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Ludwigsburg
IHK Ludwigsburg will Mitgliedsunternehmen in der Krise zur Seite stehen

Erneut hat die IHK Ludwigsburg ihren Neujahrsempfang virtuell abgehalten. Ihren Mitgliedsunternehmen will die Bezirkskammer gerade in der anhaltenden Coronakrise als Dienstleisterin zur Seite stehen.

Mit schwungvoller Musik ist der Countdown zum Neujahrsempfang der IHK-Bezirkskammer unterlegt: Zum zweiten Mal schon flimmert wegen Corona das Großereignis für Repräsentanten aus Wirtschaft und Politik, das in den vergangenen Jahren mit bis zu 400 Gästen im Forum am Schlosspark gefeiert wurde, per Livestream am Dienstagabend über die Bildschirme. Zum ersten Mal ist Thomas Wiesbauer als neuer Präsident der Ludwigsburger IHK mit dabei. „Man gewöhnt sich an Dinge, die man vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten hätte“, sagt der 53-Jährige. Er steht locker in der Studiokulisse. Sein Blick ist fest in die Kamera gerichtet. Sein Lächeln signalisiert Zuversicht.

Aufbauende Worte richtet Wiesbauer an die gut 30000 Mitgliedsunternehmen der Kammer. „Wir haben es alle geschafft, uns anzupassen“, sagt er. „Trotzdem fühlen wir uns manchmal noch im Sonderfall gefangen“, beschreibt der Chef und Inhaber des Bietigheim-Bissinger Schwerlastunternehmens Wiesbauer die pandemiebedingte Ausnahmesituation. Auch beim virtuellen Neujahrsempfang wolle die IHK Netzwerke pflegen und die Herausforderungen für die Wirtschaft aufzeigen wie zum Beispiel Bürokratieabbau, Digitalisierung, Lieferketten- und Wertschöpfungssicherheit, Fachkräftesicherung und Innenstandhandel. Er verspricht, dass die IHK als Dienstleisterin auch im Jahr 2022 den Unternehmen in gewohnter Zuverlässigkeit zur Seite steht.

Drei Talkrunden

In drei Talkrunden, moderiert von Sandra Kühn, geht es zur Sache. Albrecht Kruse, Geschäftsführer des Kornwestheimer Lackierpistolenherstellers Sata und Ehrenpräsident der IHKBezirkskammer Ludwigsburg, ist sich mit Jochen Weyrauch, dem Chef des Bietigheimer Maschinenbauers und Lackieranlagenspezialisten Dürr, einig, dass bei den Lieferengpässen noch keine Entspannung in Sicht ist. „Das Thema wird uns sehr massiv im gesamten Jahr begleiten“, sagt Weyrauch. Nach Ansicht von Kruse ist beim Lieferkettenproblem Improvisation angesagt. Es gehe um die Absicherung der eigenen Lieferbereitschaft. Eine große Rolle werde dabei der Aufbau von Lagern und die Qualifizierung von Zweit- und Drittlieferanten spielen. Auch müssten die Firmen jetzt überlegen, welche Komponenten sie geografisch näher an sich heranholen, um die eigene Leistungsfähigkeit widerstandsfähiger zu machen. Weyrauch geht davon aus, dass es zu einer Regionalisierung der Lieferketten kommt. Bei der Halbleiterproblematik seien die Firmen aber auf Lieferketten aus Fernost oder Nordamerika angewiesen.

Kruse: Innovation steht an erster Stelle

Als einen wesentlichen Standortfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Kreis Ludwigsburg bezeichnet Kruse die Innovation, die an allererster Stelle stehe. „Da sind wir hier stark“, betont er, „Aber im Zuge der digitalen Transformation muss die Innovationsfähigkeit noch stärker unter Beweis gestellt werden.“ Mit Blick auf anstehende Tarifverhandlungen fordert Kruse ein Augenmaß, damit eine Erhöhung der Arbeitskosten nicht die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Region belastet. Sorge bereitet Kruse und Weyrauch der anhaltende Fachkräftemangel. „Das ist eine riesige Herausforderung“, sagt Kruse. Im Ballungsraum Region Stuttgart gebe es einen steigenden Bedarf an Softwareingenieuren, „der auf einen trockenen Arbeitsmarkt fällt“, sagt Weyrauch.

Zum Thema Energiewende bemerkt Weyrauch, dass der Nachhaltigkeitszug unterwegs sei. Für Schub sorge dabei auch ein starker Druck aus der Öffentlichkeit. Die Kosten für die Energie und ihre Verfügbarkeit werden das ganz große Thema. Da sehe er keine Lösungen vonseiten der Politik. Dürr-Chef Weyrauch weist zudem daraufhin, dass die Energiewende vor allem kleine Unternehmen viel Geld kostet. Hier seien Fördergelder des Landes nötig. Es seien noch viele Hausaufgaben zu lösen.

Wiederbelebung der Innenstadt

In der Talkrunde Familienunternehmen mit Thomas Wiesbauer und Edith Klünder, der Inhaberin der Marktapotheke in Ludwigsburg, steht die Wiederbelebung der Innenstadt unter den besonderen Bedingungen durch die Coronapandemie im Mittelpunkt. „Ich will den kleinen Unternehmen Gehör verschaffen“, betont Klünder, die auch Stadträtin und Vorsitzende des Ludwigsburger Innenstadtvereins Luis ist. Auf die Frage der Moderatorin zur Perspektive der Innenstädte nach der Pandemie mit dem wachsenden Onlinegeschäft fordert Klünder, dass Innenstädte sich krisenfest machen müssten. Dies sei ein langfristiger Prozess. Ganz konkret gehe es derzeit um die akute Hilfe, die die Innenstadt jetzt brauche. Da seien Bundes- und Landesmittel gefragt. An die Kunden richtet Klünder den Appell, nach der Pandemie wieder verstärkt in die Innenstadt zurückzukehren und das Einkaufserlebnis zu genießen. Für die City wünscht sie sich unter anderem auch mehr Begrünung und mehr Beschattung mit Blick auf den Klimawandel.

„Den Kontakt- und Erlebniswert einer lebendigen Stadt kann das Internet nicht ersetzen“, betont Wiesbauer. Das gelte auch für kleinere Kommunen. Ludwigsburg habe mit dem Blühenden Barock sowie seinen Sport- und Kulturstätten ein großes Potenzial, um Bürgern wieder Lust auf einen Stadtbummel zu machen. Wiesbauer fordert von der Politik, den Unternehmen mehr Gestaltungsfreiraum zu lassen und nicht alles zu regulieren. Dies würde nicht nur dem Einzelhandel, sondern zum Beispiel auch dem Handwerk helfen. Zudem könne die Ausgestaltung der Vorschriften jede Kommune selbst und auch mehr im Sinne der Betriebe auslegen. Zudem fordert er, dass die Innenstadt für alle erreichbar sein muss, ob mit dem Nahverkehr, mit dem Auto oder mit dem Rad.

Mit der digitalen Transformation befasst sich die dritte Talkrunde, an der Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) und Filiz Albrecht, Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin bei Bosch, teilnehmen. Beide stellen fest, dass die Digitalisierung für Frauen neue berufliche Chancen durch das Homeoffice eröffnet. Wichtig sei in diesem Bereich, die Qualifizierung zu fördern. Albrecht weist darauf hin, dass Bosch den Mitarbeitern zahlreiche Lernangebote mache. „Wir nehmen die Menschen mit auf die Digitalisierungsreise“, sagt sie. Die Menschen müssten selbst diesen Wandel mitgestalten, betont Ministerin Hoffmeister-Kraut.