender ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt für die Verkehrsunternehmen vorgesehen waren“, sagt Menekse. Das Geld helfe jetzt, „aber es steht den Verkehrsunternehmen ohnehin zu. Und es kommt zudem aus dem Topf des Corona-Rettungsschirms, es sind also Ausgleichsmittel für Mehrkosten und Fahrgeldausfälle in der Pandemiezeit. Damit sind aber die Dieselpreis-Mehrkosten noch nicht gedeckt. Diese Ausgleichsforderung ist also noch nicht erfüllt.“ Das bedeute, dass Verkehrsunternehmen dafür „bilanziell weiterhin in Vorkasse gehen“ und die Mehrkosten beim Sprit „aus eigener Tasche bezahlen“.

Stichwort Corona: Zu den hohen Spritpreisen komme die Pandemie hinzu. Nach wie vor fehlten Busunternehmen Fahrgäste. Menekse fordert vom Land, den Schadensausgleich für 2021 von 85 auf 100 Prozent zu erhöhen und auch für 2022 „zeitnah“ einen Rettungsschirm aufzuspannen. „Wir haben als Verkehrsunternehmen die ganze Pandemiezeit hindurch nahezu das volle ÖPNV-Angebot gefahren, was ausdrücklich auch von den politischen Verantwortlichen gefordert wurde.“ In anderen Branchen sei das anders gewesen, dort hätten „zumindest auf der Kostenseite deutliche Einsparungen“ erzielt werden können.

Ausgaben für Kraftstoff extrem gestiegen

Die hohen Spritkosten treffen auch das Ludwigsburger Verkehrsunternehmen LVL Jäger. „Pro Woche geben wir zur Zeit rund 40000 Euro mehr für Kraftstoff aus als im Vorjahr“, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin Carry Buchholz.

Blieben die Spritpreise bis Jahresende auf dem jetzigen Niveau, hätte die LVL Mehrkosten von zwei Millionen Euro. „Hinzukommen betriebliche Mehrkosten durch die allgemeinen Preissteigerungen. Unsere Zulieferer und Vertragspartner reichen ihre Mehrkosten verständlicherweise an ihre Kunden, also an uns, durch“, so Buchholz. Auch für LVL Jäger gilt: Als ÖPNV-Unternehmen darf es höhere Kosten nicht an seine Kunden weitergeben.

Mehrkosten könnten im laufenden Betrieb nicht kompensiert werden. „Hier benötigen wir einen Schadensausgleich durch eine staatliche Intervention, zum Beispiel durch abgasreduzierten Gewerbekraftstoff oder den rückwirkenden Erlass der Energiesteuer.“ Bis staatliche Hilfen greifen, „benötigen wir zur Sicherung der Liquidität Vorauszahlungen der Aufgabenträger, also der Landkreise in der Region Stuttgart, auf die den Unternehmen zustehenden Mittel. Sonst ist die Solvenz der LVL und anderer Busunternehmen in absehbarer Zeit nicht mehr gewährleistet. Wir schauen hier auch mit Sorge auf unsere Arbeitnehmer“, sagt Buchholz. Das Unternehmen mit 84 Fahrzeugen beschäftigt 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Hinzu kommen auch für LVL Jäger die durch Corona verursachten Folgen. „2021 war das zweite Jahr in Folge mit erhebliche Mindereinnahmen von über 20 Prozent“, so Buchholz. Einen angemessenen staatlichen Ausgleich habe es nicht gegeben. „Dennoch haben wir die volle Verkehrsleistung aufgrund der Daseinsvorsorge erbracht.“ Dies könne „nicht mehr zugesichert werden“, wenn sich nichts ändere. Leidtragende wären dann die Fahrgäste, so Buchholz: „Diese Entwicklung sehen wir mit großer Sorge.“