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Süßes
Von Zucker, Hasen und Ostereiern

Eberhard Blatter mitten in seiner Osterproduktion: Spröde und zerbrechlich, aber schön nostalgisch sind die roten Zuckerhasen; in den großen Schokohasen stecken 15 Tafeln Schokolade.Foto: Holm Wolschendorf
Eberhard Blatter mitten in seiner Osterproduktion: Spröde und zerbrechlich, aber schön nostalgisch sind die roten Zuckerhasen; in den großen Schokohasen stecken 15 Tafeln Schokolade. Foto: Holm Wolschendorf
Seit 400 Jahren bringt der Hase die Eier – Warum eigentlich? – Und wie viele Schokolade verarbeitet ein Konditor zum Fest?

Bietigheim-Bissingen. Kann es Ostern geben ohne Schokoladeneier und Rahmhasen? Jedes Leckermaul und jedes kindliche Gemüt wird sagen: „Auf keinen Fall!“ Aber wie kommt das Ei zu Ostern und was hat der Hase damit zu tun? Vor allem ein Hase aus rotem Zucker? Fragen über Fragen. Wir haben sie Eberhard Blatter (52) gestellt. Der Bietigheimer Konditor- und Bäckermeister sorgt bereits in vierter Generation für süße Ostern.

Schokoladenhasen, Krokanteier, Küken und Schokoladeneier, die mit Pralinen gefüllt sind, Hasen mit Mandelsplittern – bei Eberhard Blatter fehlt nichts. Und natürlich hat er auch die roten transparenten Zuckerhasen und die karamellfarbenen Rahmhasen im Programm, schon deshalb, weil sie so nostalgisch aussehen. Die Gussformen hat er vom Urgroßvater geerbt, in dessen Sammlung waren auch noch Flugzeuge und Panzer dabei. „Aber die hab’ ich entsorgt“, sagt Eberhard Blatter. Seine Zuckerhasen sitzen friedlich da und bewachen ein Eiernest.

In Mode gekommen sind die Hasen aus Zucker- und Glukosesirup sowie roter Farbe um das Jahr 1850 herum, als in großen Zuckerfabriken der süße Stoff aus heimischen Rüben hergestellt werden konnte statt aus teurem, importiertem Zuckerrohr. Das machte ihn auch für weniger betuchte Leute erschwinglich, zumal die Zuckerhasen deutlich billiger waren als Hasen aus Schokolade.

Ihre Herstellung erfordert Fingerspitzengefühl: Die heiße Masse – wer schon mal Zuckersirup gekocht hat, weiß, wie heiß sie ist! – wird in die Form gegossen und wieder ausgeschüttet. So entsteht der Hohlkörper. Aber das Material ist spröde. „Zuckerhasen gehen schnell kaputt“, sagt Konditormeister Blatter. Rahmhasen enthalten noch Sahne und Butter und wirken stabiler. Vor allem aber wirken sie wie aus der guten alten Zeit, im Gegensatz zu den Schokoladenhasen.

„Es wird immer greller und bunter“, beobachtet Eberhard Blatter. Viele wollen „geschminkte“ Hasen, also solche mit farbigen Augen, roten Bäckchen und bunten Eiern in der Kiepe; das wird bei Konditoren, wie Blatter einer ist, aufwendig in Handarbeit hergestellt.

300 bis 400 Kilo weiße Vollmilch- und Zartbitterschokolade verarbeitet er in einer Saison, auch in diesem Jahr. Die Produktion beginnt irgendwann Ende Januar, Anfang Februar und dauert bis Mitte März. Als er anfing, Osterhasen herzustellen, war Corona eine Sache irgendwo weit weg in China. Blatter ging es wie den meisten: „Ich hab mir keine Riesensorgen gemacht.“ Dann kam der Shutdown.

„Dass man in einer Konditorei mal Kurzarbeit anmelden muss, hätte ich nie gedacht“, seufzt er und formuliert höflich: „Die Kunden zeigen ein sehr reduziertes Kaufverhalten.“ Wenn dann noch warmes Wetter dazukomme, kaufe keiner Schokolade. Das ideale Schokoladenkaufwetter liegt bei einer Temperatur zwischen zehn und 15 Grad, weiß der Fachmann. Dabei spielt Blatter wie die meisten seiner Kollegen in Corona-Zeiten selbst den Osterhasen und liefert aus.

Gerade sind zwei von den halbmeterhohen, eineinhalb Kilo schweren Riesenhasen zu einem Kunden gefahren worden, der seine Enkel damit überraschen will: ein weißer und ein schwarzer; 15 Tafeln Schokolade stecken da drin. „Für so einen Auftrag sind wir natürlich dankbar!“, sagt Blatter, lockt mit Prozenten und wirbt: Schokolade schmeckt auch nach Ostern wie Schokolade.

Bleibt die Frage, wie der Hase zum Ei und beide zu Ostern kommen und warum Zuckerhasen rot sind. So wirklich weiß man es nicht, aber jedenfalls tauchte der erste Osterhase im 16. Jahrhundert auf. Hasen sind bekannt dafür, viel Nachwuchs zu haben, sie sind also ein Symbol des Lebens, genau wie Eier. Das passte zum christlichen Osterfest, in dem der Tod überwunden wird. So wurde der Hase zum Eierlieferanten, allerdings nur für bürgerliche Stadtkinder. Auf dem Land wussten schon die Kleinsten, dass die Geschichte anders läuft. Ein praktischer Hintergrund könnte sein, dass an Gründonnerstag der Naturalzins fällig war und die Hühner nach der Winterpause wieder gut legten; also gab es Hasen und Eier. Und was hat es mit der Farbe Rot auf sich?

Rot gilt als die Farbe des Feuers, der Liebe, des Blutes und des Heiligen Geistes. Bereits in heidnischer Zeit wurde die Farbe Rot mit Opfer in Verbindung gebracht. Das Christentum übernahm diese Symbolik und brachte sie mit dem Tod Christi zusammen: Rot ist die Farbe des Blutes. Und die Farbe der Liebe. In diesem Sinn: Frohe Ostern!