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Von heimlichen Sympathien und einem grausigen Mordfall

Kennt sich in seinem Oberamtsstädtchen aus: Landjäger Gottlob Friederich (Ewald Anger). Foto: Ramona Theiss
Kennt sich in seinem Oberamtsstädtchen aus: Landjäger Gottlob Friederich (Ewald Anger). Foto: Ramona Theiss
Ewald Anger gibt als Landjäger Gottlob Friederich Einblick in das Besigheim um 1900 – Stadtführung hat in einer Woche Premiere

Besigheim. Gottlob Friederich ist bis ins Mark königstreu. Dennoch hegt der Landjäger klammheimlich Sympathien für Maximilian Lutz – und das, obwohl er den Besigheimer Unternehmer eigentlich verfolgen muss. Schließlich gilt Ende des 19. Jahrhunderts das Sozialistengesetz, das unter anderem sozialdemokratische Vereine und Schriften verbietet. Maximilian Lutz macht aber keinen Hehl aus seiner Einstellung. Woher die Sympathie rührt? „Er macht viel für die Bevölkerung. Er ist ein unheimlich sozialer Unternehmer. Aber das darf ich nur heimlich sagen.“ Ganz so heimlich dann doch nicht, schließlich plaudert der Landjäger, der eigentlich Ewald Anger heißt, im Gespräch mit unserer Zeitung recht offen über seine Gemütslage. Und auch die Teilnehmer der Kostümführung „Mit dem Landjäger auf Streife“ sollen bei der Premiere am kommenden Samstag einen detaillierten Einblick in die damalige Zeit bekommen.

Der Landjäger kennt sich aus in seinem Oberamtsstädtchen, dem Dienstsitz des Stationskommandos der Landjäger im Oberbezirk. Kein Wunder, schließlich sind er und seine Kollegen ständig draußen auf Streife – um die Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Dafür war Ewald Anger im wahren Leben ebenfalls viele Jahre zuständig. Bis zu seinem Ruhestand arbeitete er bei der Polizei. Dieser berufliche Hintergrund ist mit ausschlaggebend, weshalb sich der 66-Jährige für die historischen Landjäger interessiert. Außerdem „war Ende und Mitte des 19. Jahrhunderts sowie Anfang des 20. Jahrhunderts eine unheimlich interessante Zeit“ mit vielen Innovationen und Veränderungen. „Es gibt wahnsinnig viele Bezüge zu unserer jetzigen Situation.“ Ihm sei es bei Führungen wichtig, Parallelen zur Jetztzeit herzustellen, beziehungsweise zu erläutern.

Reibungslos läuft es um 1900 nicht in Besigheim. Felddiebstähle sind an der Tagesordnung, Betrunkene stören die Ruhe und Fuhrknechte gefährden den Straßenverkehr zwischen Besigheim und Bietigheim. Davon wird Landjäger Friederich seinen Gästen erzählen – und vom grausigen Mordfall an Katharina Rau, einer Arbeiterin der Trikotfabrik „Mattes und Lutz“. Der Fall sorgt 1900 für Aufsehen. Die Ingersheimerin Rau wird von ihrem Geliebten erstochen, „der Obduktionsbericht ist wirklich widerlich“, sagt Anger. Doch die Stadtführung selbst soll nicht grausig werden, sondern launig. Es gehe darum, fundierte Informationen auf lustige Art und Weise zu vermitteln. „Ich mache eine Gästeführung und keine Schulstunde“, betont Anger.

Seine Figur Gottlob Friederich ist fiktiv – im Gegensatz zu allen anderen Personen, die bei der Tour durch Besigheim erwähnt werden. Eine kleine künstlerische Freiheit hat sich Ewald Anger auch bei seinem Kostüm erlaubt. Der Gehrock sei eigentlich etwas dunkler gewesen und die Borte war hellblau statt rot. Über die richtige Uniform hat er lange recherchiert. Mit Pickelhaube und Säbel geht es durch die Stadt. Den Säbel trage er, „weil es gut aussieht. Das ist keine klassische Landjägerwaffe“, sagt Anger, lacht und schlüpft dann gleich wieder in seine Rolle: „Und außerdem bin ich auf Streife ja Vertreter des Stationskommandanten. Die dürfen nämlich einen Säbel tragen.“

Info: Die Führung „Mit dem Landjäger auf Streife“ findet am Samstag, 5. September, statt. Treffpunkt ist um 17 Uhr am Marktplatz vor dem Rathaus in Besigheim. Die Teilnahme kostet 8 Euro, ermäßigt 6 Euro. Karten gibt es ausschließlich im Vorverkauf bei der Bürgerinformation im Rathaus, Telefon (07143) 80780.