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Marathon
Laufen macht den Kopf frei

Moderator David Räuchle im Gespräch mit Sponsor Ulrich Henssler und Organisationschef Gerhard Petermann.Foto: Holm Wolschendorf
Moderator David Räuchle im Gespräch mit Sponsor Ulrich Henssler und Organisationschef Gerhard Petermann. Foto: Holm Wolschendorf
Sport Talk der SportRegion Stuttgart mit passionierten Sportlern – Tendenz zu Zehn-Kilometer-Läufen

Großbottwar. „Den Kopf frei bekommen“, das nennen alle unisono als ihre Motivation, warum sie laufen. Der Frage, warum Joggen glücklich macht, gingen gestern beim „Sport Talk“ der SportRegion bei den Bottwartaler Winzern mehrere Sportler nach. Anlässlich des Bottwartal-Marathons am 20. Oktober erzählten Jürgen Scholz (Präsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes), Jens Mergenthaler (Läufer, mehrfacher Deutscher Meister im Nachwuchsbereich), Gerhard Petermann (Organisator Bottwartal-Marathon), Ulrich Henssler (Läufer und Partner Bottwartal-Marathon) sowie die Freizeitläuferin Sarah Zimmermann, was sie antreibt.

Eher selten trauen sich Frauen auf längere Distanzen: Sarah Zimmermann ist eine davon. Sie läuft regelmäßig Halbmarathon. Auch die 38-Jährige fühlte sich in der Komfortzone zwischen sieben und acht Kilometern sauwohl, bis sie 2017 beschloss, sich für den Halbmarathon in Stuttgart anzumelden. „Danach war ich körperlich platt, aber es war megaschön.“ Seitdem fängt sie unter zehn Kilometer gar nicht an, zu laufen, weil es sich nicht lohnt, erzählt sie schmunzelnd. Das gezielte Training in der Laufgruppe habe ihr geholfen, neue Freundschaften seien entstanden. „Wenn man sich mit jemand verabredet, bleibt man morgens auch nicht im Bett liegen“, ist sie überzeugt. Gemeinsam starten die Frauen in Köln, Berlin oder beim Bottwartal-Marathon. „Frauen müssen nur mutiger sein und sich unter die Männer mischen“, sagt sie. Von reinen Frauen-Wettbewerben hält sie wenig: „Man kann so Frauen motivieren, aber wir wollen doch die Gleichstellung.“

Dass man für das Laufen nie zu alt ist, beweist Ulrich Henssler, Geschäftsführer der Voigt & Schweitzer Markenverbund-Holding aus Beilstein. Die Firma sponsort den Bottwartal-Marathon seit Beginn, im Jahr darauf fing Henssler mit 51 Jahren an, zu laufen. „Als Sponsor muss man ja auch aktiv sein“, erzählt er. Früher habe er Handball gespielt und es sich nie vorstellen können, ohne Ball zu laufen. Jetzt läuft er jedes Jahr den Halbmarathon. Zwei bis drei Mal die Woche trainiert Henssler und ist überzeugt: „Laufen macht den Kopf frei.“ So sieht es auch Bottwartal-Marathon-Chef Gerhard Petermann: „Ab zehn Kilometern ist der Kopf frei und man kann die Alltagssorgen besser verarbeiten“, sagt er. Da kann ihm Jürgen Scholz nur zustimmen: Oft habe man nach dem Laufen eine Lösung für das Problem parat.

Jens Mergenthaler hat bei den Bundesjugendspielen das Laufen für sich entdeckt, als er über 800 Meter Dritter wurde, seit 2012 ist er Leistungssportler, wechselt zwischen 1500 und 5000 Metern, aber auch mal zehn Kilometern. „Ich bin für alles offen.“ Zehn Mal die Woche trainiere er trotz seiner Ausbildung, 110 bis 120 Kilometer kommen so zusammen. Bei der EM der Männer möchte er vorne mitlaufen. Neben guten Schuhen zum Durchwechseln, empfiehlt Scholz Neueinsteigern zudem ein Belastungs-EKG, um zu wissen, in welchem Tempo man optimal läuft. Während die Teilnehmerzahlen beim Marathon abnehmen, werde der Eventcharakter bei Laufveranstaltungen immer wichtiger. Beim Stuttgart-Lauf sind es mittlerweile 100.000 Läufer. „Die Tendenz geht zu den Zehn-Kilometer-Läufen“, so Scholz. Kritische Töne wurden auch laut. Ist die Konkurrenz aus Afrika zu schlagen? Nur schwer, da die Läufer anders trainieren und bessere Umweltbedingungen haben. Warum die Leichtathletik ein Mauerblümchen ist? Viele Menschen wollen die Wettkämpfe sehen, aber in den Stadien passiert zu viel gleichzeitig, man müsse mehr in die Städte. „Die Leute wollen ein Finale in einer Stunde sehen und nicht vier bis fünf Stunden im Stadion sitzen“, so Scholz. Während Scholz die Förderung für die Sportler im württembergischen Leistungssport hervorhob („Wir begleiten die Sportler von Kindesbeinen an“), machte Mergenthalers Trainer deutlich, dass sie noch zu gering ausfällt. „Es kann nicht sein, dass wir unsere Leute nach Amerika schicken, wo teils mit zweifelhaften Methoden gearbeitet wird.“ Mergenthaler zum Beispiel müsse immer noch (zu) viel aus eigener Tasche bezahlen.