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Spezialisten arbeiten fachübergreifend zusammen
Neues Zentrum macht Krebskranken im Kreis Ludwigsburg Hoffnung

In der Diagnostik der Radiologie wird mit Hilfe der Magnetresonanztomographie ein Tumor festgestellt. Foto: dpa
In der Diagnostik der Radiologie wird mit Hilfe der Magnetresonanztomographie ein Tumor festgestellt. Foto: dpa
Seit einem Jahr ist an den Kreiskliniken in Ludwigsburg und Bietigheim das Krebszentrum Nordwürttemberg am Start. Für Patienten bedeutet das offenbar mehr Lebensqualität und Selbstbestimmung.

Kreis Ludwigsburg. Für Betina G. ist es ein Schock, als sie Anfang des Jahres auf die Palliativstation des Klinikums Ludwigsburg kommt. Die 59-Jährige hat Krebs, unheilbar, wie ihr die Ärzte mitteilen. „Palliativstation?“, geht es ihr durch den Kopf. „Da kommen doch nur Menschen hin, die sterben. Mit mir ist es aber noch nicht so weit. Hat man mich aufgegeben?“

Mittlerweile hat sich ihre Sicht auf die Palliativmedizin, die Patienten Lebensqualität und Selbstbestimmung bieten soll, offenbar gewendet. „Man wartet hier nicht auf den Tod“, sagt Betina G. Sie begreift die Palliativmedizin nun als Startblock: Sie will mit der Hilfe aus Ludwigsburg den Krebs ausbremsen und ihren Platz im Leben zurückerobern. Ihre Freude und Hoffnung hat Betina G. nach eigenen Angaben trotz der unheilbaren Erkrankung wiedergefunden.

Für die Chemotherapie gibt es jetzt eine gemeinsame Station

Möglich macht das ein Projekt, das die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim im März 2022 an den Start bringen: Das neu gegründete Krebszentrum Nordwürttemberg, das einen Monat später den Betrieb aufnimmt. Die Aufgabe: Die fachübergreifende Zusammenarbeit der von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Organkrebszentren sowie aller an der onkologischen Versorgung beteiligten Kliniken und Institute zu koordinieren und Kompetenzen zu bündeln.

Während die Chemotherapien ursprünglich auf den Stationen der einzelnen Fachabteilungen erledigt wurden, finden sie seither auf einer gemeinsamen Krebsstation statt. Neben dem seit mehreren Jahren bestehenden ambulanten Tumorzentrum ist die neue interdisziplinäre Krebsstation laut den Kreiskliniken das zweite Standbein einer umfassenden Behandlung. „Es ist uns schon nach einem Jahr gelungen, die Zusammenarbeit mit allen an der Patientenversorgung beteiligten Berufsgruppen und Einrichtungen innerhalb und außerhalb der Kliniken zu verbessern“, sagt der Koordinator Dr. Matthias Ulmer, der Spezialist für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie in Ludwigsburg ist.

Der Ansatz ist ganzheitlich: Naturheilkunde und Ernährungsberatung finden auch ihren Platz

Der Anspruch der Mediziner: Eine qualitativ hochwertige Versorgung von Krebspatienten von der Diagnostik und Therapie bis zur Nachsorge. In einer fachübergreifenden Sprechstunde legen Strahlentherapeuten, Internisten, Urologen oder Gynäkologen mit den Patienten die weiteren tumorspezifischen Behandlungen fest. Dazu gehören Antikörpertherapie, Strahlentherapie, Chemotherapie oder Operation.

Außerdem setzen die Mediziner des Krebszentrums auf einen ganzheitlichen Behandlungsansatz mit Naturheilkunde, Ernährungsberatung oder Sport. Bewährt haben sich offenbar auch sogenannte Onko-Lotsen. Das sind speziell weitergebildete Pflegekräfte, die Patienten über die gesamte Krebsbehandlung hinweg begleiten – von der Operation über die Bestrahlung bis zur Chemotherapie. Dabei werden auch niedergelassene Ärzte im Landkreis einbezogen.

Für Betina G. ist ein Leben außerhalb der Klinik wieder möglich

Die Palliativmedizin in Ludwigsburg unterstützt, wenn die Tumorerkrankung nicht mehr heilbar ist. Der Mediziner Ulmer sagt: „Jeder Krebspatient soll Zugang zur bestmöglichen Diagnostik und Therapie sowie palliativen Versorgung auf dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens erhalten.“

Betina G. ermöglicht die Palliativmedizin, wieder nach Hause gehen zu können. Das schien vor einigen Wochen noch unmöglich zu sein. Die Patientin will ihr Leben außerhalb der Klinik mit ihrer Familie genießen und sich noch den einen oder anderen Traum erfüllen. „Ich bin dankbar für die Unterstützung, die ich im Krebszentrum erhalten habe“, sagt sie. „Die offenen Gespräche mit den Ärzten und der Pflege haben meine Angst und Scham genommen.“ Um ihre Krankheit weiter zu bekämpfen, setzt sie ihre Chemotherapie nach der Entlassung im Krebszentrum Nordwürttemberg fort.