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Kinder- und Jugendarbeit
Schon Grundschüler lernen im PKC

Emma Schmid vom PKC zeigt den Grundschülern die hebräischen Buchstaben. Foto: privat
Emma Schmid vom PKC zeigt den Grundschülern die hebräischen Buchstaben. Foto: privat
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Das Pädagogisch-Kulturelle Centrum in Freudental versteht sich seit jeher als Ort des Lernens, die Jugendarbeit spielt deshalb schon immer eine große Rolle. Doch während bisher vor allem ältere Schüler die Ehemalige Synagoge besuchen, arbeitet das PKC nun auch mit Freudentaler Grundschülern zusammen. Sie sollen so an die Geschichte und Kultur ihres Heimatortes herangeführt werden.

Freudental. Zwei Zahlen belegen anschaulich, welchen Stellenwert die Kinder- und Jugendarbeit im Pädagogisch-Kulturellen Centrum in Freudental hat: Im vorigen Jahr haben mehr als 700 Schüler das PKC besucht und beispielsweise Führungen mitgemacht. Die erwachsenen Gäste waren mit 800 nur unwesentlich mehr. „Die Kinder- und Jugendarbeit ist eine Säule von vielen im PKC“, sagt Michael Volz, der Leiter für Pädagogik und Kultur. Aber eine überaus bedeutsame. Gerade in heutigen Zeiten, wo es wieder vermehrt antisemitische Übergriffe gebe, sei es wichtig, junge Erwachsene anzusprechen und für die Thematik zu sensibilisieren, ergänzt Emma Schmid, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr im PKC absolviert.

Eine wichtige Zielgruppe sind dabei Schüler. Hier empfängt Michael Volz vor allem Jugendliche, die die weiterführenden Schulen besuchen und im Unterricht schon den Nationalsozialismus behandelt haben. Das mache durchaus Sinn, sagt er, denn die älteren Schüler könnten die Thematik besser einordnen. Vor einiger Zeit aber hat sich das PKC eine neue, jüngere Zielgruppe erschlossen: Seit Einführung der Ganztagsgrundschule in Freudental vor rund eineinhalb Jahren kooperieren PKC und Schule miteinander. Mit einem Vertrag soll diese Kooperation am 10. Februar bestätigt werden.

Im Rahmen des Ganztagsangebots können die Grundschüler zwischen Kursen verschiedener Vereine und Organisationen wählen (wir berichteten). Ein Angebot kommt dabei vom Pädagogisch-Kulturellen Centrum und beschäftigt sich mit dem hebräischen Alphabet. Einmal in der Woche findet der Kurs im PKC statt; aktuell nehmen vier Grundschüler daran teil, im vorigen Halbjahr waren es elf. Dabei versucht Michael Volz, in jedem Halbjahr andere Schwerpunkte zu setzen.

Kindgerecht sollen die Schüler auch an die Geschichte und Kultur Freudentals herangeführt werden. So lernen die Grundschüler zum Beispiel, warum es eine Synagoge und einen jüdischen Friedhof gibt und welche Bedeutung diese heute noch im Ort haben. Ähnliche Angebote hatte das PKC auch schon im Zuge des Sommerferienprogramms der Gemeinde gemacht, das sich ebenfalls an jüngere Schüler richtet. „Die Kinder stolpern im Alltag über die Orte mit jüdischer Vergangenheit, wissen aber mitunter gar nichts darüber“, sagt Volz. Er berichtet von Kindergartenkindern, die regelmäßig am jüdischen Friedhof vorbeikamen und mehr darüber wissen wollten. Die Kita kam auf Volz zu, der sofort einwilligte und alle Fragen beantwortete.

Eine so junge Zielgruppe ist freilich die Ausnahme, aber genau hier setze das PKC an. „Wir versuchen, regional zu denken“, sagt Volz. Dazu gehört auch, dass mit den Ganztagsgrundschülern gemeinsam wichtige Gedenktage und Feste gefeiert werden. Im vorigen Jahr hat eine Gruppe beispielsweise an der Gedenkfeier „80 Jahre Reichspogromnacht“ teilgenommen. In diesem Sommer feiert das PKC 250 Jahre Grundsteinlegung – auch hier sollen die Schüler mit eingebunden werden.

Parallel zu den Angeboten des PKC wird auch im Schulunterricht über „Jüdisches Leben in Freudental“ gesprochen, heißt es im Entwurf der Kooperationsvereinbarung mit der Grundschule. Und weiter: „Die Partnerschaft ist ein wichtiger Bestandteil des Schullebens. Der regelmäßige Kurs ’Aleph Beth‘ im PKC bereichert das Angebot der Ganztagsschule.“

Daneben läuft in der Ehemaligen Synagoge aktuell noch ein weiteres Jugendprojekt mit dem Namen „Fluchtperspektiven“, das FSJlerin Emma Schmid betreut. Dabei geht es um die Transporte, mit denen von 1938 bis 1939 rund 10.000 jüdische Kinder nach England gebracht wurden. Ein Kind war Suse Underwood aus Heilbronn, die 1938 nach England kam. Ihren Fluchtweg will Emma Schmid mit interessierten Jugendlichen nachfahren: von Stuttgart über Köln in die Niederlande bis nach London. Dort werden sich die Teilnehmer weiter mit dem Lebensweg von Suse Underwood beschäftigen, die über 60 Jahre in der britischen Hauptstadt gelebt hat. Im vorigen Jahr ist sie gestorben. Geplant ist die Reise Anfang der Sommerferien. Dazu finden mehrere Vorbereitungstreffen statt, darunter eine Gedenkveranstaltung für Suse Underwood, zu der auch Angehörige kommen werden. Zurzeit stellen Emma Schmid und Michael Volz das Projekt in den Schulen der Region vor, noch gibt es freie Plätze.

All die Angebote für Kinder und Jugendliche sollen auch dazu beitragen, das PKC längerfristig noch stärker für eine jüngere Zielgruppe zu erschließen. „Viele unserer Besucher sind mit dem PKC gewachsen“, sagt Volz. „Deshalb ist es wichtig, dass wir auch jüngere Leute ansprechen und für unser Programm interessieren.“

Info: Wer sich für das Projekt „Fluchten aus Freudental – auf den Spuren der Kindertransporte“ interessiert, kann sich per E-Mail bei Emma Schmid melden: fsj@pkc-freudental.de.