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Mopeds, Roller und ein wenig Punkmusik

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Punkmusik als weiteres Standbein.
Punkmusik als weiteres Standbein.
Vergaser in allen Varianten.
Vergaser in allen Varianten.
Roller dürfen nicht fehlen.
Roller dürfen nicht fehlen.
Zweitakt-Schätze zum Verkauf.
Zweitakt-Schätze zum Verkauf.
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Hier geht das Herz jedes Zweitakt-Freundes auf. Ausgestellt sind Simson, Zündapp, Herkules und natürlich der lokale Favorit, die Marke Kreidler. Was von Motorradfahrern gern belächelt wird, hat hier eine Heimat gefunden – in der Marbacher „Rennschnecke“. Jörg Möbius hat in der Marktstraße seine kleine Welt eingerichtet und kann hier seine Vorstellung von einem Leben mit Mopeds und Musik umsetzen. Zudem hat er vier Kinder und eine Frau. Das alles bringt der junge Mann aus Leipzig mit viel Arbeit zusammen

Kreis Ludwigsburg. .„Ich bin schon in der Jugend Moped gefahren. Ich habe Mods und Punks bewundert und deren Musik gehört. Doch einen neuen Kabelbaum für meine Zündapp gab es nicht. Daher musste ich das Ding eben selbst bauen. Das war mein Einstand in das Zweitakt-Geschäft“, erzählt Jörg Möbius. Eigentlich bräuchte niemand mehr die alten Mopeds, das sei alles nur Liebhaberei. Aber auch nicht weniger.

Heute hat er Geschäftsbeziehungen nach Portugal, in die USA, nach Holland und nach Schweden. Eigentlich sei der Bau von Kabelbäumen, über welche die ganze Stromversorgung eines Motorrads läuft, ein idiotischer Job. Doch das bringe eben Geld. Die restliche Arbeit im Laden mache viel mehr Spaß und das sei ausschlaggebend.

Die restliche Arbeit, das bedeutet der Verkauf von neuen Ersatzteilen. „Alte Teile gibt es fast gar nicht. Hier im Südwesten ist aber genügend Geld da, um sich mit solchen Sachen auszustatten“, so Möbius. Verkauft wird alles vom Blinker über Lichtmaschinen, Bremshebel, Vergaser, Tachos oder Gepäckträger. In Corona-Zeiten ist das Geschäft mit den Kabelbäumen und den Ersatzteilen nochmals deutlich gestiegen. „Die Leute haben Zeit und dann bauen sie eben an ihrem Moped herum, doch das geht auch wieder zurück“, sagt Jörg Möbius.

Aktuell arbeitet er sechs Stunden am Tag an seinen Kabelverbindungen. Dreimal in der Woche ist sein Laden sonst geöffnet. Früher gab es auch noch Ausfahrten mit den Mopeds, doch das falle in Zeiten der Pandemie aus. Außerdem muss er noch seine vier Kinder versorgen. Da trifft es sich gut, dass seine Frau als Gymnasiallehrerin die finanzielle Grundlage für die Familie schafft. Die Erlöse aus der „Rennschnecke“ kommen dann noch oben- drauf. Dafür bietet sein Laden die Möglichkeit, das zu tun, was er will.

Mit viel Liebe ist er eingerichtet, es gibt Kappen mit den Firmen-Logos, ebenso wie T-Shirts und Fan-Artikel wie Kaffeetassen und Quartetts. Allzu groß ist die Konkurrenz im Zweitakt-Geschäft auch wieder nicht. Mit den wenigen Händlern rund um Stuttgart hat Möbius ein gutes Verhältnis – meistens. Die anderen seien ebenfalls Einzelkämpfer und daher manchmal auch eigenbrötlerisch.

Der Kontakt zu seinen Kunden und Großhändlern ist ihm wichtig. So kann es schon mal passieren, dass im Urlaub auch ein kleiner Abstecher zu den Kollegen auf dem Programm steht. Möbius: „Der persönliche Kontakt ist immer gut. Es ist wichtig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. So kommen viele Probleme gar nicht auf.“ Viele Geschäftspartner zählt er inzwischen zu seinen Freunden.

Neben „Rennschnecke“ und Familie hat er sich inzwischen noch ein weiteres Tätigkeitsfeld aufgebaut. Er kümmert sich um die Musik. Wie sollten seine Kinder sonst mitbekommen, was die Musiker auf der Bühne treiben und wie viel Arbeit das ist, so sein Credo. Bereits vor einiger Zeit hat er eine Veranstaltungsreihe aufgezogen, die auf den Namen „Liebliche Klänge“ hört. Weil er mit seinem Programm aus Punk, Metal oder Psychobilly nirgends unterkam, stellte er es eben im Marbacher Jugendhaus auf die Bühne. „Das braucht auch niemand und Geld kann man damit nicht verdienen. Doch es macht Spaß und ist eine Bereicherung für Marbach und Umgebung“, so der Mopedschrauber. Ganz im Gegenteil, es bedeute sehr viel Arbeit, doch am Ende habe es sich stets gelohnt.

Während der Corona-Zeit hat Möbius mit Freunden ein Musikkasetten-Label aus dem Boden gestampft. Diese werden im Wohnzimmer vervielfältigt und billig weiterverkauft. Eigentlich brauche das auch keiner, doch auf diese Weise hat er viele neue Bands kennengelernt. „Ich habe keine Zeit für Helene Fischer. Ich will so leben, so finde ich das alles richtig“, sagt Jörg Möbius und schaut zufrieden in die Sonne über seiner „Rennschnecke“.