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Klage gegen Müllgebühren
Klage gegen Müllgebühren: Kreis Ludwigsburg will bei Niederlage alle Bürger gleich behandeln

Der Initiativkreis Müllgebühren Ludwigsburg ruft wieder zu Widersprüchen gegen die Müllgebührenbescheide auf. Die Bürgerinitiative klagt, weil der Kreis alle Nachsorgekosten seiner Altdeponien – im Bild: der Burghof Horrheim – in die Gebühren einrech
Der Initiativkreis Müllgebühren Ludwigsburg ruft wieder zu Widersprüchen gegen die Müllgebührenbescheide auf. Die Bürgerinitiative klagt, weil der Kreis alle Nachsorgekosten seiner Altdeponien – im Bild: der Burghof Horrheim – in die Gebühren einrechnet. Foto: AVL
Das Landratsamt befürchtet offenbar eine Flut von Widersprüchen gegen die Müllgebühren 2022. Die Gebührenbescheide werden nächste Woche verschickt. Neben Einsprüchen von Bürgern, die vom Chaosstart des neuen Abfuhrunternehmens Alba vergrätzt sind, sind erneut Widersprüche im Zusammenhang mit der Klage des Initiativkreises Müllgebühren Ludwigsburg (IMLB) zu erwarten.

Kreis Ludwigsburg. Im Streit um die blaue Tonne gab sich Dietmar Allgaier wie berichtet ausgesprochen sicher: Einen möglichen Rechtsstreit mit den Dualen System würde der Kreis zweifellos gewinnen, meinte der Landrat – lediglich die voraussichtlich jahrelange Verfahrensdauer spreche „im Sinne der Bürger“ eindeutig für den am Ende auch von beiden Seiten abgeschlossenen, außergerichtlichen Vergleich. Im Blick auf die Normenkontrollklage des IMLB ist man im Landratsamt aber offenkundig weniger siegessicher.

Dies zeigt der Beschlussvorschlag von Umweltdezernent Dr. Christian Sußner, über den die Kreisverwaltung am kommenden Montag den Kreistagsausschuss für Umwelt und Technik abstimmen lassen will. Zentrale Aussage: Sollte die Bürgerinitiative mit ihrer beim baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim anhängigen Klage gegen die Müllgebührensatzungen 2021 und 2022 erfolgreich sein, dann werde man alle Gebührenzahler gleich behandeln – egal ob diese voriges Jahr Einspruch gegen ihren Gebührenbescheid eingelegt haben beziehungsweise dies mit dem Verweis auf die Klage jetzt tun werden oder nicht. Mit anderen Worten: Sollte der VGH der Bürgerinitiative recht geben und es deshalb zu Gebührenrückzahlungen kommen, dann werden diese Vergütung alle Haushalte erhalten und nicht nur diejenigen, die ihrem Gebührenbescheid widersprochen haben.

Gebührenzahler sollen „nicht zu Widerspruch gezwungen sein“

Der IMLB wehrt sich dagegen, dass die immensen Kosten der Deponienachsorge in Horrheim und Poppenweiler allein von den Gebührenzahlern – und damit von Privathaushalten und kleinem Gewerbe – aufgebracht werden sollen. Schließlich, so das der juristischen Feinheiten entkleidete Sachargument, seien die in den Deponien Burghof und Lemberg schlummernden Altlasten ja zu einem wesentlichen Teil das Erbe der Industrieproduktion des 20. Jahrhunderts. Juristisch geht der Streit um einen Passus des Kommunalabgabengesetzes, mit dem der Kreis die wegen der explodierenden Nachsorgekosten nötige Gebührenerhöhung begründet hatte.

Da die beklagten Gebührensatzungen vom Kreistag erst nach intensiver rechtlicher Prüfung durch zwei vom Landkreis konsultierte Anwaltskanzleien beschlossen wurden, gehe die Kreisverwaltung zwar „nicht von einem Erfolg“ der Klage aus, heißt es dazu in der Sitzungsvorlage. Dennoch empfehle sich schon jetzt die vorsorgliche Festlegung auf eine Gleichbehandlung aller „Gebührenschuldner“. Denn: Diese „sollen nicht gezwungen sein, nun Widerspruch einzulegen, um eine Gleichbehandlung zu erreichen“.

Bürgerintiative ruft wieder zu Widersprüchen auf

Dies ist – wenn auch in dieser Deutlichkeit unausgesprochen – ein doppeltes Eingeständnis. Erstens: Wirklich sicher ist sich das Landratsamt seines juristischen Sieges vor dem VGH nicht. Und zweitens: Man befürchtet im Kreishaus für die nächsten Wochen ganz offenkundig eine Vielzahl von Widersprüchen gegen die neuen Gebührenbescheide. Und das nicht nur, weil der IMLB erneut dazu aufrufen wird, wie der Sprecher der Initiative, Dr. Wolfgang Appel aus Schwieberdingen, ankündigt – schon weil eine Vielzahl von Widersprüchen in Mannheim zwar keine juristischen Argumente ausstechen, aber doch Eindruck hinterlassen würde. Und dabei könnte der Unmut über das Alba-Chaos des ersten Quartals durchaus manchen bisher nicht murrenden Gebührenzahler nun zum Protest motivieren – ja selbst der Streit um die Altglasbehälter, der sachlich nichts mit den Gebühren zu tun hat, könnte zum Motor von Widersprüchen werden.

Offiziell äußert sich das Landratsamt dennoch entspannt: Zwar könne es „aufgrund der Probleme bei der Abfuhr eine höhere Zahl von Widersprüchen als üblich geben“, doch werde es ja faktisch für niemanden zwingend nötig sein, Widerspruch einzulegen“, wenn der Ausschuss dies am Montag wie geplant beschließt.

Nach AVL-Skandal vor 25 Jahren 70000 Widersprüche

Zur Erinnerung: Als der IMLB im Zuge des AVL-Skandals gegen die Müllgebühren 1997 und 1998 klagte, widersprachen insgesamt 70000 Haushalte im Kreis ihren Gebührenbescheiden. Nach dem Erfolg der Bürgerinitiative – die, wie der Landkreis, schon damals von der gleichen Kanzlei vertreten wurde wie jetzt –, erhielten ebenfalls nicht nur die widersprechenden, sondern alle Haushalte Geld zurück, das zu Unrecht in ihre Gebühren eingerechnet worden war. Das waren damals – im Durchschnitt und für beide Jahre – rund 13 Euro pro Haushalt.