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Sargverbrennung
Kirbepfarrer findet deutliche Worte

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Der Trauermarsch der Kirbebuben führt von der Gemeindehalle zur Kelter und wird von vielen Benningern begleitet. Foto: Oliver Bürkle
Es ist ein wahrer Feiermarathon, den die Kirbebuben an der viertägigen Benninger Kirbe absolvieren. Gestern Abend erreichte die Festlichkeit mit Trauermarsch, Kirbepredigt und Sargverbrennung ihren Höhepunkt. Vor zahlreichen neugierigen Zuschauern prangerten die Kirbebuben dabei wieder etliche politische Geschehnisse an.

BENNINGEN. In Schwarz und Rot gewandet kommen die Kirbebuben daher. Im gleichen Rot ist der Schriftzug „Kirbe 17“ auf dem großen selbstgebauten Sarg zu lesen, den sie von der Gemeindehalle bis zur Kelter und anschließend an den Neckar tragen. „Schön sieht das aus“, sagt eine Zuschauerin zu ihrer Begleiterin und lobt auch den knallroten Blumenschmuck auf dem schwarzen Totenschrein. Sie haben sich zweifelsohne Mühe gegeben, die Kirbebuben, die sich mit der Sargverbrennung auf dem Neckar von ihrer Jugend verabschieden.

Einer der Höhepunkte an diesem kalten Abend ist die Kirbepredigt, bei der auch dieses Mal – selbstverständlich auf Schwäbisch – vor mehreren hundert Zuschauern viele Ereignisse des Jahres auf die Schippe genommen werden. Der neue Kunstrasen für die Fußballer, die Benninger Ortsumfahrung und sogar US-Präsident Donald Trump werden von Kirbepfarrer Peter Behringer in Reimform verarbeitet.

„Onsre Kicker plogat sich scho lang uff dem holprige Acker. Überschwemmt war er au gern, der Boda für grobe Holzhacker“, macht Behringer deutlich, dass die 1,6 Millionen Euro für das neue Sportzentrum Schafwasen gut angelegtes Geld sind. Gleichzeitig hofft er, dass der neue Kunstrasenplatz zügiger kommt als die Ortsumfahrung: „Mir hoffet, des dauert ned so lang wie die leidig‘ Umgehung. Dr BER von Benningen setzt bei ons bloß Ironie in Bewegung.“ Wohlwollend erwähnt der Kirbepfarrer dagegen die neue Aussegnungshalle, die „kurz vorm Gelinge“ steht. Doch das ist noch nicht das Ende der Bautätigkeiten im Ort, wie Behringer weiß: „Dagegen wird die alte Krone bald wirklich planiert. Wär schee, wenn’s Kulturcafé dann woandersch pläsiert, vielleicht bald am neie Kelterplatz, die nächschte Baustell. Doch bis die amol eröffnet, des isch’s Gegateil von schnell.“

Lob gibt es für den Sommerbiathlon, die Ringer und die Handball-Frauen. Dagegen hagelt es deutliche Kritik am Benninger Straßenfest, das in diesem Jahr offenbar „koim so recht“ gefallen habe. Im Gegenteil: „Des Konzept lockt kaum no Benninger en dr‘ Flegga na. So, wie’s jetzt lauft, hat’s koi Zukunft – koin Tusch, fallera!“

Dass auch der neue amerikanische Präsident Donald Trump vom Kirbepfarrer sein Fett wegbekommt, war zu erwarten. „Ang‘nomme, onser Schultes wär en Typ wie dr Trump, dät die Marbacher beschimpfe als ä hochnäsige Schlamp. Ä Mauer am Neckar, Marbach zahlt, wie wär des erschreckend, ond plärrt: ‚Benninga förscht‘, ond alles andere isch second!“ Und schwups schlägt Behringer den Bogen zur AfD., die er als „völkisch-intregante Bande“ bezeichnet. Applaus erntet er für seine Feststellung, dass die Kirbebuben zu den 87 Prozent gehören, welche diese Partei bei der Bundestagswahl nicht gewählt haben. Behringer stellt fest, dass man in Berlin jetzt nach Jamaika segelt, immer schön langsam, denn: „Grün-gelbe Gegensätze müssen ja durch die Raute hindurch.“ Auch die Autoindustrie, die sich nicht mit Ruhm bekleckert habe, nimmt er ins Visier. Lediglich Daimlers Zetsche, so stellt er fest, „der muss sich ned sorge, den liebt ja innig unser Kretsche“. Apropos Liebe: „Die Ehe für alle, beschlosse mit großem Getrommel; jetzt kann dr Pfaff ja heirate, onsern Benninger Hommel“, skandiert Behringer und leitet über zum VfB Stuttgart. „Nun aber mit Wolf und Reschke an seiner Seite steht der VfB bestimmt vor ganz große Zeite.“

Nach der Predigt zieht der Trauermarsch zur Sargverbrennung an den Neckar, angeführt von Ron Preuß vom Kirbebubenjahrgang 2018. Er hat das Kirbebanner von Peter Behringer überreicht bekommen und wird dafür sorgen, dass die Tradition auch nächstes Jahr aufrechterhalten wird.