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Oststadt
Neue Chance für Großstadt-Lidl

Der alte Entwurf orientierte sich in der Fläche noch am bestehenden Gebäude, sollte aber mit den Wohnungen auf dem Markt bis zu 17 Meter hoch sein. Dagegen regte sich Widerstand bei den Anwohnern.
Der alte Entwurf orientierte sich in der Fläche noch am bestehenden Gebäude, sollte aber mit den Wohnungen auf dem Markt bis zu 17 Meter hoch sein. Dagegen regte sich Widerstand bei den Anwohnern.
Bisher wird das Grundstück Hindenburgstraße 60 vom Einzelhandel genutzt. Der Neubau lockt zusätzlich mit Wohnungen und Stellplätzen. Die enormen Ausmaße des geplanten Gebäudekomplexes bereiten den Anwohnern große Sorgen. Archivfoto. Oliver Bürkle
Bisher wird das Grundstück Hindenburgstraße 60 vom Einzelhandel genutzt. Der Neubau lockt zusätzlich mit Wohnungen und Stellplätzen. Die enormen Ausmaße des geplanten Gebäudekomplexes bereiten den Anwohnern große Sorgen. Archivfoto. Oliver Bürkle
Das Unternehmen Lidl wird seinen Markt in der Oststadt nun wohl doch erneuern und vergrößern. Dafür sorgt ein Antrag mehrerer Fraktionen, über den heute im Gemeinderat abgestimmt wird. Viele Anwohner reagieren darauf entsetzt.

Vor gut einem halben Jahr haben die Stadträte mehrheitlich die Neubaupläne von Lidl für seine Filiale an der Ecke Hindenburgstraße/Oststraße abgelehnt. Der Grund dafür war, dass Lidl seinen Markt in den ersten Stock verlegen will, im Erdgeschoss soll es Parkplätze geben. Dadurch wird das neue Gebäude etwa 17 Meter hoch (Grafik), da auf dem Dach zusätzlich zwei Wohn-Stockwerke eingeplant sind.

SPD und FDP schwenken um

Zwar war das Projekt in den Monaten zuvor immer sehr positiv beurteilt worden, als die Grünen dann aber im März den Antrag stellten, dass der Markt im Erdgeschoss bleiben soll, fanden sie mit Unterstützung von SPD und FDP plötzlich eine Mehrheit. Damit schien das Neubauprojekt gescheitert, da Lidl immer betont hatte, nur dann neu zu bauen, wenn der Markt nach oben verlegt werden könne. Ein vergrößerter Markt im Erdgeschoss würde nämlich bedeuten, so Lidl, dass die Kunden zum Einkaufen in eine Tiefgarage fahren müssten. Und das funktioniere nicht. Stattdessen möchte das Unternehmen unter der aufgebockten Filiale ein ebenerdiges, offenes Parkdeck bauen.

Jetzt unterstützt ein gemeinsamer Antrag von CDU, Freien Wählern und SPD diese Idee. „Wir beantragen die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der Firma Lidl über die Neuerrichtung des Nahversorgungsmarktes in der Hindenburgstraße mit einer Verkaufsfläche im 1. Obergeschoss“, heißt es darin. Dass CDU und Freie Wähler den Antrag gestellt haben, ist nicht verwunderlich. Sie hatten das Projekt von Anfang an unterstützt.

Überraschender ist das Verhalten der SPD. Sie hatte den Antrag der Grünen im März unterstützt, setzt sich jetzt aber doch für einen Markt im 1. Stock ein. Der Antrag der Grünen sei damals mitten in der Sitzung mündlich gestellt worden, habe auch für Verwirrung gesorgt. „Das war purer Populismus“, sagt die Fraktionsvorsitzende Margit Liepins heute. Auch die SPD will verhindern, dass der Neubau am Ende 17 Meter hoch wird, daher habe man dem Antrag damals zugestimmt.

Grundsätzlich sei die SPD aber für einen Neubau mit Wohnungen. Auch die von Lidl geplante Quartiersgarage sei wichtig, findet Liepins. Um es für die Anwohner erträglicher zu machen, könnte eine Ebene mit Wohnungen aus den Plänen genommen werden. Das würde die Gebäudehöhe reduzieren. Auch könnte der gesamte Bau von den beiden Wohnstraßen weg in Richtung Hindenburgstraße gerückt werden. Ob die SPD heute dem Antrag geschlossen zustimmt, ist noch nicht klar. „Es gibt auch Skeptiker in unserer Fraktion“, sagt Liepins.

Mehrheit scheint gewiss

Eine Mehrheit scheint trotzdem gewiss, da auch die FDP den Antrag unterstützen will. Im März hatte FDP-Stadtrat Jochen Eisele noch in einem flammenden Plädoyer gefordert, man dürfe sich von einem Investor nicht alles aufzwingen lassen. Auch seine Partei hatte den Antrag der Grünen damals unterstützt. „Wir sind nicht gegen eine Weiterentwicklung des Marktes“, so Eisele gestern auf Anfrage unserer Zeitung. „Mir geht es lediglich um die Höhe.“ 17 Meter seien zu hoch. Auch Eisele spricht sich dafür aus, dass die Wohnbebauung umgeplant werden sollte, wenn die Filiale für Lidl tatsächlich nur im 1. Stockwerk vorstellbar ist.

„Der Lidl hat eine große Bedeutung für die Oststadt und das geplante Neubaugebiet an der Fuchshofstraße“, sagt Baubürgermeister Michael Ilk. Er freut sich über die Initiative aus den Fraktionen. „Alles andere wäre eine vertane Chance.“ Auch Ilk geht davon aus, dass neue Gespräche auch neue Ideen für die Höhe des Marktes und dessen Lage bringen. Die Belange der Nachbarschaft seien wichtig, allerdings habe eine Studie gezeigt, dass selbst ein 17 Meter hoher Markt die Wohnbebauung im Umfeld nicht übermäßig verschatte.

Die Grünen bleiben bei ihrer Ablehnung. Allerdings ist für sie nicht die Gebäudehöhe ausschlaggebend, sondern die Lage des Marktes im 1. Stock. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Christine Knoß, stört sich außerdem an den vielen eingeplanten Parkplätzen und dem offenen Parkdeck unter dem Markt. Dieses biete sich geradezu an für abendliche Treffen, gepaart mit Alkoholkonsum.

Betroffene Anwohner und Immobilieneigentümer, die sich in einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen haben, reagieren entsetzt. Da bisher nur hinter verschlossenen Türen über den Antrag diskutiert wurde, sprechen sie von einer „geheimen Hundertachtziggradwendung der Gemeinderäte, die nicht die Interessen der Oststadtbürger berücksichtigen, sondern im Interesse von Lidl arbeiten“. Die Initiative befürchtet, dass mit einer Zustimmung „der bereits abgelehnte Koloss oder sogar noch größere Kolosse wieder möglich wären.“ Im September haben die Sprecher der Initiative, Günter Butschbacher, Dr. Thomas Kauth und Eike Sautter, Lidl schriftlich um einen Gesprächspartner gebeten, um im Zuge der Neubaupläne über die Belange der Bürger sprechen zu können. „Leider hat Lidl bis heute nicht reagiert“, bedauert die Initiative.

Info: Der Gemeinderat tagt heute ab 17 Uhr im Kulturzentrum. Lidl steht an dritter Stelle der Tagesordnung.