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Prozess
Polizistin mit Nagelpistole bedroht

Nur durch drei gezielte Schüsse in den Arm konnte die Polizei einen 31-jährigen Mann in seiner Wohnung in Erdmannhausen dazu bringen, eine Nagelpistole wegzulegen. Jetzt sitzt der 31-Jährige auf der Anklagebank des Heilbronner Landgerichts wegen massiven und bewaffneten Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte – in schuldunfähigem Zustand.

Erdmannhausen. Am Nachmittag des 24. April dieses Jahres hatten sich mehrere Autobesitzer aus Erdmannhausen bei der Polizei gemeldet und von zahlreichen zerstochenen Reifen berichtet. Nach Zeugenhinweisen und intensiver Ermittlungsarbeit richtete sich der Verdacht schnell gegen den 31-Jährigen. Daraufhin suchte eine Polizeistreife den bereits als psychisch krank bekannten Mann in seiner Wohnung in Erdmannhausen auf, wollte ihn befragen und mitnehmen. Die Befragung entwickelte sich letztlich zu einem Großeinsatz, in dessen Verlauf dann auch die Schüsse fielen und der 31-Jährige festgenommen wurde.

Gefesselt an Händen und Beinen wurde der Mann gestern zur Verhandlung in den Gerichtssaal geführt. Angesichts der Coronapandemie mussten alle Zuhörer einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Im Zimmer verbarrikadiert

Laut Heilbronner Staatsanwaltschaft soll sich der Mann im April nämlich zunächst in seinem Zimmer verbarrikadiert und erst nach mehrfacher Aufforderung die Tür geöffnet haben. Die angerückten Beamten waren zuvor nahe daran, die Tür mit einem Vorschlaghammer gewaltsam zu öffnen. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, soll er mit einer Nagelpistole auf einen der Beamten gezielt haben. Durch das Auslösen einer Patrone werden mit diesem Werkzeug im Baugewerbe die Nägel in Holz und auch in Beton getrieben – sie gelten bei unsachgemäßer Handhabung als lebensgefährlich. Angesichts dieser Bedrohung und dem Umstand, dass der 31-Jährige sich weigerte, die Waffe wegzulegen, blieb der Polizistin nichts anderes übrig, als zur Schusswaffe zu greifen. Mit drei Schüssen, von denen einer den Arm des Mannes durchschlug, wurde der Angeklagte kampfunfähig gemacht.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen den 31-Jährigen jetzt vor der 13. Großen Strafkammer das sogenannte Sicherungsverfahren beantragt. Im Gegensatz zum normalen Strafverfahren wird dabei nur noch festgestellt, ob der Angeklagte infolge einer schweren psychischen Erkrankung zur Tatzeit erheblich vermindert schuldfähig war oder gar gänzlich als schuldunfähig gilt. Bei Letzterem wäre auch die Gefährlichkeit für die Allgemeinheit zu bejahen, weshalb der Angeklagte dann in eine entsprechende psychiatrische Einrichtung eingewiesen werden müsste. Bisher sei bekannt, so die Antragschrift der Staatsanwaltschaft, dass er an einer chronischen paranoiden Schizophrenie leidet und die Gefährlichkeit bejaht. Dazu soll im Laufe es Verfahrens ein psychiatrischer Sachverständiger gehört werden, der jedoch gestern noch nicht anwesend war.

Angeklagter ist in Behandlung

Diesen Unterbringungsantrag hat die Anklagebehörde bereits am gestrigen ersten Verhandlungstag gestellt. Inzwischen soll auch schon bekannt sein, dass sich der 31-Jährige seit einiger Zeit in entsprechender Behandlung befindet. Für die Klärung der Hintergründe des Geschehens vom 24. April haben die Richter der Strafkammer nicht nur die betroffenen Polizeibeamten, sondern auch Zeugen aus dem Umfeld des Beschuldigten geladen.

Allerdings ist das Verfahren nach Verlesung der Antragschrift auf den 3. November vertagt worden. Dann soll auch der Sachverständige anwesend sein.