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B 10
Stoppt ein Falter die Umgehung?

Bis zu 30 000 Fahrzeuge pro Tag: Seit Jahrzehnten rollt der Verkehr mitten durch Enzweihingen und sorgt für Stau, Lärm und Abgase. Foto: Ramona Theiss
Bis zu 30 000 Fahrzeuge pro Tag: Seit Jahrzehnten rollt der Verkehr mitten durch Enzweihingen und sorgt für Stau, Lärm und Abgase. Foto: Ramona Theiss
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Der Termin steht: Am 28. Juli findet in der Halle im See in Kleinglattbach der Erörterungstermin für die Ortsumfahrung Enzweihingen statt. Doch ob die Umgehungsstraße der B 10 wirklich kommt, ist weiter unsicher und hängt vielleicht sogar von einem Falter ab.

Vaihingen. Nachdem der für April angesetzte Termin der Coronakrise zum Opfer fiel, rückt jetzt die Entscheidung näher, ob die seit Jahrzehnten umstrittene Ausweichstrecke der B 10 tatsächlich kommt. „Die Straße ist so gut untersucht, da dürften eigentlich keine Fragen mehr offen sein“, sagt Vaihingens Oberbürgermeister Gerd Maisch. Der Schultes erinnert daran, dass seine Stadt schon seit den 1970er Jahren dafür kämpft, den Ortsteil zu entlasten.

Zunächst wurde eine Tunnelvariante favorisiert, die aber wegen der möglichen Gefahren ad acta gelegt wurde. 2007 brachte dann das Regierungspräsidium Stuttgart die Umfahrung ins Spiel. 2011 sollte das Planfeststellungsverfahren für die oberirdische Lösung beginnen. Dies lief von 2013 bis 2017. 32,3 Millionen Euro sind für das Projekt veranschlagt, bei dem die Enz und der Strudelbach überquert werden müssen. Aber selbst wenn das zuständige Regierungspräsidium zu dem Schluss kommt, dass gebaut werden soll, dann kann es noch einige Jahre dauern, bis die Bagger rollen. Denn Gegner und Befürworter bringen sich schon jetzt in Stellung, und auch Maisch erwartet, dass von den Umweltverbänden Klage erhoben wird. „Vor 2027 fährt da kein Auto“, so Maisch.

Wenn überhaupt. Denn Kritiker und Befürworter haben im Vorfeld des Erörterungstermins schon mal großes Geschütz aufgefahren. Der grüne Landtagsabgeordnete Markus Rösler, der gegen das Projekt ist, hat seinem CDU-Bundestagskollegen Steffen Bilger unlängst in einem Zeitungsinterview vorgeworfen, er verbreite „Fake News“. Denn der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium hatte bestritten, dass es in dem als Flora-Fauna-Habitat ausgewiesenen Gebiet die geschützte Art des Großen Feuerfalters gebe. Das habe ihm das Regierungspräsidium bestätigt, so Steffen Bilger. Danach sei der Schmetterling zwar gesucht, aber nicht gefunden worden.

Fündig geworden ist aber Steffen Caspari, deutschlandweit der Experte für diese Falterart. Der Forscher vom Rote-Liste-Zentrum des Bundesamts für Naturschutz hat im Auftrag der baden-württembergischen Umwelt- und Naturschutzverbände ein Gutachten erstellt und entdeckte den Großen Feuerfalter an mehreren Stellen. Dazu kommen weitere geschützte Tierarten in dem Gebiet. Für Caspari weisen die Untersuchungen des Regierungspräsidiums gravierende Mängel auf, weil nicht nach „zu erwartenden Arten gesucht wurde“.

„Unabhängig davon wäre selbst ein nachträglicher Fund kein größeres Problem, das etwa durch eine Vergrämung gelöst werden könnte“, hält Bilger dem entgegen. Er hofft, dass es jetzt schnell zu einer Entscheidung kommt, schließlich hätten sich schon 2013 bei der Bürgerbefragung 72,5 Prozent der Vaihinger für die Umgehungsstraße ausgesprochen.

Rösler hält aber dagegen. „Wenn die Falter vergrämt werden, dann würde das Regierungspräsidium geltendes europäisches Recht brechen“, schüttelt der Grüne Landtagsabgeordnete den Kopf über Bilgers Vorschlag. Er ist sich auch sicher, dass vor diesem Hintergrund der Planfeststellungsbeschluss vor „keinem Gericht Bestand haben wird“.

Das RP will bei dem Erörterungstermin alle Argumente für und gegen das Projekt noch einmal abwägen und dann eine Entscheidung treffen. Für Bilger ist dafür auch höchste Zeit: Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan ist das Projekt im vordringlichen Bedarf eingestuft, der höchsten Kategorie. Das Geld stehe zur Verfügung.

„Ich hoffe, dass wir nun bald zu einer Entscheidung kommen“, sagt OB Maisch. „Das wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk.“