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Im Kommerz blüht auch die Kunst

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Sonniges, mildes Wetter am Schillersonntag: Das gibt‘s nicht oft. Deshalb waren gestern die Bierbänke in der Innenstadt gut besetzt.Fotos: Holm Wolschendorf
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An die aktuelle Ausstellung „Die Erfindung von Paris“ im Literaturmuseum der Moderne hatten sich die Einzelhändler mit ihren Aktionen angelehnt.
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Selfie mit Pantomime Zibes.
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Aug‘ in Aug‘ mit Schiller.
Der verkaufsoffene Schillersonntag erweist sich als Publikumsmagnet – Französisches Flair in der Innenstadt

marbach. Wie sich die Zeiten ändern. Einst musste Friedrich Schiller aus Württemberg fliehen, weil er das von Herzog Carl Eugen auferlegte Schreibverbot partout nicht befolgen wollte. Heute dagegen feiert seine Heimatstadt ihren Dichterfürsten bei jeder Gelegenheit. Und am Schillersonntag hoffen die Einzelhändler der Interessengemeinschaft der Selbstständigen (IGS) auf klingelnde Kassen.

Tatsächlich erweist sich die jüngste Auflage wieder als Publikumsmagnet. Schon bald, nachdem die Geschäfte gestern ihre Türen geöffnet hatten, herrschte in der Marktstraße reges Treiben. Und wer genau hinschaut, bemerkt schnell: Bei allem Kommerz steht auch die Kunst in voller Blüte. „Auf nach Paris“ lautet das Motto, Mister Sax spielt auf seinem Saxofon Evergreens von Gilbert Bécaud, Charles Aznavour und Edith Piaf.

Auch Klaus Rommel alias Klaro, der Zauberer, gibt sich französisch. Hauptberuflich arbeitet der Pattonviller als Architekt. Vor 20 Jahren entdeckte er die Zauberei als Hobby. Vor allem bei Kinderfesten, aber auch bei Straßenfesten und verkaufsoffenen Sonntagen tritt er auf. Klaro ist ein geübter Ballonkünstler, in Windeseile formt er Ballons zu Tierfiguren. Schnell werden die Kinder auf ihn aufmerksam und belagern den Clown – Klaro hat alle Hände voll zu tun.

Die IGS hat auch Pablo Zibes angeheuert. Der Argentinier, der in Stuttgart lebt, ist gelernter Schauspieler. Vor 20 Jahren aber entdeckte er die Pantomime für sich. Zibes ist weit herumgekommen, in asiatischen Ländern und halb Europa als Pantomime aufgetreten. Das Publikum sei sehr unterschiedlich, erzählt er. In Asien etwa sei es angebracht, etwas mehr Abstand zu halten. Auch die Deutschen seien eher zurückhaltend. Die Italiener dagegen hätten keine Probleme damit, sich von einem unbekannten Pantomimen anfassen zu lassen.

Am Oberen Torturm fängt Zibes die Passanten ab. Im schwarzen Smoking und mit weiß geschminktem Gesicht wirkt er wie ein Pantomime der alten Schule. Seine Gestensprache ist erstaunlich komplex. Zibes geht nicht nach einem festen Muster vor, sondern improvisiert bei jeder Kontaktaufnahme. Mal öffnet er eine imaginäre Tür in die Fußgängerzone, mal deutet er an, dass auf dem Marktplatz Speis und Trank im Überfluss warten. Man solle es aber nicht übertreiben, deutet er mit einem Streicheln seines Bauches an.

Er sei gerne Pantomime, meint Zibes. In diesem Beruf müsse er schnelle Entscheidungen treffen. Es bereite ihm Freude, die Leute zu beobachten, sich ständig an neue Situationen anzupassen. „Aber das Wichtigste ist, dass man präsent ist und vor jedem einzelnen Menschen Respekt hat.“