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„Lebe, statt gelebt zu werden“

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Walter Kohl beschäftigt sich mit den Zielen – und teilt seine Erkenntnisse gerne.Foto: Ramona Theiss
Ein ganzer Tag mit Walter Kohl: 40 Männer gingen bei einem Workshop mit dem 55-Jährigen auf eine Reise zu ihren eigenen Gefühlen und Zielen. Denn Kohls Motto lautet: „Lebe, statt gelebt zu werden.“

Ludwigsburg. „Wir sind per Du – ich bin der Walter.“ Bereits Kohls Vorstellung ließ erahnen, dass steife Förmlichkeit beim regionalen Männertag außen vor bleiben. Mit Walter Kohl hatte die Katholische Erwachsenenbildung Ludwigsburg mit dem evangelischen Kreisbildungswerk und dem Fachbereich Männer der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie der Volkshochschule einen prominenten Unternehmer und Autor eingeladen, dessen Lebenshilfebuch „Leben oder gelebt werden“ 2011 wochenlang auf Platz eins der Bestsellerlisten zu finden war. Rund 40 Teilnehmer haben sich am Samstagvormittag im Kleinen Saal des Kulturzentrums eingefunden.

 

Im gemeinsamen Seminar auf dem Weg zur inneren Mitte

 

Dass es sich bei dem 1963 geborenen Pfälzer um den ältesten Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl handelt, dürfte zur Aufmerksamkeit und dem medialen Echo nicht unwesentlich beigetragen haben. Zuletzt stand Walter Kohl im Sommer 2017 mit seiner Kritik an den Trauerfeierlichkeiten für seinen verstorbenen Vater im Scheinwerferlicht.

„Lebe statt gelebt zu werden!“, das sei schon sein Lebensthema, meint Kohl. Sein Impulsreferat stellt den Auftakt zu einem eintägigen Workshop dar, der den Teilnehmern 50 Euro wert ist – Mittagsimbiss, Kaffee und Brezel inklusive. Vom Beginn an herrscht Seminaratmosphäre. Eine Umfrage zeigt als Motive: Einer will „was mit Frank“ machen, andere möchten sich weiterentwickeln. Kohl lässt sie Stichworte zum Thema Lebensfreude auf blaue Karten notieren. Seine Auswertung ergibt: Die genannten Begriffe – etwa „Zufriedenheit im Sein“, „lachend aktiv sein“, „Entschleunigung im Grünen“ oder auch „Abwesenheit von Angst“ – lassen sich auf wenige Bereiche reduzieren, die nahezu alle der Gefühlswelt angehören. Die gleiche Übung zum Thema Erfolg bringt für Kohl eine Überraschung: „Ihr seid komplett außerhalb der Normalität, herzlichen Glückwunsch!“

Wo üblicherweise materielle Werte dominieren, liege in dieser Gruppe der Schwerpunkt auf der inneren Mitte. Der Statusfalle sei man damit bereits entronnen, so die gute Nachricht des überzeugten Seneca-Lesers. Letztendlich gehe es beim Weg zur Selbstbestimmtheit darum, eine möglichst große Deckungsgleichheit der persönlichen Vorstellungen von Lebensfreude und Erfolg zu erreichen. Jedoch dürfe dies nicht zu Egoismus führen – „Transparenz und Menschenfreundlichkeit“ nennt Kohl seine Kriterien, diese Grenze zu identifizieren sei eine Sache der „richtigen Dosierung“, meint er.

 

Lebensfreude, Erfolg und Glück als drei wichtige Faktoren

 

Mit dem Faktor Glück führt Kohl eine dritte Variable ein. In diesem Dreieck gelte es, eine harmonische Balance herzustellen. Dazu bemüht Kohl das Bild vom „Rad des Lebens“, in dem jeder Sektor einer anderen Rolle entspricht, etwa Sohn, Vater, Ehemann, Freund auf der privaten Ebene, Chef, Mitarbeiter, Kunde auf der beruflichen. In jeder Rolle sei zu definieren, welche Vorstellungen man bezüglich der drei Faktoren hege, er spricht von „Klärung der wesentlichen Vokabeln“. Die Wahrnehmung, dass es „nicht rund läuft“, sei häufig auf Defizite zurückzuführen.

Anderseits könne eine Unwucht auch interessant sein, gibt ein Teilnehmer zu bedenken, schließlich entspringe Kreativität nicht selten außerhalb der Norm. Schon richtig, räumt Kohl ein, aber auch gesellschaftliche Verträglichkeit sei ein Wert: „Einseitig begabte Eltern können auch ganz schön anstrengend sein.“ Da spricht er wohl aus Erfahrung. Auch wenn Kohls Einsichten manchmal kaum von denen der Psycho-Ratgeber-Ecke einschlägiger Frauenzeitschriften zu unterscheiden sind („Männer sollen Gefühle zeigen“) – es ist ein anregender Vormittag. Ganz ohne Frauen.