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Neuer Name für alte Nussdorfer Mühle sorgt für Verärgerung

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Die „Sorgenmühle“ heißt nun, auf Wunsch der neuen Eigentümer, „Kreuzbachmühle“. Bei vielen Nussdorfern sorgt der interne Vorgang für Aufruhr, sie fühlen sich in ihrer Identität angegriffen, heißt es.

Eberdingen. Noch immer hält die Baden-Badener Maklerfirma „AugustA“ das Angebot im Netz: „einzigartige Lage, märchenhafte Kulisse, 180 m² große unterirdische Wellnessoase, zehn Zimmer plus Einliegerwohnung, drei Gebäude mit 422 m² Wohnfläche auf 3,3 Hektar Grund“ sind Eckpunkte der Objektbeschreibung. Tatsächlich zu haben ist die für 3,5 Millionen Euro angebotene, „außergewöhnliche Luxusimmobilie Sorgenmühle“ allerdings nicht mehr. Sie hat einen neuen Eigentümer, wobei sie, wie Bürgermeister Peter Schäfer in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates sagte, „nicht unterpreisig“ verkauft wurde.

Weg ist allerdings auch der historische Name. Er stammt aus einer Zeit, als dort das Mehl für das Brot der Menschen in der gesamten Grundherrschaft gemahlen wurde. Und zwar ausschließlich hier, denn die Sorgenmühle war als sogenannte Bannmühle und dem damit verbundenen „Mühlenzwang“ für die Bauern die alternativlose Pflichtadresse. Es ist also mehr als nur ein Name – und nun mit einem Federstrich in nicht öffentlicher Sitzung getilgt und durch „Kreuzbachmühle“ ersetzt.

Widerspruch von Ortshistorikern

Der Vorgang fliegt Verwaltung und Gemeinderat jetzt mächtig um die Ohren. In Nussdorf, auf dessen Gemarkung sich das Kulturdenkmal befindet, habe der Beschluss für einen regelrechten „Aufruhr“ gesorgt, wie Friedrich Schurr für die Riege der Ortshistoriker nun im Rahmen der „Einwohnerviertelfragestunde“, berichtete. Schurr monierte, dass die Änderung am 13. Januar im Mitteilungsblatt „ohne Begründung“ bekannt gemacht wurde.

Besonders sauer stieß ihm auf, dass dabei „der Eindruck erweckt wurde“, die Ortshistoriker, die die Geschichte der Sorgenmühle gründlich erforscht haben, seien mit der Änderung einverstanden gewesen: „Ja, gibt’s denn so was! Wir waren keineswegs einverstanden!“, stellte Schurr klar. Er berichtete von „heftigen Reaktionen“ im Ort, von „Entsetzen über diese Frechheit“, und zwar „nicht nur von einzelnen Stimmen, sondern auf breiter Front“. Er habe sich nicht vorstellen können, „was das in Nussdorf für einen Aufruhr verursacht“. Offensichtlich fühlten sich die Menschen „durch diesen Verwaltungsakt in ihrer Nussdorfer Identität, in ihrem Heimatgefühl angegriffen“. In dieser Identität gehöre die Sorgenmühle zu einem „Ensemble wie die Heilig-Kreuz-Kirche, das Rathaus oder das Hardtwäldle“.

„Tragweite nicht erkannt“

Bürgermeister Peter Schäfer räumte ein, dass er „die große Tragweite der Namensänderung so nicht erkannt“ habe, was er in der Folge dreimal wiederholte. Angesichts der offenbar gewordenen „Befindlichkeit wüsste ich nicht, ober wir das noch machen würden“. Auslöser gewesen sei „der Änderungswunsch der neuen Eigentümer, für die ‚Sorgenmühle‘ negativ beladen war“. Nichtöffentlich sei der Beschluss aus Gründen des Datenschutzes erfolgt. Im Übrigen hätten Vermessungs- und Landesdenkmalamt keine Einwände erhoben, „weil es im weiten Umfeld keine Kreuzbachmühle gibt“.

Dies aber wollte Veronika Wernstedt (SPD/Grüne Liste) so nicht stehen lassen, als das Objekt im nächsten Punkt auf der Tagesordnung des öffentlichen Teils der Sitzung stand: „Bauvorhaben – Nutzungsänderung und Umbau eines Stallgebäudes zur Schaffung einer Wohnung“. Wernstedt sagte: „Mir genügt diese Antwort nicht. Ich hätte nie und nimmer zugestimmt, wenn ich Genaueres gewusst hätte! Aber wir hatten keine Gelegenheit zur Vorbereitung, weil das in die nichtöffentliche Sitzung reingekommen ist.“ Sie fügte hinzu: „Das Ganze hat mich jetzt tief bewegt. Ich entschuldige mich dafür, dass ich dafür gestimmt habe.“

Sie regte an, auf neue Beschilderungen zu verzichten und auch den Namen der Straße nicht zu ändern. Das sagte Schäfer zu, denn „die Schilder stehen auf öffentlicher Fläche und der Name kann so bleiben“. Nach diesem Stand wird der Weg zur „Kreuzbachmühle“ weiter über die Straße „Sorgenmühle“ führen. Und auch die Post hat weiterhin an „Sorgenmühle1“ zu gehen. Ein Adressname, der laut Schäfer „aus Sicht des Eigentümers, der sich hier wohlfühlen will, als „negativ beladen empfunden wird“.

Dem beantragten Bauvorhaben wurde „kein Einvernehmen“ erteilt, bei zwei Enthaltungen. Dies erfolgte entgegen der Empfehlung der Verwaltung und von Bauamtsleiter Steffen Heinrichsdorff, der das Ganze für genehmigungsfähig hielt. Für das Gremium aber waren, da es sich um Maßnahmen in einem als landwirtschaftlich definierten Außenbereich handelt, zu viele Fragen offen. Diese gelte es zunächst zu klären. Bernd Hasenmaier (CDU) befand: „Es gilt gleiches Recht für alle.“