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Verkehr
Keine Kraft mehr für Radhighways

Radler auf dem Schnellweg von Böblingen und Sindelfingen nach Stuttgart: 2023 könnte nun der Bau einer Trasse zwischen Ludwigsburg, Remseck und Waiblingen beginnen – fünf weitere sollen im Landkreis dazukommen. Foto: Schmidt/dpa
Radler auf dem Schnellweg von Böblingen und Sindelfingen nach Stuttgart: 2023 könnte nun der Bau einer Trasse zwischen Ludwigsburg, Remseck und Waiblingen beginnen – fünf weitere sollen im Landkreis dazukommen. Foto: Schmidt/dpa
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Radschnellwege sollen einmal von Vaihingen und Bietigheim-Bissingen nach Stuttgart führen. Doch die beiden Routen schlagen mit mehr als 20 Millionen Euro zu Buche – und die Kreispolitik behandelt das Thema stiefmütterlich.

Kreis Ludwigsburg. Während die Coronazahlen in den vergangenen Wochen exponentiell nach unten gegangen sind, scheint für die kommunalpolitischen Sitzungen das Gegenteil zu gelten. Fast vier Stunden debattierte der Kreistagsausschuss für Umwelt und Technik am Montag über den erfreulichen Jahresabschluss der kreiseigenen Abfallverwertungsgesellschaft AVL, über Trockensteinmauern und Streuobstwiesen im Bottwartal – oder wie die Mitarbeiter des Landratsamtes alternativ zum Auto an ihre Arbeitsplätze gelangen könnten.

Am Abend stellten Landrat Dietmar Allgaier und die Ausschussmitglieder dann erschöpft fest, dass für zwei XXL-Projekte, von denen Zehntausende Radler im Kreis profitieren könnten, keine Zeit mehr blieb: Radautobahnen von Bietigheim-Bissingen, Tamm, Ludwigsburg und Kornwestheim nach Stuttgart sowie Vaihingen, Schwieberdingen und Korntal-Münchingen in die Landeshauptstadt. Dabei hat eine Machbarkeitsstudie den beiden Trassen längst phänomenale Kosten-Nutzen-Faktoren bescheinigt. Auf dem 14 Kilometer langen Abschnitt zwischen Bietigheim-Bissingen und Kornwestheim rechnen die Experten täglich mit bis zu 9700 Radlern, was unter dem Strich einer 5,1 entspricht. Zwischen Vaihingen und Korntal-Münchingen wären es immer noch 2600 Radler, was eine 2,1 bedeuten würde.

Allerdings haben die beiden Vorhaben ihren Preis: Der Kreis rechnet mit Investitionen von mehr als 20 Millionen Euro. Zwischen Vaihingen und Stuttgart würde er wohl selbst als Baulastträger fungieren. Allgaier hofft auf eine Förderquote von 87,5 Prozent. Bei geschätzten Kosten von derzeit rund 9,1 Millionen Euro würden am Landkreis für circa 20 Kilometer 1,1 Millionen Euro hängenbleiben. Eine Umsetzung kommt anscheinend erst nach 2026 infrage.

Zwischen Bietigheim-Bissingen und Kornwestheim sieht das Landratsamt die Baulast bei den beteiligten Kommunen. Die müssten nach aktuellen Berechnungen zwölf Millionen Euro aufbringen.

Schon im April zeigte sich der Landrat erfreut, dass Fachleute den beiden Radautobahnen großes Potenzial bescheinigen. Zu bewältigen wären sie zwischen 45 Minuten und einer Stunde. „Die Trassen werden nicht nur Radfahrenden nutzen, die in die Landeshauptstadt fahren wollen, sondern ermöglichen auch komfortables Pendeln zwischen den Kreiskommunen.“

Das Land und sein grüner Verkehrsminister Winfried Hermann haben sich im neuen Koalitionsvertrag erneut zu Radschnellwegen bekannt. Bis 2030 sollen mindestens 20 Trassen im Südwesten umgesetzt werden. Sie zeichnen sich durch eine direkte Führung aus, Stopps sollen so weit wie möglich vermieden werden. Darüber hinaus werden Radautobahnen breit angelegt, damit Überholmanöver leicht möglich sind.

Ein Pionierprojekt ist bereits zwischen Böblingen und Stuttgart in Betrieb. Weit gediehen sind auch Pläne für eine Verbindung zwischen Ludwigsburg, Remseck und Waiblingen. Beteiligt ist der Landkreis ebenfalls an Überlegungen zwischen Korntal-Münchingen und Weil der Stadt, Ditzingen und Stuttgart sowie Leonberg, Gerlingen und der Landeshauptstadt.

Nachdem die Kreispolitik am Montag keine Kraft mehr hatte, sich zu den jetzt untersuchten Schnellwegen zu positionieren, wandert die Angelegenheit in die Kommunen. Betroffen sind Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen, Tamm, Freiberg und Kornwestheim, dazu Vaihingen, Schwieberdingen, Markgröningen und Korntal-Münchingen.