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Pfingstmontag
Ölmühle Jäger in Marbach öffnet am Mühlentag: Altes Handwerk ist wieder gefragt

Manfred Widler (links) und Fritz Jäger zeigen, wie die Pressen einst mit Platten aus Stahl und Pferdehaar bestückt wurden. Foto: Andreas Becker
Manfred Widler (links) und Fritz Jäger zeigen, wie die Pressen einst mit Platten aus Stahl und Pferdehaar bestückt wurden. Foto: Andreas Becker
Mit der Quetschwalze (links) wurden die Saaten aufgebrochen. Die Hydraulikpumpe trieb die Pressen an. Foto: Andreas Becker
Mit der Quetschwalze (links) wurden die Saaten aufgebrochen. Die Hydraulikpumpe trieb die Pressen an. Foto: Andreas Becker
Am Deutschen Mühlentag gibt die Ölmühle in der Marbacher Altstadt wieder Einblicke in die Ölproduktion in früheren Zeiten. Das Sonnenblumenöl, das kürzlich in den Supermarktregalen knapp wurde, spielte damals noch keine Rolle. Sorten, die man heute gern verzehrt, dienten dagegen anderen Zwecken.

Marbach. Aufgrund der jüngsten Knappheit von Mehl und Öl in den Supermarktregalen könnte der alljährliche Deutsche Mühlentag an diesem Pfingstmontag besonders viele Interessierte anlocken. Auch die Ölmühle Jäger in Marbach öffnet wieder ihre Türen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist das Gebäude im Besitz der Familie von Fritz Jäger. Ab dem Jahr 1906 war die Ölmühle dort einer der ersten elektrifizierten Betriebe. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie Stück für Stück stillgelegt, da große Konzerne den Markt übernahmen.

Doch derzeit gibt es eine Trendwende: Die Nachfrage nach lokal hergestellten und ausgefallenen Ölsorten steigt. Ob sich der Nachfahr der Ölmüller-Familie daher vorstellen kann, wieder mehr als die derzeit überschaubaren Mengen zu besonderen Anlässen zu produzieren? „Wenn ich noch ein weiteres Leben hätte“, sagt Fritz Jäger. Denn es sei interessant zu sehen, wie sich Manufakturen wieder auf dem Markt positionieren: „Das sind Nischen, die neu besetzt wurden.“

Früher Mohnöl beliebt, aber Sonnenblumenöl unbekannt

Doch als Kulturdenkmal betreibt der Marbacher die Ölmühle in der Altstadt nach wie vor mit großem Elan und hat sich auch für diesen Mühlentag wieder etwas Neues einfallen lassen. Neben Leinöl werden Bio-Leinmehl mit Rezepten sowie Low-Carb-Brot aus diesem Mehl verkauft. Auch früher verarbeitete die Ölmühle neben anderen Ausgangsstoffen Lein. Das heute verbreitete Sonnenblumenöl spielte in Württemberg dagegen lange Zeit überhaupt keine Rolle. „Mohnöl war das Speiseöl der bäuerlichen Gesellschaften“, weiß Fritz Jäger. Man habe dazu auch oft einfach „Salatöl“ gesagt. Rund zwei Kilogramm Mohn brauche man für einen Liter. Auch dieses Öl gibt es in Marbach noch hin und wieder zu kaufen, ebenso wie Hanf- und Walnussöl. Bucheckern verarbeitete man laut dem Experten aufgrund des hohen Sammelaufwands und der geringen Ergiebigkeit nur in Notzeiten.

Fritz Jäger und Manfred Widler sind seit der Kindheit mit der Mühle verbunden

Die heute so beliebten Raps- und Leinöle waren lange Zeit vor allem Gebrauchsöle und dienten als Schmierstoff beziehungsweise zum Imprägnieren von Holz. Auch Buchdruckerschwärze wurde mit Leinöl angerührt. Das lag auch daran, dass diese Öle nach dem Pressen nicht direkt verzehrt werden konnten, sondern erst noch auswärts hätten raffiniert werden müssen. „Das Mohnöl braucht dagegen keine Raffinierung und kann von der Presse direkt auf den Tisch“, so der Marbacher Manfred Widler, der an der Mühlentechnik quasi jede Schraube kennt. „Man muss es nur noch ein paar Stunden absacken lassen“, ergänzt Fritz Jäger. Mit der Ölmühle ist auch Manfred Widler schon lange verbunden: „Ich habe hier als Kind Öl gekauft.“ Er erinnert sich, wie er immer noch ein Stück Mohnkuchen gegessen hat, also Presskuchen, der bei der Ölherstellung anfällt. Dieser habe geschmeckt wie Strudel. Der Presskuchen von Raps und Lein wurde dagegen an Tiere verfüttert.

An Technik ist in der Ölmühle etwa eine Quetschwalze zu sehen, mit der die Saaten aufgebrochen wurden, sowie Presszylinder, in die sie dann eingefüllt und nach oben gegen einen massiven Stempel gedrückt wurden. Warum dabei Platten aus Pferdehaar zum Einsatz kamen, kann man am Mühlentag erfahren. Zudem werden dann auch wieder Miniaturmodelle anderer Mühlen zu sehen sein.

Info: Die Marbacher Ölmühle Jäger, Obere Holdergasse 2, ist am Pfingstmontag, 6. Juni, von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Besichtigen kann man sie zudem am letzten Sonntag jedes Monats von 14 bis 17 Uhr. Führungen auf Anfrage.