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Starkregen
Schutz vor Überschwemmungen: Winzerhäuser drängen Stadt Großbottwar zum Handeln

Die Seewiesenstraße in Winzerhausen ist nach dem Unwetter getrocknet, doch die mitgeschwemmte Erde zeichnet sich noch ab. Foto: Holm Wolschendorf
Die Seewiesenstraße in Winzerhausen ist nach dem Unwetter getrocknet, doch die mitgeschwemmte Erde zeichnet sich noch ab. Foto: Holm Wolschendorf
Sandsäcke gehören für die Bewohner der neuen Häuser am Anfang der Seewiesenstraße zur Grundausstattung, denn Überschwemmungen sind dort kein Einzelfall. Foto: Holm Wolschendorf
Sandsäcke gehören für die Bewohner der neuen Häuser am Anfang der Seewiesenstraße zur Grundausstattung, denn Überschwemmungen sind dort kein Einzelfall. Foto: Holm Wolschendorf
Das Unwetter mit Überschwemmungen vor gut einer Woche hatte auch den Großbottwarer Teilort Winzerhausen getroffen. In der Einwohnerfragestunde machten nun zahlreiche Anwohner der Seewiesenstraße ihrem Ärger Luft und der Verwaltung Vorwürfe, aber auch Lösungsvorschläge.

Großbottwar. Wenn der Gemeinderat einmal im Jahr in den Teilorten Station macht, sind die Einwohner in der Fragestunde traditionell besonders aktiv. In der jüngsten Sitzung in Winzerhausen meldeten sich nun gleich zehn Bürger zu Wort, die das Hochwasser bewegte. Acht von ihnen wohnen in der Seewiesenstraße, einem Tiefpunkt, an dem das Wasser bei Unwettern regelmäßig zusammenläuft. So auch am 19. Mai.

„Wir haben jedes Jahr seit 2019 Überflutungen. Das Problem wird immer schwerwiegender“, begann eine Anwohnerin. „Wir machen uns große Sorgen“, so ein weiterer Winzerhäuser. Ihre Häuser seien bei Regen eine Art Sammelbecken, eine Viertelstunde lang laufe das Wasser nicht ab und deshalb in die Garagen. Sogar den Estrich des Hauses habe es nun erwischt. Seine Kinder hätten gesagt: „Ich will da nicht mehr wohnen.“

Bereits 2019 offenen Brief an den Bürgermeister geschrieben

Dass in der Seewiesenstraße ein Problem besteht, gab Bürgermeister Ralf Zimmermann unumwunden zu. Doch Hoffnung auf eine allzu schnelle und umfassende Lösung gab er den Anwohnern nicht: „Den Kanal werden wir in den Griff kriegen, aber das Oberflächenwasser nicht.“ Das Kanalnetz von Großbottwar wird derzeit nach Untersuchungen und Simulationen umfangreich saniert. In Hof und Lembach sind die Arbeiten ganz abgeschlossen, in Winzerhausen zu etwa 80 Prozent, die Kernstadt soll in Abschnitten folgen. In der Seewiesenstraße stehen noch Maßnahmen aus.

Das Problem betrifft vor allem die beiden Häuser, die vor noch nicht allzu langer Zeit am Anfang der Straße am Feldrand gebaut wurden. Dort wohnt auch Katrin Frank, mit der unsere Zeitung stellvertretend für die anderen Anwohner gesprochen hat. Sie hatte in der Einwohnerfragestunde daran erinnert, dass sie bereits 2019 einen offenen Brief an den Bürgermeister geschrieben und ihm darin ein Starkregenkonzept ans Herz gelegt hätten. Auf ihren Videos vom Tag des Unwetters ist zu sehen, wie das braune Wasser aus quasi allen Richtungen auf diese Häuser zuläuft und Autos vor den Garagen bis zur Radmitte darin stehen. Zudem komme das Wasser aus den Gullys, da es die Kanalisation nicht packe. „Sobald es eine Unwetterwarnung gibt, sitzen wir auf heißen Kohlen, die Sandsäcke liegen bereit“, so Katrin Frank. Zwar habe es diesmal etwa den Sauserhof stärker erwischt, sie seien dagegen regelmäßig betroffen. Die Anwohner wünschen sich daher zum einen langfristig ein Gesamtkonzept, aber eben auch eine zeitnahe Lösung für ihre Seewiesenstraße.

Stadt will Starkregenkonzept als dritte Säule des Hochwasserschutzes angehen

„Es gibt dort planungstechnisch ein paar Punkte, an die wir rangehen möchten“, so der Bürgermeister. Bereits seit einer Weile ist im Gespräch, ein Kanalstück umzuklemmen, um das Oberflächenwasser in eine andere Richtung abzuführen. „Ich hoffe, dass wir die Situation so deutlich verbessern“, so Ralf Zimmermann. „Aber ich betone noch einmal: Es zu 100 Prozent in den Griff zu bekommen, wird schwierig.“ Er verwies auch auf die beiden weiteren Säulen des Hochwasserschutzes der Stadt – die bestehenden Rückhaltebecken zur Regulierung der Bottwar und ihrer Zuflüsse sowie das noch anzugehende Starkregenkonzept. „Das ergibt aber nur Sinn, wenn das andere bereits funktioniert.“

Den Anwohnern geht das alles aber nicht schnell genug. „Vor zwei Jahren wurde angekündigt, dass Rohre gelegt werden, aber bisher ist noch nichts geschehen“, hieß es weiter. Auch von im Wasser schwimmenden Ratten war die Rede. Die Aufräumarbeiten gingen den Anwohnern ebenfalls zu langsam voran: „Es ist unhygienisch, es stinkt.“ Diesen Vorwurf wollte Ralf Zimmermann so nicht stehen lassen. Der Bauhof sei seit dem Unwetter mit nichts anderem beschäftigt gewesen, als den öffentlichen Raum zu reinigen. Dass er selbst nicht im Teilort gewesen sei, stimme nicht: „Selbstverständlich war ich vor Ort. Sehen Sie es mir nach, dass ich nicht überall geklingelt habe.“

Noch ein Regenrückhaltebecken, häufigere Gullyreinigung oder Bach ausbaggern?

Den Vorschlag, ein drittes Regenrückhaltebecken zu bauen, hielt der Bürgermeister nicht für sinnvoll: „Man kann ein Becken nicht irgendwo in die Landschaft klatschen.“ Die Abwasserbewirtschaftung sei zudem stark reglementiert und man müsse das Gesamtsystem betrachten. „Ich würde Sie anlügen, wenn ich sage, wir bauen mal kurz einen anderen Kanal und die Situation ist gut.“ Er versicherte zudem, dass eine Firma beauftragt ist, mehrmals im Jahr die Gullys zu reinigen, doch aus Sicht der Anwohner werden einige gern mal vergessen, da sie versteckt liegen. Ortschaftsrätin Irene Siegwart (CDU), die eine Straße höher wohnt, regte an, den Bach ab dem Kindergarten in der Raiffeisenstraße auszubaggern, damit das Wasser besser abfließen kann.

„Naturschutzrechtlich ist das nicht immer so einfach“, sagte der Bürgermeister dazu auf Nachfrage unserer Zeitung. Doch in Sachen Gehölzpflege habe man bereits einiges getan. Laut dem Allgemeinen Kanalisationsplan für das Stadtgebiet sei kein neues Regenüberlaufbecken erforderlich, darauf verlasse er sich. Da der Kanal, der Abhilfe schaffen soll, durch Privatgrundstücke führen wird, arbeite man gerade die erforderlichen Verträge aus. „Was wir planen, hätte eine gewisse Entlastung gebracht“, sagt er zur jüngsten Überschwemmung. Ein Treffen mit den Anwohnern vor Ort soll nun zeitnah stattfinden. Dabei wollen diese weitere eigene Ideen einbringen.