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Denkmalpflege
Ochsen in die Champions League

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350_0900_26957_13_08_20_Wolschendorf_41.jpg Foto: Holm Wolschendorf, privat
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Nach Jahren des Stillstands kehrt jetzt neues Leben in die alte Schwieberdinger Traditionsgaststätte Ochsen ein. Spezialisten lassen unter Fachwerk 15 neue Wohnungen entstehen.

Schwieberdingen. Die wechselvolle Geschichte des Schwieberdinger Ochsen nimmt ihren Anfang vor fast 400 Jahren, als ein Landwirt auf dem Gelände eine Hofstatt errichtet. Später erwirbt ein Metzger das Anwesen und schafft eine Herberge. Der Ochsen wird Gaststätte, Poststation und Pferdewechselstelle mit zeitweise bis zu 30 Tieren. In den 1960er Jahren hört das Herz des Ochsen dann auf zu schlagen. Der Gaststättenbetrieb wird aufgegeben, um die denkmalgeschützte Immobilie, die zusehends verfällt, wird es ruhig.

Doch jetzt bekommt der Ochsen offenbar einen Schrittmacher. Eine Projektgesellschaft, die sich auf solche Fälle spezialisiert hat, will der Traditionsgaststätte neues Leben einhauchen und auf rund 1500 Quadratmetern 15 Wohnungen in dem stattlichen Anwesen unterbringen – neun im Haupthaus, sechs in der alten Scheune. Der Generalbevollmächtigte Matthias Marte sagt unserer Zeitung: „Dem Haus seinen Charakter zu belassen und an heutige Wohnverhältnisse anzupassen, macht den Charme dieser Aufgabe aus.“

Seine Firma tritt in Schwieberdingen als Bauherrin und Bauträgerin auf. Derzeit wandelt sie auch eine alte Mälzerei bei Augsburg um und steht in Potsdam vor der Fertigstellung eines historischen Objekts in der Nähe des Schlosses Sanssouci. „Das ist Leidenschaft pur“, sagt der Experte Marte, „die Champions League des Bauens.“

In Schwieberdingen ist der alte Ochsen bereits vollständig entkernt, ein Nebenhaus hat die Projektgesellschaft abreißen lassen, damit hier Raum für 17 Stellplätze frei wird. Auch die Baugenehmigung liegt laut Marte vor. Derzeit befindet er sich mit Brandschützern, Statikern und Architekten in der Ausführungsplanung. Spezialisten sollen auch das Fachwerk im Ochsen reparieren und altes Material nach Möglichkeit recyceln. „Einen neuen Dachstuhl auf eine Immobilie zu setzen, das kann jeder“, sagt Marte. „Um aber in alter Bausubstanz zu arbeiten, braucht es Erfahrung.“

Der Generalbevollmächtigte hat es sich zum Ziel gesetzt, dass die neuen Wohnungen, die zwischen knapp 70 und gut 130 Quadratmeter groß sein werden, Ende des kommenden Jahres bezugsfertig sind. Das Projekt will er bis Frühling 2022 abschließen.

Der Schwieberdinger Bürgermeister Nico Lauxmann sagt unserer Zeitung: „Ich habe ein gutes Gefühl.“ Er hat in der Vergangenheit miterlebt, wie andere Projekte gescheitert sind. Einmal sollte in den alten Ochsen ein Café einziehen, ein anderes Mal seniorengerechte Wohnungen. In den vergangenen Jahren hat die Gemeinde ihre Ortsdurchfahrt, an der auch der Ochsen liegt, im großen Stil modernisiert. Die Umwandlung der Traditionsgaststätte wäre für Lauxmann nun „die Krönung“ dieses Projekts.

Auf dem Immobilienmarkt kommt das Vorhaben offenbar blendend an. Laut dem Experten Marte liegen die Verkaufspreise in dem Anwesen zwischen rund 360000 und 700000 Euro. Zugeschlagen hätten vor allem Kapitalanleger, aber auch zwei Eigennutzer aus Schwieberdingen. Zwei der 15 Wohneinheiten seien noch zu haben. „Bei aller Leidenschaft wollen wir mit dem Ochsen aber auch Geld verdienen.“