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Landwirtschaft
Weizen steht gut da und boomt

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350_0900_33333_2021_06_17_019_Andreas_Becker.jpg Foto: Andreas Becker
Wenn Gemeinderäte, Naturschutzvertreter, Landwirte, Bürgermeister und auch die Presse auf einem großen Traktor durch die Landschaft fahren, dann hat der Verein der Landwirte und Weingärtner Steinheim wieder zur Felderrundfahrt eingeladen. Dieses Mal gab der Geschäftsführer der Labag, Jürgen Häußermann, einen Einblick in den Stand des Getreides und die Preispolitik.

Steinheim. Wintergerste: Sie steht sehr gut da, kann in zwei bis drei Wochen geerntet werden. Die Aussaat erfolgte im Herbst, im Winter gab es genug Feuchtigkeit, die jetzt noch reicht, so dass der Ertrag gut sein dürfte. Wintergerste landet meist im Futtertrog.

Braugerste: Die bringt eigentlich das Geld, doch Corona zeigt auch hier Folgen. Da bedingt durch die Pandemie keine großen Volksfeste stattfanden und die Gastronomie geschlossen war, gerieten die Preise stark unter Druck. Viele Mälzerein haben noch Kurzarbeit. Langsam mache sich aber verhaltene Aufbruchstimmung breit. Man bekomme mit 18,50 Euro für 100 Kilo bereits rund ein bis zwei Euro mehr als im Vorjahr. Gerne wird aber auch etwas abgezogen, wenn die Pflanze zu viel Protein beinhaltet. „Die Kultur ist zudem sehr risikobehaftet, da es ihr an Keimfähigkeit fehlt“, so Jürgen Häußermann.

Zuckerrüben: Der Aufwuchs verlief nicht optimal. Durch den Frost gibt es viele Lücken. Zum ersten Mal habe er nachsäen müssen, sagt Vereinsvorsitzender Jürgen Schreiber. Der Frost hielt an, weshalb die Pflanzen „sehr mickrig“ seien. Ein großes Problem seien die Drahtwürmer. Teils hingen sechs Stück an einer Pflanze, wodurch sie umkippt. Dann kommt die Saatkrähe, reißt die Pflanzen heraus, um an die Würmer zu kommen. Das Problem: Die Krähe weiß nicht, wo genau die Würmer sind, und vernichtet reihenweise Pflanzen. Die Drahtwürmer gibt es zwar schon länger, aber sie vermehren sich stark, weil es das ganze Jahr auf den Feldern blüht. Es hilft nur mehrmaliges eggen, damit die Würmer nach oben kommen und dann vertrocknen. „Da hat man schlaflose Nächte“, so Schreiber. Denn seither habe man mit den Zuckerrüben noch etwas Geld verdient, nun werde die Konkurrenz immer größer. Zudem würden immer mehr Zuckerfabriken stillgelegt. „Wenn die Rübe wegfällt, wäre das ein herber Schlag“, betont Schreiber.

Weizen: „Wunderschön“, steht er da, so Häußermann. Es gebe viele ährentragende Halme, bis in vier Wochen sei eine Ernte von zehn Tonnen pro Hektar zu erwarten, wenn es trocken bleibe. Durchschnittlich sind es acht Tonnen. Vergangenes Jahr habe es Probleme mit einem Pilz gegeben, mit einer entsprechenden Fungizidbehandlung habe man dies in den Griff bekommen. Die Preise seien regelrecht explodiert von 130 bis 150 Euro pro Tonne im Jahr 2019 sei man nun bei 180 bis 200 Euro. „Das haben wir schon lange nicht mehr gehabt“, so Häußermann. Dies liege daran, dass nach Trump die Handelsbeziehung China-USA wieder intensiviert wurde, dass es in Russland zu trocken war und die Wirtschaft nach den Tiefen der Pandemie wieder boome.

Dinkel: Wegen seiner besseren Verträglichkeit erlebt Dinkel eine Renaissance. Vor Jahren war er beinahe verschwunden. Der Markt wachse um zehn Prozent pro Jahr. Dinkel sei anspruchsloser als Weizen, auch trockenresistenter, aber die Erträge liegen niedriger, lediglich bei sieben Tonnen. Auch die Preise sind niedriger.

Mais: Mais wird als Silomais als ganze oder gehäckselte Pflanze zur Fütterung und für Biogasanlagen verwendet, der Körnermais als Kraftfutter oder für die Stärkeindustrie. Die Preise sind mit 195 Euro pro Tonne derzeit nicht schlecht, für alten Mais gibt es wegen der Futtermittelknappheit sogar bis zu 230 Euro.

Blühbrachen: Das Bienen- und Insektensterben, die Probleme des Rebhuhns, der Feldlerchen und anderer Ofenlandbrüter sind seit einigen Jahren ein Dauerthema in der öffentlichen Wahrnehmung. Deshalb gibt es seit 2020 das Kooperationsprojekt von Landschafterhaltungsverbandes Kreis Ludwigsburg, des Kreisbauernverband und der Kreisjägervereinigung „Lebensraumaufwertung für Rebhuhn, Feldhase und Co. im Landkreis Ludwigsburg“. Der LEV bietet Landwirten für die Anlage mehrjähriger Blühbrachen in bestimmten Gebieten mit hoher Bedeutung für Offenlandbrüter eine Förderung von bis zu 1080 Euro pro Jahr und Hektar an. Auch die Stadt fördert die Anlage von Grünlandstreifen an Ackerrändern. Mittlerweile wurden elf Hektar angelegt, der städtische Etat ist ausgeschöpft. „Auf solchen Flächen wimmelt es vor Insekten und man sagt auch, dass sich die Böden in den fünf Jahren Pause erholen“, betont der städtische Umweltbeauftragte Eric Hirsch. Bürgermeister Thomas Winterhalter führt zudem das Thema Erosion an: „Die Randstreifen dienen auch als Puffer bei Starkregen, da ist die Bodenerosion etwas abgemildert“, sagte er. Häußermann gab aber zu bedenken, dass die Randstreifen dann als Ackerfläche fehlen und sich dies auf den Geldbeutel auswirke.

Schweinehaltung:In Steinheim gibt es nur noch einen Betrieb mit Schweine- und einen mit Milchviehhaltung. Die Schweinehaltung sei mit Corona, den Skandalen in einigen Fleischbetrieben und der Schweinepest nicht mehr lukrativ. Wer noch Schweine halte, habe häufig noch Schulden und lebe von der Substanz. Der Verbraucher müsse akzeptieren, dass das Fleisch aus der Region teurer sei. „Die Bauern müssen sich an die Vorgaben wegen des Tierwohls halten, teilweise gibt es schon Schweinepsychologen“, merkte Labag-Geschäftsführer Häußermann an. Es könne auch nicht sein, dass sich die Verbraucher einen Grill für 2000 Euro kaufen und dann Billigfleisch darauf braten.