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Führerscheinabgabe
Senioren sollten die Aufgabe der Fahrerlaubnis genau überlegen

Das Verkehrsministerium appelliert an Menschen ab 65 Jahren, ihren Führerschein für ein ÖPNV-Ticket zu tauschen. Foto: Felix Kästle/dpa
Das Verkehrsministerium appelliert an Menschen ab 65 Jahren, ihren Führerschein für ein ÖPNV-Ticket zu tauschen. Foto: Felix Kästle/dpa
Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart rät vom freiwilligen Verzicht ab

Kreis Ludwigsburg. Verkehrsminister Winfried Hermann (69) wirbt dafür, dass Seniorinnen und Senioren über 65 auf den Führerschein verzichten und auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) umsteigen. Dafür gibt es beim teilnehmenden Verkehrsverbund Stuttgart einmalig ein Jahresticket. Die Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart rät dazu, „sich die Teilnahme an dieser Aktion gut zu überlegen“, sagt Obermeister Torsten Treiber.

Nicht nur – so meint die Innung –, weil bei der inzwischen erreichten Lebenserwartung jahrzehntelang Ticketkosten anfallen, sondern vor allem, weil die Autos immer moderner werden: „Wir werden in naher Zukunft selbstfahrende Autos in einer nie da gewesenen Leistungsfähigkeit erleben. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass deren Nutzung immer einen Führerschein voraussetzt“, erklärt Reiber. Eine wichtigere Rolle werde auch das begleitete Fahren spielen, ergänzt Innungsgeschäftsführer Christian Reher. „Die Ampelkoalition plant, die Altersgrenze von 17 auf 16 Jahre zu senken, Großeltern ohne Führerschein können ihren Enkeln dann nicht als Begleitperson helfen.“ Im Kreis Ludwigsburg sind laut Innung bis zu 110000 Seniorinnen und Senioren und rund 5000 junge Menschen unter 17 Jahren betroffen.

Hinweis auf Unfallstatistik

Die Innung weist auf eine Pressemitteilung des Verkehrsministeriums hin. „Viele Alltagswege sind zu Fuß und mit dem Fahrrad möglich“, wirbt Winfried Hermann dabei für die Aktion. „Nur der Führerschein eröffnet alle Möglichkeiten, unbeschränkt mobil zu sein. Wer fit genug ist, auf belebten Straßen Fahrrad zu fahren, ist auch fit genug, mit dem Auto unterwegs zu sein“, kontert Christian Reher. Und Torsten Treiber greift die Ministeraussage auf, der bei der Vorstellung des Projektes sagte, dass Menschen Ü65, „sofern sie bei einem Unfall ein Auto fahren, in den meisten Fällen die Hauptschuld (2020: 68,7 Prozent) tragen“: „Da zeichnet sich durch die revolutionäre Entwicklung der Autotechnik über alle Altersgruppen hinweg eine starke Entlastung und ein Rückgang der Unfallzahlen im automobilen Bereich ab, denn wir wollen nicht vergessen, die am stärksten unfallgefährdete Gruppe sind immer noch die Fahranfänger und jungen Menschen bis 25 Jahren am Steuer.“ 2020 zählte das Statistische Landesamt im Kreis Ludwigsburg 201 im Straßenverkehr verunglückte Personen über 65 und 241 zwischen 18 und 25, wobei die jungen Menschen mit rund 39000 nur etwas über ein Drittel der Zahl der Senioren stellen.

Gut nachzudenken, rät die Kfz-Innung, „weil die Entscheidung, den Führerschein abzugeben mit der Annahme des einjährigen ÖPNV-Tickets unumkehrbar ist. Das Land fordert den dauerhaften Verzicht auf die Fahrerlaubnis durch Rückgabe des Führerscheins an die Fahrerlaubnisbehörde als Bedingung der Aktion“, sagt Markus Klein, der Kreisvorsitzende der Kraftfahrzeuginnung und Geschäftsführer eines Autohauses in Bietigheim-Bissingen: „Es ist die persönliche Entscheidung eines jeden Seniors. Diese will aber wohl überlegt sein: einmal futsch, für immer futsch“, bringt er’s auf den Punkt. Und „dass uns dann Kunden fehlen, ist auch kein Geheimnis, sondern eine unerfreuliche Nebenwirkung.“

5300 Senioren sind dabei

Bislang haben seit 2015 in der Region Stuttgart rund 5300 Seniorinnen und Senioren bei Modellprojekten das Angebot angenommen, heißt es beim Verkehrsverbund Stuttgart. „Im VVS haben sich bisher die Landeshauptstadt Stuttgart und die Landkreise Esslingen, Ludwigsburg und Göppingen für eine Teilnahme entschieden beziehungsweise führen die Aktion schon seit längerer Zeit durch. Die Größe der Zielgruppe im Kreis Ludwigsburg lässt sich laut Kfz-Innung fundiert schätzen, da die Bevölkerungszahlen nach Alter vorliegen. In der Gruppe Ü65 wurden am Stichtag 31. Dezember 2020 insgesamt 109709 Menschen gezählt.

„Denen allen bringt die Zukunft Autos, die sich kinderleicht fahren lassen, aber nur mit Führerschein“, sagt Torsten Treiber und verweist auf die aktuelle Entwicklung.