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„Idee hat uns eher nicht überzeugt“

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Kostenloser Nahverkehr – in Ludwigsburg kein Thema.Archivfoto: Benjamin Stollenberg
Der Vorschlag der Bundesregierung, zur Verbesserung der Luftqualität in fünf ausgewählten Kommunen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr zu testen, hat überrascht. Und viele fragen sich, warum Ludwigsburg da nicht mit dabei ist, obwohl es ebenfalls mit zu hoher Stickstoffdioxid-Belastung kämpft. Doch hier will man dem Problem mit anderen Mitteln begegnen.

Ludwigsburg. „Die Idee hat uns eher nicht überzeugt“, erklärt Peter Spear, Pressesprecher von Oberbürgermeister Werner Spec, auf Anfrage. Auf Einladung des Verkehrsministeriums sei der OB zusammen mit Vertretern weiterer Kommunen vergangene Woche in Berlin gewesen, wo dieser Vorschlag erstmals vorgestellt worden sei. „Da wurde aber nicht so ganz ersichtlich, auf welcher Grundlage das gemacht werden soll.“ Bislang ist nämlich noch offen, wer für die grob veranschlagten nötigen zwölf Milliarden Euro aufkommen soll, die bei einer bundesweiten Einführung des Nulltarifs im Nahverkehr fällig würden.

Klar sei indes geworden, dass die Bundesregierung unter großen Druck aus Brüssel stehe. Denn die Europäische Union droht mit einer Klage, da in ganz Deutschland seit Jahren in vielen Städten Grenzwerte für den Ausstoß der gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxiden nicht eingehalten werden.

„Wir sind der Ansicht, dass der kostenlose Nahverkehr zu einem zu hohen Einsatz von Steuermitteln führt und dass unter Einsatz von weniger Geld höhere Effekte erzielt werden können“, erklärt Spear die Position im Rathaus und erinnert an die Diskussion um die Einführung eines Ein-Euro-Tickets in Ludwigsburg vom vergangenen Jahr: „Allein dafür müssten jährlich 2,5 Millionen Euro aufbracht werden.“

Mit Freifahrten für jedermann ist es ja nicht getan. Für den damit zu erwartenden Ansturm müssen auch ausreichend Busse und Bahnen beschafft und die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden.

Die Linie der Stadt sei, weniger finanzielle Mittel einzusetzen, dafür aber gezielt, so Spear weiter. Dies mit Projekten wie zum Beispiel der Reaktivierung der Eisenbahnlinie zwischen Markgröningen und Ludwigsburg mit Elektrozügen oder einem umweltsensitiven Verkehrsleitsystem, das auf höhere Schadstoffkonzentrationen in bestimmten Bereichen mit Umleitungen der Verkehrsströme reagieren könnte.

„Mit weniger Geld nachhaltig etwas schaffen“, das findet der Oberbürgermeister besser als einen komplett kostenlosen öffentlichen Nahverkehr. Das sagte er gestern im Rathaus, als er im Zuge der Vortragsreihe „Stadtgeschichten“ des Ludwigsburg Museums interessierten Bürgern einen Einblick in seine Arbeit gab. Auf die Nachfrage eines Zuhörers, wie er zu dem kostenlosen Angebot stehe, meinte Spec: „Kritisch.“ Denn irgendwer müsse die hohen Einnahmen, die dann wegfallen, auffangen. „Ich fände es besser, Kurzfahrtickets günstiger anzubieten“, so der OB. Man wolle für Ludwigsburg zudem ab 2019 mehr elektrische Busse haben, die E-Mobilität weiter ausbauen und sich weiter für eine schienenlose Straßenbahn – gemeint sind die BRT-Schnellbusse – einsetzen.

Ohnehin ist noch unklar, wie lange es dauern wird, bis der Test des kostenlosen Nahverkehrs starten und später eventuell großflächig umgesetzt werden kann.

Konkreter ist da schon das Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017-2020“ mit einem Fördervolumen von einer Milliarde Euro. Hierzu hat die Stadt Ludwigsburg bereits eine Liste von 36 Projekten mit einem Volumen von 80 Millionen Euro zusammengestellt. Dazu zählen unter anderem ein neues Fahrradparkhaus am Bahnhof, Carsharing mit Elektrofahrzeugen, vergünstige Busfahrscheine und die Filternachrüstung von Dieselbussen.

Im Rahmen dieses Sofortprogramms „Saubere Luft 2017-2020“ hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur nun für den Bereich „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme“ 100 Millionen Euro bereitgestellt. Hintergrund ist die Überzeugung, dass „Digitalisierung der Schlüssel für saubere Luft in Städten ist“. Das hat Bundesminister Christian Schmidt erklärt. Auch Ludwigsburg wird sich hier laut Peter Spear bis zum Stichtag am 25. März mit noch zu benennenden Projekten aus den Bereichen Verkehrsleittechnik, Parkraummanagement und Verkehrsdatenerfassung bewerben.