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Dialogabend
Die ungeplante Stadt muss heute vorausplanen

Hochkarätig besetzt war der letzte Dialogabend „Stadt werden – 300 Jahre Ludwigsburg“. Der schlug einen Bogen vom herzoglichen Hof zur „Smart City“ heute. Damals wie heute stand man vor gewaltigen Herausforderungen, so das Fazit.

Ludwigsburg. „Jede Epoche hatte seine Art der Digitalisierung“, führte Andrea Bräuning, Leiterin vom Ludwigsburger „Living LaB“ als Moderatorin des Abends in das Thema ein. Immer sei bei jeweiliger Komplexität höchst mögliche Gleichzeitigkeit angestrebt worden. Immer mit den Mitteln, die gerade zur Verfügung standen.

In seinen Augen sei Ludwigsburg nie eine Planstadt gewesen, räumte der Historiker Joachim Brüser aus dem Staatsministerium mit einer verbreiteten Meinung auf. Sie habe sich spontan aus der Notwendigkeit heraus entwickelt, den Hof der Herzöge und Könige am Laufen zu halten.

Das Schloss selbst sei mehr oder weniger unkontrolliert immer weiter gewachsen. Dafür brauchte es Bauhandwerker, Wirtshäuser, Lieferanten. „Ludwigsburg wurde nicht für die Bürger gebaut, sondern alleine dafür, den Alltag im Schloss aufrecht zu halten.“ Eine Symbiose sei zu keiner Zeit angedacht gewesen. Im Wesentlichen herrschte strikte Trennung. Hier der Adel mit seinen Hofstaat und den Lakaien, dort das dienende Volk. Null Berührungspunkte.

Als Ludwigsburg seinen Residenzstatus verlor, zur Sommerfrische und zum Witwensitz degradiert wurde, seien Militär und Manufakturen angesiedelt worden. Wieder nicht der Bevölkerung willens, sondern alleine um die Dienstleistung rund ums Schloss nicht ausbluten zu lassen, so Brüsser. „Dessen Funktionsfähigkeit, nicht der Mensch stand im Mittelpunkt.“

Verglichen mit heute waren die Herausforderungen von einst fast unerheblich, so Stadtplanerin Elke Pahl-Weber. Und doch erinnerte sie daran, dass die Zukunft auf alten Strukturen aufbaue, mit denen behutsam in die Moderne aufgebrochen werden müsse. „Keiner fängt heute mehr bei Null an.“ Es gelte die immer schnelleren dynamischen Entwicklungen, effektiv zu gestalten. Das nötige Netzwerk der Beteiligten gleicht dem eines U-Bahn-Plans einer Millionen-Mega-City. Das sei mit Verwaltung alleine nicht mehr getan, betont sie die Bedeutung der Bürgerbeteiligung. „Aber da ist Ludwigsburg schon sehr gut aufgestellt.“

Öffentlicher Raum sei nach wie vor zu sehr vom Individualverkehr geprägt, kritisiert Pahl-Weber. Dabei wünschten sich Stadtbewohner eine Renaissance von Plätzen der Begegnung und Erholung. Damit nicht genug: „Wir brauchen auf allen Ebenen Erneuerung.“ Und: Das seien keine „Nettitessen“, sondern zwingende Notwendigkeiten. Warum zum Beispiel sieben nervende Transporter täglich in den Wohngebieten, statt zentrale Lasten-E-Rädern auf der letzten Meile, nannte sie als ein konkretes Beispiel. Nutzerorientiertes Beobachten, Analysieren, Prototypen entwerfen und mit der Bevölkerung zur Serienreife entwickeln, sei Gebot der Stunde.

Wie das aussehen kann, stellte Luiz Diez vor. Der Universitätsdozent stammt aus und arbeitet in der nordspanischen Stadt Santander. Die gilt weltweit als globaler Vorreiter mobiler Kommunikationstechniken und Netzwerkplanungen. Utopien zu verwirklichen, erhebt er zu Methode. Daran müssen nicht nur Forschung und Verwaltung, sondern insbesondere auch die Bevölkerung beteiligt werden.