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Ein Kommandant ist nicht in Sicht

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Auch im zweiten Anlauf ist die Besetzung der vakanten Stelle des Ludwigsburger Feuerwehrkommandanten gescheitert. Die erneute Bewerbungsrunde brachte zwar Kandidaten, übrig blieb am Ende jedoch keiner. Die Aufwertung des Postens mit höherer Dotierung scheint die Attraktivität nicht zu steigern. Damit ist die Stelle seit fast einem Jahr unbesetzt.

Ludwigsburg. Das Berufsziel Feuerwehrmann steht bei dem Comic-Drachen Grisu oder kleinen Jungen hoch im Kurs, Feuerwehrkommandant in Ludwigsburg zu werden, hingegen nicht: Die Suche nach einem Nachfolger von Andreas Thoß, der vor knapp einem Jahr abberufen wurde, gestaltet sich schwierig. Nach einem ersten vergeblichen Versuch im April brachte eine zweite Ausschreibung zwar mehrere Kandidaten, von diesen war aber am Ende keiner mehr im Rennen. Jetzt sucht die Stadt weiter.

Selbst die Aufwertung zum Leiter des neuen Fachbereichs 37 (Feuerwehr und Bevölkerungsschutz) mit einer Aufwertung der Dotierung auf A 14 ließ die Kandidaten nicht gerade Schlange stehen. Das verwundert Michael Oser nicht. Der Feuerwehrkommandant von Tübingen betreut im Landesfeuerwehrverband die hauptamtlichen Abteilungen und weiß: „Das Problem, Führungskräfte im Ehren- und Hauptamt der Feuerwehr zu finden, zieht sich durch das ganze Land.“

Die Gründe laut Oser: Eine ganze Latte an organisatorischen und Managementaufgaben warten auf den Kommandanten. Und: „Er muss für alles den Kopf hinhalten und ist ständig in Bereitschaft.“ Immerhin rund 300 Mitarbeiter im Haupt- und Ehrenamt wollen in Ludwigsburg koordiniert werden. Oser nennt das „einen Riesenspagat“. In der Ludwigsburger Hauptwache befindet sich zudem die Integrierte Leitstelle des Kreises, in der alle Notrufe eingehen. Auch hier ist die Feuerwehr mit eigenen Mitarbeitern beteiligt.

Die Feuerwehreinsätze im Alltag, so Oser, seien kein Thema und funktionierten im Regelfall reibungslos. Dagegen seien Dienstpläne, Aufgaben wie die Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplans, Qualitäts- oder Personalmanagement eine große Herausforderung. Feuerwehren verwalteten sich in der Kommune faktisch selbst, so Oser. Kurze Befehlsketten, die Stärkung des Ehrenamts, Kriseneinsatz und die Entwicklung von Strukturen spielen eine Rolle. Bei der Installation des Fachbereichs wurde in Ludwigsburg explizit ein „Organisationsentwicklungsprozess zur zielorientierten Neuausrichtung“ gefordert. Laut Stadt ist mittlerweile geklärt, dass die Stabsstelle Bevölkerungsschutz innerhalb der hauptamtlichen Abteilung geführt wird und damit ebenfalls zu den Aufgaben des Kommandanten zählt.

Ein Grund für die schwierige Suche könnten auch die Verwerfungen der Vergangenheit sein. Kommandant Andreas Thoß – der 2007 kam, nachdem es zuvor in neun Jahren drei Wechsel gegeben hatte – war im Dezember 2016 abberufen worden. Seitdem leiten seine zwei Stellvertreter Hans-Peter Peifer (Hauptamt) und Alexander Huppert (Ehrenamt) kommissarisch die Feuerwehr.

Bis zur außergerichtlichen Einigung mit der Stadt hatte das Disziplinarverfahren die Ausschreibung bis Frühjahr verzögert. Der Abberufung vorausgegangen waren nicht nur Spannungen zwischen Thoß und den Abteilungen, sondern auch eine Kette von absichtlich ausgelösten Fehlalarmen, wegen derer zwei Angehörige der freiwilligen Innenstadtabteilung Anfang 2016 verurteilt wurden – ein weiterer wurde freigesprochen.

„Ludwigsburg hat eine sehr schwierige Zeit gehabt“, sagt Michael Oser. Wie problematisch solche Verwerfungen sind, erlebt derzeit die Göppinger Feuerwehr. Seit zweieinhalb Jahren ist diese mit ihren zwölf hauptamtlichen und 450 ehrenamtlichen Kräften führungslos, nachdem die Dienst- und Wohnräume des damaligen Kommandanten durchsucht worden waren. Dieser ist seit September wegen Untreue und Unterschlagung rechtskräftig verurteilt, die Taten ereigneten sich an dessen früherer Arbeitsstelle Augsburg. Auch in Göppingen blockierte die Suspendierung bis Sommer die Ausschreibung. Und die war nicht erfolgreich, obwohl auch hier das Entgelt auf A 14 angehoben wurde. Geleitet wird die Feuerwehr derzeit ebenfalls von zwei Stellvertretern.

15 Bewerber hatten sich laut Göppingens Stadtverwaltung beworben – doch nur wenige erfüllten überhaupt die Kriterien. Und die übriggebliebenen fünf Bewerber fielen vor der Bewerberkommission mit Bausch und Bogen durch. Mittlerweile wurde das Ausschreibungsverfahren aufgehoben, Göppingen will 2018 einen Headhunter einschalten. Auch in Ludwigsburg ist die Stelle nicht mehr bei den regulären Stellenangeboten zu finden.

In Göppingen nennt die Stadtverwaltung die hohen Anforderungen wie die Dotierung als Problem. In großen Berufsfeuerwehren seien im Schichtdienst andere Gehälter zu erwarten. Die Einrichtung einer Berufsfeuerwehr ist ab 100 000 Einwohnern vorgeschrieben, bis 150 000 Einwohner kann das Innenministerium Ausnahmen zulassen. Im Land gibt es sieben Berufsfeuerwehren mit 2100 Beamten.

Erst im Sommer hatte Erster Bürgermeister Konrad Seigfried Gerüchten widersprochen, in Ludwigsburg sei eine Berufsfeuerwehr geplant – auch wenn es wahrscheinlich ist, dass die Einwohnerzahl von derzeit über 93 000 in absehbarer Zeit die 100 000er-Marke erreicht. Die Effektivität von hauptamtlicher und Berufsfeuerwehr sei ohnehin dieselbe, sagt Michael Oser. „Und beide sind nach wie vor auf das Ehrenamt angewiesen.“

Der Nachwuchs rennt den Feuerwehren jedoch nicht gerade die Türen ein. Die Anforderungen seien im Haupt- wie im Ehrenamt hoch, da spiele neben der handwerklich-technischen Ausbildung auch die Fitness eine Rolle. Von zehn Bewerbern fielen im Durchschnitt zwei Drittel durch. „Uns plagen seit längerem Nachwuchssorgen.“ Das große Engagement im Ehrenamt sei ein Gewinn für die Kommunen, der Mangel im Südwesten nicht so hoch wie im Norden. Aber: „Es ist heutzutage nicht mehr so einfach, kompetentes Personal zu bekommen.“